
Maria kann sich noch genau erinnern, wann sie das letzte Mal bei einem richtigen Friseur war. „Das war 2020, seither habe ich halt selbst geschnitten.“ Am Sonntagmittag schlug ihre große Stunde.
Denn bei der dritten Vespertafel der vier Karlsruher Lions Clubs vor dem Sandkorn-Theater war auch ein Team der „Barber Angels“ im Open-Air-Einsatz und verhalf Maria zu einem kostenlosen Haarschnitt.
2017 wurden die „Barber Angels“ von Claus Niedermeier, dem „Figaro von Biberach“ gegründet. Damals war auch Peter Mayer aus Lahr mit von der Partie, der nun in Karlsruhe die Schere schwang.
Charity-Aktion für soziale Benachteiligte in Karlsruhe
„Die Haarprofis unterstützen mit ihrer Charity-Aktion sozial benachteiligte Menschen, die meist kein Geld für einen ordentlichen Haarschnitt oder das Trimmen ihres Bartes haben“, erläutert er das Konzept der „helfenden Scherenhände“.
Damit soll ihnen „neue Zuversicht, Würde und Lebensqualität“ geschenkt werden. Zum Konzept der „Barber Angels“ gehört auch das Outfit der Friseure. Alle tragen lässige Lederkluft mit vielen Aufnähern. „Mit normaler Salonkleidung würden vielleicht Hemmungen aufkommen, aber so gibt es keinerlei Berührungsängste“, sagt Mayer.
Dazu gehört auch Inge. Wie die anderen angesprochenen Kunden möchte auch sie ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen. Aber Inge hat präzise Vorstellungen von ihrer neuen Frisur: „Hinten kurz, vorne Pony, Ohren frei – was weg kann, muss weg, damit es wieder eine Zeitlang hält.“ Der trockene Kommentar ihrer Nachbarin auf dem Stuhl: „Wahrscheinlich erkennt dich hinterher keiner mehr.“
Barber Angels in Karlsruhe: Immer mehr Menschen von Altersarmut betroffen
Der Verein hat inzwischen 450 Mitglieder in sechs Ländern und verhalf über 40.000 Bedürftige zu einer neuen Frisuren. In seinen Gesprächen mit den Kunden hat Peter Mayer seine Erfahrungen gemacht: „Meist sind es natürlich Wohnsitzlose und sozial Schwache, die zu uns kommen. Was mich aber besonders traurig stimmt: Inzwischen haben wir etwa 30 Prozent, die von Altersarmut betroffen sind.“
Inzwischen haben wir etwa 30 Prozent, die von Altersarmut betroffen sind.Peter Mayer, Friseur
Zum neunköpfigen Team gehört auch Stephanie Jilg, die in Neureut ihren Salon hat. Es ist ihr sechster ehrenamtlichen Einsatz für die „Angels“. „Ich kann Haare schneiden und wollte mich sozial einbringen, da bin ich hier richtig“, beschreibt sie ihre Motivation. „Wenn man erlebt, wie glücklich und dankbar die Menschen sind, dann geht man sonntags gerne raus.“
Zu den glücklichen Menschen gehört auch Max aus Karlsruhe. „Meine kleine Rente wird durch die Grundsicherung auf Hartz IV angehoben“, sagt er über seine Lebenssituation. Als er erfährt, dass er für den Haarschnitt im Salon mit mehr als 40 Euro rechnen muss, fällt ihm nur eines ein: „Da müsste ich einen eigenen Antrag stellen.“