Sein Name ist Fritz. „Schreiben Sie doch gerne ,für den alten Fritz’“, bittet er Annalena Baerbock und strahlt. „Wie alt ist er denn, der Fritz?“, fragt die Grünen-Kanzlerkandidatin. „61“, sagt Fritz. „Ist doch gar nicht so alt“, sagt Baerbock und setzt schwungvoll ihren Namen in das Buch, das Fritz ihr entgegenstreckt. Es ist das Parteiprogramm der Grünen für das Jahr 2021.
Die Kanzlerkandidatin ist auf Wahlkampftour in Karlsruhe. Nach ihrem Auftritt auf der Bühne auf dem Marktplatz nimmt sie sich Zeit für Zuschauer wie Fritz. Sie schreibt Autogramme, antwortet auf Fragen, lächelt für Selfies immer wieder in Handy-Kameras.
Zuvor hat sie auf der runden Bühne noch einmal Wahlkampf gemacht, vier Tage vor der Bundestagswahl am Sonntag. Gemeinsam mit der Karlsruher Bundestagskandidatin Zoe Mayer und Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat sie einen Streifzug durch die grüne Politik unternommen.
„Mich begeistert sie“, sagt eine Zuschauerin, die sich an eines der Absperrgitter lehnt. „Sie ist so selbstsicher und engagiert“, findet die Karlsruherin. Steht da womöglich gerade die nächste Kanzlerin auf der Bühne? „Das glaube ich nicht“, sagt die Zuschauerin. In einer Koalition mit der SPD könne sie sich die Grünen aber sehr gut vorstellen.
Applaus und Buhrufe beim Wahlkampf-Auftritt von Annalena Baerbock in Karlsruhe
„Ich bin zutiefst überzeugt, dass in unserem Land mehr steckt“, ruft Baerbock vorne auf der Bühne. Für ihre Aussagen erhält die Grünen-Kandidatin von den rund 1.000 Zuhörern mehrheitlich Zuspruch und Applaus – aber es gibt auch negative Stimmen, Buhrufe und immer wieder Pfeifkonzerte. „Sie erzählen Märchen“, brüllt einer nach vorne. Baerbock, so findet er, sei „nicht kompetent, dieses Land als Bundeskanzlerin zu führen“.
Ich traue ihr die Kanzlerschaft auf jeden Fall zu.Julian Briem, Zuhörer
Das sieht Julian Briem ganz anders. „Ich traue ihr die Kanzlerschaft auf jeden Fall zu“, sagt der 22-jährige Student. Er nehme gleichzeitig aber auch wahr, dass sich viele Baerbock nicht als Bundeskanzlerin vorstellen könnten. „Viele glauben, man müsse dafür älter sein – und männlich“, sagt Briem und zuckt mit den Schultern.
Dass aus der Bundestagswahl eine grüne Kanzlerin Annalena Baerbock hervorgeht, glaubt er aber auch nicht: „Dafür wird es wohl nicht reichen.“ Dennoch können die Grünen seiner Meinung nach „viel Power“ in eine künftige Regierung mit einbringen.
Nicht ganz so zufrieden ist Ilmari Binder. „Zoe Mayer hat mich mehr begeistert“, sagt der 27-jährige Umweltpsychologe. Eine grüne Bundeskanzlerin Baerbock würde er sich dennoch wünschen, „aber das sehe ich leider nicht“. An eine grüne Regierungsbeteiligung glaubt er aber felsenfest. Insgesamt werde von den Politikern „zu wenig über das geredet, was wichtig ist“, findet Binder. In den Triellen im Fernsehen etwa ist ihm das Thema Klimaschutz immer wieder zu kurz gekommen.
Klimaschutz ist das große Thema der Grünen auf dem Karlsruher Marktplatz
Auf der Bühne auf dem Marktplatz spielt das Thema durchaus eine große Rolle. „Die Klimakrise ist die größte Herausforderung des Jahrhunderts“, sagt die Karlsruher Grünen-Kandidatin Zoe Mayer. Klimaschutz sei aber auch eine Chance. Wichtig sei es, die richtigen Rahmenbedingungen für eine „Wirtschaft der Zukunft“ zu schaffen, so die Grünen-Bundestagskandidatin.
Wir müssen dem Klimawandel entgegensteuern.Winfried Kretschmann, Ministerpräsident
„Wir müssen dem Klimawandel entgegensteuern“, sagt auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Der Kampf gegen den Klimawandel sei „das Geschäftsmodell der Zukunft“. Grüne Technologien würden künftig überall nachgefragt werden, ist sich Kretschmann sicher.
„Ich unterstütze die grüne Politik“, sagt Sarah Halter, die in ihrer Mittagspause auf dem Marktplatz vorbeigekommen ist. Über die Störer, die immer wieder lautstark ihren Unmut kundtun, schüttelt sie den Kopf. „Das können sie doch aber auf ihrer eigenen Veranstaltung machen.“ Insgesamt sei es aber ruhig geblieben, so Polizei-Pressesprecher Ralf Minet.