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Holocaust-Gedenken am 27. Januar

Gottfried Fuchs, Walther Bensemann, Julius Hirsch: Brillante jüdische Fußballer kamen aus Karlsruhe

In Deutschland wird seit 1996 am 27. Januar, dem Tag, an dem das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau von Soldaten der Roten Armee befreit wurde, den Opfern des Nationalsozialismus gedacht. Zu den Menschen, die dort starben, gehörte auch der Fußballer Julius Hirsch.

Mann vor Stele
Gedenken: Die Erinnerung an herausragende Sportler ist über die Jahre zurückgekehrt. Am Hauptbahnhof erinnert beispielsweise eine Stele an deportierte Juden aus Karlsruhe, unter ihnen auch Julius Hirsch. Foto: Jörg Donecker

Auch viele Fußballvereine sind sich inzwischen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und versuchen, an diesem Tag gemeinsam unter dem Slogan „Nie wieder!“ ihre Fans für den Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus zu sensibilisieren.

Bereits zum 18. Mal sind auch große Fußballvereine wie Borussia Dortmund oder der FC St. Pauli oder der 1. FC Nürnberg aktiv, organisieren Veranstaltungen, bei denen Zeitzeugen zu Wort kommen, zeigen Filme diskutieren über Ursachen von Rassismus und Rechtsextremismus oder führen Gedenkfahrten durch.

Julius Hirsch wurde vom Karlsruher Hauptbahnhof aus nach Auschwitz deportiert

In Karlsruhe wird inzwischen regelmäßig am 1. März von Fanprojekt, Supporters und dem Karlsruher FV (KFV) an die Opfer des Nazi-Regimes erinnert. Es ist der Tag an dem Julius Hirsch vom Hauptbahnhof Karlsruhe aus ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurde. Hirsch ist der bekannteste Sportler aus der Fächerstadt, der von den Nazis ermordet wurde. Er ist aber nicht der Einzige.

Sportler jüdischen Glaubens prägten ganz entschieden die Anfänge des deutschen Fußballs. Allen voran Walther Bensemann, der 1889 als Schüler nach Karlsruhe kam und wenig später mit dem „International Football Club Karlsruhe“ den vermutlich ersten Fußballverein Süddeutschlands gründete. Zwei Jahre später war Bensemann an der Gründung des Karlsruher FV beteiligt, weitere Vereinsgründungen in ganz Süddeutschland folgten.

„Der Mann, der den Fußball nach Deutschland brachte“ heißt ein autobiografischer Roman, mit dem Autor Bernd M. Beyer Fußballpionier Bensemann ein Denkmal setzte. Aus dem KFV wurde in den Folgejahren einer der erfolgreichsten Fußballvereine Deutschlands, auch dank Julius Hirsch und Gottfried Fuchs, die gemeinsam mit ihrem Vereinskameraden Fritz Förderer zu den besten Fußballern ihrer Zeit gehörten.

Nazis löschten Erinnerungen an jüdische Fußballpioniere aus Karlsruhe

Mit der Machtübernahme durch die Nazis wurde wurden die Erinnerungen auch an die Karlsruher Fußballpioniere jüdischen Glaubens dann aber systematisch gelöscht. Als der „Kicker“, die von Bensemann 1920 gegründete Sportzeitschrift, im Jahr 1939 ein Bilderwerk mit allen Nationalspielern veröffentlichte, war darin nur noch das Bild von Förderer zu finden.

Bensemann war bereits bereits Ende März 1933, nur zwei Monate nach der Machtübernahme durch die Nazis, in die Schweiz emigriert , wo er nur ein Jahr später starb. Gottfried Fuchs gelang noch rechtzeitig die Flucht nach Kanada. Er starb 1972. Ein weiterer Fußballer jüdischen Glaubens, der es schaffte in die USA zu fliehen, war Sigi Hess, bis 1932 Mitglied des FC Mühlburg. Über den weiteren Verbleib von Hess ist nichts bekannt.

Von Fritz Weile, der seit den 1920er Jahren Vereinsarzt des FC Mühlburg war und dem 1939 über England die Flucht in die USA gelang, weiß man immerhin, dass er jenseits des Atlantiks eine neue Arzt-Praxis eröffnete. Auch Hess und Weile hatten nach der Machtübernahme – wie so viele anderen jüdische Mitbürger – ihre angestammten Vereine verlassen müssen.

Jüdische Sportler konnten nur noch im 1903 gegründeten Turnclub Karlsruhe (TCK 03) oder dem später gegründeten Hakoah aktiv sein, in beiden Vereinen wurde auch Fußball gespielt, wenn auch unter erschwerten Bedingungen. Nach der Reichspogromnacht im November 1938 war dann aber endgültig Schluss.

Nach Julius Hirsch ist Sporthalle in Pfinztal benannt

In die Erinnerung größerer Bevölkerungsschichten kehrten selbst so herausragende Sportler wie Bensemann, Fuchs und Hirsch erst in den vergangenen Jahren zurück. Am 22. Januar 1998 wurde die Sporthalle des Ludwig-Marum-Gymnasiums in Pfinztal offiziell in Julius-Hirsch-Halle umbenannt und im Juni 2013 wurde schließlich ein Teilstück des Karlsruher Weges, neben dem Gelände des ehemaligen KFV-Stadions, in Julius-Hirsch-Straße umbenannt.

Straßenschild
Andenken: Seit 2013 erinnert in der Nordweststadt ein Platz an Gottfried Fuchs. Foto: Jörg Donecker

Direkt nebenan wurde gleichzeitig der Gottfried-Fuchs-Platz eingerichtet. An Bensemann erinnert in Karlsruhe lediglich eine vom Fanprojekt und den Supporters initiierte Gedenkstele, die seit 2018 am Engländerplatz steht.

Chelsea London erinnert an Julius Hirsch

Deutlich präsenter ist die Erinnerung an Hirsch am Stadion von Chelsea London, an der Stamford Bridge. Teambesitzer Roman Abramowitsch hatte vor zwei Jahren, anlässlich des Holocaust-Gedenktags, die Herstellung eines 84 Quadratmeter großen Wandbilds in Auftrag gegeben, das neben Hirsch den Ungarn Árpád Weisz und den Briten Ron Jones zeigt. Alle drei waren in Auschwitz interniert, nur Jones überlebte.

Da es Jahre dauerte, die Erinnerungen an so herausragende Sportler wie Hirsch, Fuchs und Bensemann zurückzuholen, wundert es nicht, dass über das Schicksal von anderen jüdischen Sportlern aus Karlsruhe fast nichts bekannt ist. Im Kampf gegen das Vergessen bleibt noch viel zu tun.

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