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Lebendiges Brauchtum

Grötzinger Narrengericht urteilt Durlacher Ortsvorsteherin gnadenlos ab

Große Vorwürfe, keine Gnade trotz cleverer Widerrede: Die Grötzinger Fastnachter ringen der Angeklagten beim Tribunal vor historischer Kulisse finanzielle Unterstützung ihrer Hottscheck-Narrenzunft ab.

Gerichtsdiener Michael Schweizer und Narrenrichter Peter Schwall (von links) haben Durlachs Ortsvorsteherin Alexandra Ries (Vierte von rechts) in Grötzingen den Prozess gemacht.
Gerichtsdiener Michael Schweizer und Narrenrichter Peter Schwall (von links) haben Durlachs Ortsvorsteherin Alexandra Ries (Vierte von rechts) in Grötzingen den Prozess gemacht. Foto: Jörg Donecker

Der närrische Gerichtsdiener lässt keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Grötzinger Narrengerichts. „Ruhe, oder ich lasse den Platz räumen“, droht Michael Schweizer im roten Gewand und silbriger Lockenperücke. Tatsächlich dämpft das die Geräuschkulisse, und der blasse Hase im rosafarbenen Plüschgewand tanzt nicht länger im kalten Nieselregen vor der Richterbank.

Viele kostümierte Narren, Hottscheck-Hexen, Noten-Chaoten und Gäste wollen vor dem historischen Rathaus hören, was der närrische Staatsanwalt Thomas Tritsch der Angeklagten vorzuwerfen hat. Zwei Hexen und ein Feueriger Mann führen Alexandra Ries auf die Bühne. Die Durlacher Ortsvorsteherin soll sich in acht Anklagepunkten verantworten.

Lieber auf dem Tennisplatz als in der Schule oder den Amtsräumen? Gegen ärztlichen Rat am Start und dann Erste im Weitsprung und 100-Meter-Sprint? Verfehlungen aus der Jugend sind erst der Anfang. „Ich hoffe, die Angeklagte hat sich warm angezogen“, sagt Tritsch.

„Elefantöse“ Karlsruher Großprojekte spielen eine Rolle in der Anklageschrift. Die Neue Messe, der Flughafen Karlsruhe, die Kombilösung: In ihrer Zeit beim Zentralen Juristischen Dienst habe Ries überall mitgemischt. Das verstoße gegen das Übermut-Verbot.

Hottscheck-Narrenzunft feiert mit dem Narrengericht das 55. Jahr des Bestehens

Kurz wirkt der Ankläger mild gestimmt bei der Perspektive, Ries setze sich für die Neue Messe als neues Vereinsheim für die Grötzinger Hottscheck-Narrenzunft ein.

Als Geburtstagsgeschenk sozusagen: Die Hottscheck-Narrenzunft existiert nun fünfmal elf Jahre, feiert also närrisches Jubiläum, und es ist die 30. Verhandlung des Grötzinger Narrengerichts.

Die Angeklagte wehrt sich wacker, mehrmals erntet sie sogar Applaus. Häufiger aber folgt das närrische Volk der Tradition, steuert Zwischenrufe bei oder lautes Buh.

Narrenrichter Peter Schwall verkündet schließlich den „grobgünstig närrischen Richterspruch“. Er verurteilt die Ortsvorsteherin des großen Nachbarstadtteils zu einer festgesetzten, aus eigener Tasche zu berappenden Spende an die Jugend der Grötzinger Hottscheck-Zunft.

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