Rund 300 Menschen haben laut Polizei am Samstag auf dem Karlsruher Marktplatz gegen staatliche Anti-Corona-Maßnahmen protestiert. Man trete für den Erhalt des Rechtsstaats und demokratische Streitkultur ein, betonten Redner der Gruppierung „Offene Gesellschaft Kurpfalz“, die die Kundgebung bei der Stadt Karlsruhe angemeldet hatte.
Kundgebungsteilnehmer trugen vereinzelt Plakate, unter anderem mit den Wortlauten „Man kann das Recht auch mit Gesetzen verletzen“, „Nein zur Impfpflicht“ oder „Gegen Rechts und die Impfpflicht“.
Am Platz der Grundrechte war ein Infostand eingerichtet. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer stammten aus sämtlichen Altersgruppen. Auch zahlreiche Senioren fanden sich zu den Wort- und Musikbeiträgen ein. Die Kundgebung verlief ohne Zwischenfälle. Polizeibeamte beobachteten aufmerksam das Geschehen.
Teilnehmer fordern Kosten-Nutzen-Analyse
In Redebeiträgen forderten Teilnehmer unter anderem eine Kosten-Nutzen-Analyse der Corona-Maßnahmen. Man zeigte sich überzeugt davon, dass die Maßnahmen mehr Leid verursacht als der Gesellschaft erspart hätten.
Unter dem Applaus des Publikums machten sich die Organisatoren der Veranstaltung für einen „besseren Rechtsstaat“ stark. Als untauglich beschrieben Redner das Argument der Gegenseite, es gehe darum, einen Kollaps des Gesundheitswesens zu verhindern.
Die Krankenhäuser seien schon seit Jahrzehnten auf Kante genäht. Angesichts dieser strukturellen Schieflage könnten nicht die Ungeimpften der Tropfen sein, der das Fass nun eventuell zum Überlaufen bringe, hieß es unter heftigen Beifallskundgebungen.
Scharfe Kritik wurde an Frank Montgomery laut, dem Vorstandschef des Weltärztebundes. „Montgomery ist ein Feind der deutschen Verfassung“, rief ein Redner mit Blick auf Einlassungen des prominenten Mediziners zu Gerichtsurteilen über Corona-Regeln. Montgomery hatte sich despektierlich über „kleine Richterlein“ geäußert.
Klage über „Diffamierung Andersdenkender“ in der Corona-Krise
Die als Rednerin vorgesehene, im badischen Oberkirch ansässige Psychologin Ursula Neumann konnte krankheitsbedingt nicht an der Veranstaltung teilnehmen, weshalb ihre Rede verlesen wurde.
Sie beklagte darin eine „Diffamierung Andersdenkender“ und einen „rüden Umgangston“ im gesellschaftlichen Diskurs. Die Veranstalter forderten Befürworter einer Impfpflicht auf, ihre Position auf dem Podium darzustellen. Sie blieben jedoch unter sich. Redner und Teile des Publikums zeigten sich überzeugt davon, das die „Erfolgschancen für abwägende Entscheidungen“ gegenwärtig im Wachsen begriffen seien. Die Zeit spiele den Impfgegnern in die Karten.
Als Kronzeuge eines angeblich willkürlichen Umgangs des Staats mit Rechtsgütern trat der langjährige Richter am Landgericht Frankfurt und Honorarprofessor für Jura an der dortigen Universität, Thomas-Michael Seibert, bei der Kundgebung auf. Es gehe nicht, dass Behörden Gesetzesinhalte machten, betonte er.
Nach Belieben würden Maßgaben geändert, kritisierte der Jurist mit Blick auf die Anordnung des Robert-Koch-Instituts (RKI), dass der Genesenen-Status fortan nur noch drei statt ehedem sechs Monate Gültigkeit hat. Mit dem Wort Wissenschaft werde manipuliert, behauptete Seibert.
Demonstration in Karlsruhe verläuft laut Polizei problemlos
Die lang andauernde und immer wieder von Musik-Beiträgen unterbrochene Kundgebung verlief laut Polizei problemlos. Sicherheitsabstände für Teilnehmer ohne Mund-/Nasenschutz wurden in der Regel eingehalten.
Zum Auftakt hatten die Veranstalter allerdings Mühe gehabt, die behördlich geforderte Mindestzahl an Ordnern aufzubieten. So wurden auch nach Beginn der Kundgebung noch länger Ordnungskräfte gesucht.