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Mitgliederschwund

In den Evangelischen Gemeinden in Karlsruhe beginnen Debatten über die Zukunft

Die Evangelische Kirche in Karlsruhe steht infolge Mitgliederschwunds und geringerer finanzieller Spielräume vor einem weitreichenden Veränderungsprozess. Wie er im Detail aussieht, ist Gegenstand von Diskussionen zwischen der Basis und der Führungsebene.

Neuorganisation: Die Evangelische Kirche in Karlsruhe - im Bild die Christuskirche - steht vor umfassenden Veränderungen. An der Basis werden sie leidenschaftlich diskutiert.
Neuorganisation: Die Evangelische Kirche in Karlsruhe - im Bild die Christuskirche - steht vor umfassenden Veränderungen. An der Basis werden sie leidenschaftlich diskutiert. Foto: Jörg Donecker

Dass es so nicht weitergehen kann mit der Evangelischen Kirche wie in den vergangenen Jahren und Dekaden – es hatte sich längst auch an der Basis herumgesprochen. Die jüngste Stadtsynode allerdings vermittelte die Dringlichkeit von Veränderungen mit Nachdruck.

Über die kommenden zehn Jahre müssen demzufolge Einsparungen von rund einem Drittel realisiert werden. In vielen der betroffenen Kirchengemeinden reden sich seither engagierte Christen die Köpfe heiß: Was bedeutet es für die praktische Arbeit, wenn stadtweit fünf große Pfarrgemeinden entstehen, die jeweils nur noch ein großes Gemeindehaus bespielen? Können Pfarrer und Diakone tatsächlich von Verwaltungsaufgaben entlastet werden, und wie könnten die gewünschten Schwerpunktprofile der Pfarrgemeinden aussehen?

Pfarrerin plädiert für „Evangelisches Profil“

Für Gabriele Hug, Pfarrerin an der Christuskirche, ist eines klar: Je nach Profil und Situation der Gemeinden muss es unterschiedliche Lösungen geben. Die vom Führungsgremium der Evangelischen Kirche in Karlsruhe propagierte „Wiederentdeckung der Kirchen als Ort für Gottesdienst und gemeindliches Leben im Quartier“ hält für die Theologin „etwas Charmantes“.

Eine Überlegung, die der Pfarrerin in der 5.500 Seelen zählenden Christusgemeinde bislang allerdings zu kurz kommt: Fährt man wirklich optimal mit der Praxis, seine kirchlichen Leistungen jedem undifferenziert zuteil werden zu lassen? Oder sei hier ein dezidiert evangelisches Profil nicht eher angezeigt? In der Debatte um den Konzeptvorschlag sieht die Pfarrerin auch die Chance, Selbstbewusstsein und Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Kirche zu stärken.

Beginn eines Prozesses

„Keiner von uns ist weltfremd“, betont Stephan van Rensen mit Blick auf die Spar-Notwendigkeiten in der Evangelischen Kirche. Der Pfarrer der Matthäusgemeinde in der Vorholzstraße spricht von einer „großen Einsicht in die Notwendigkeit von Veränderungen“; viele in seiner Gemeinde hätten „Lust, neue Sachen zu machen und neue Ideen umzusetzen“, ist der Theologe überzeugt.

Van Rensen betont, dass es sich bei dem Konzeptvorschlag der Kirchenführung nicht um das Endprodukt handle sondern um den „Anfang eines Prozesses“.Man wolle ihn als Gemeinde vor Ort beeinflussen und gestalten. „Wir versuchen, positiv mit dem notwendigen Veränderungsprozess umzugehen“, sagt der Pfarrer.

Entlastung von Verwaltungsaufgaben

Sein Amtsbruder Andreas Rennig von der Hagsfelder Laurentiusgemeinde findet gut, „dass wir das Thema jetzt anpacken.“ Er spricht von einem herausfordernden Prozess, der auch auf seine 1.800 Menschen zählende Gemeinde zukommt; noch sei es aber zu früh für eine Einschätzung der Stimmungslage vor Ort.

Dekan Thomas Schalla hatte sämtliche Gremien der Evangelischen Kirche in Karlsruhe gebeten, sich eingehend mit dem Konzeptvorschlag zu befassen und bis März nächsten Jahres eine Rückmeldung zu geben. Die voraussichtliche Neuordnung der kirchlichen Regionen könnte gemäß dem Konzeptvorschlag dazu führen, dass Pfarrer und Diakone von Verwaltungsaufgaben entlastet werden.

Über das von der Führung ebenfalls gewünschte ausgeprägte Profil verfügt etwa die Karl-Friedrich-Gemeinde in Mühlburg schon länger, wie die dortige Pfarrerin Brigitte Weisbrod betont. Man sei stark gottesdienst-orientiert, und auch Exerzitien spielten in ihrer Gemeinde eine größere Rolle als andernorts. Nach ihrem Eindruck ist die Notwendigkeit mittelfristiger Änderungen an der kirchlichen Basis noch nicht wirklich angekommen. Zu sehr bestimme Corona derzeit die Arbeit, wie beispielsweise die Planungen für Weihnachten.

Wegducken gilt nicht

Siegfried Weber sieht die Entwicklung aus zwei Perspektiven: einerseits als Pfarrer der Evangslischen Kirchengemeinde Knielingen, andererseits als Stellvertreter von Dekan Thomas Schalla. An den Fakten, sagt er, komme man schlechterdings nicht vorbei. So reduziere sich die Zahl der evangelischen Kirchenmitglieder in Karlsruhe durch Tod und Austritte jährlich um rund 1.000.

„Wegducken geht da nicht mehr“, sagt der Praktiker mit Führungserfahrung. Effizienzvorteile erhofft er sich etwa von der Professionalisierung der Verwaltungsstrukturen. Auch Weber betont aber den Diskurs-Charakter des nun eingeschlagenen Weges. Das tut auch Pfarrer Johannes Kurz von der Luther-Melanchthon-Gemeinde in Durlach. Er sieht positives Potenzial in dem Konzeptvorschlag. Darauf werde man „positiv aufbauen.“

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