„Das Ende der Fahnenstange ist wohl noch nicht erreicht.“ Mit diesen Worten hat Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) die Bevölkerung auf weiter steigende Corona-Inzidenzwerte vorbereitet.
Die stärkere Infektiosität der mutierten Virusformen wirke sich aus, machte der Oberbürgermeister deutlich. Zugleich sei eine gewisse Pandemie-Müdigkeit zu konstatieren. Derzeit entfällt bereits mehr als die Hälfte der Ansteckungen auf Mutanten.
Nicht mit wenigen großen Ausbrüchen hat es die Region zu tun, das Geschehen werde vielmehr kleinteiliger und diffuser, sagte Mentrup. Im Fokus sind „betriebliche Zusammenhänge“: Die gemeinsame Frühstückspause im Kollegenkreis, Teamarbeit an ein und demselben Werkstück oder auch gemeinsame Fahrten im Dienstwagen ohne Maske begünstigten die Verbreitung des Virus.
Bei Inzidenzwert von 100 drohen Ausgangsbeschränkungen und geschlossene Geschäfte
Mentrup und Landrat Christoph Schnaudigel appellierten deshalb an die Wirtschaft, eine durchdachte Schnelltest-Strategie aufzusetzen. Denn eines ist für die regionalen Verwaltungsspitzen klar: Wenn der Inzidenzwert die Marke 100 für drei Tage und mehr überschreitet, ist es vorbei mit den jüngsten Öffnungen.
Das Modell „Click&Meet“ wird es nach der entsprechenden amtlichen Bekanntmachung dann ebenso wenig geben wie körpernahe Dienstleistungen oder den angemeldeten Besuch im Zoo, im Museum oder der Galerie. Auch mit Ausgangsbeschränkungen müssen die Menschen dann wieder rechnen.
Stadt- und Landkreis Karlsruhe streben einheitliches Vorgehen in der Corona-Krise an
Sollte die Region entgegen allen Hoffnungen die 100er-Marke reißen, sei man bemüht, einheitliche Regelungen in Stadt- und Landkreis zu treffen, betonten Frank Mentrup und Christoph Schnaudigel.
Man sei schließlich ein einheitlicher Lebensraum mit vielfachen wirtschaftlichen und sozialen Verflechtungen: Menschen aus dem Landkreis arbeiteten in der Stadt und umgekehrt. Diesem Umstand müsse man Rechnung tragen. Falls sich der Trend bei den Inzidenzwerten den Befürchtungen zum Trotz umkehrt, winke bei mehrtägiger Unterschreitung der Marke 50 hingegen die vollkommene Öffnung des Einzelhandels.
Mentrup plädiert für Masken auch in Grundschulen
„Wir müssen alles tun, um einen weiteren Anstieg über 100 zu verhindern“, erklärten Mentrup und Schnaudigel einmütig. Mit Blick auf die Wiederherstellung des Präsenzunterrichts für jüngere Schüler plädierte der Oberbürgermeister für das Tragen von Masken auch an den Grundschulen.
Das schränke auch dort die Ansteckungsgefahr ein und könne sich dämpfend auf die Zahl der Quarantäne-Pflichtigen im Falle positiver Testungen auswirken. Kritisch äußerte sich der Oberbürgermeister in Richtung Stuttgart. So sei nicht geklärt, ob das Land die kommunalen Testzentren auch nach dem 31. März weiter finanziere.
Auch andere Rahmenbedingungen seien derzeit nicht geregelt. Grundsätzlich erhoffen sich die Spitzen von Stadt- und Landkreis mehr Ruhe und Effizienz bei der Pandemie-Bekämpfung, sobald die Landtagswahl vorüber ist.
Gesundheitsamt: Öffnungen haben nichts mit steigenden Inzidenzen zu tun
Laut Ulrich Wagner, dem stellvertretenden Leiter des für Land- und Stadtkreis zuständigen Gesundheitsamts, haben die jüngsten Geschäfts-Öffnungen und die Praxis des „Click&Meet“ nichts mit dem aktuellen Anstieg der Inzidenzen zu tun.
Ins Kontor geschlagen hätten eher die sonnigen Tage vor wenigen Wochen, an denen sich viele Menschen versammelt und nicht selten die Vorsichtsmaßnahmen vernachlässigt hätten.
Die Übertragungen finden dort statt, wo Menschen ohne Masken und Abstand miteinander zu tun haben.Ulrich Wagner, stellvertretender Leiter des Gesundheitsamts
„Die Übertragungen finden dort statt, wo Menschen ohne Masken und Abstand miteinander zu tun haben“, unterstrich Wagner. Der Mediziner bestätigte eine Verlagerung des Geschehens von Pflegeheimen in die Betriebe.
Große Hoffnungen setzen die Entscheidungsträger von Rathaus und Landratsamt in die bald dynamischer werdenden Impf-Aktivitäten. So schnell wie möglich müsse jeder das schützende Vakzin erhalten – auch über die niedergelassenen Ärzte.