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Hübsch gemacht

An der Karlsruher Pyramide werden in wochenlanger Arbeit Schäden ausgebessert

Es ist ein Mörtel, wie es ihn kein zweites Mal gibt: An der Karlsruher Pyramide werden mit einem eigens hergestellten Material Schäden der vergangenen Jahre behoben.

Arbeiten an der Pyramide
Restauratorin Silke Günther (Vordergrund) prüft anhand vorgeschmischter Würfel die Farbnuancen an einigen Stellen der Pyramide. Derweil arbeiten Nadine Langhammer (hinten) und Jana Stoll an den Fugen. Foto: Jörg Donecker

Mit ruhiger Hand arbeitet Jana Stoll an den massiven Blöcken aus Sandstein, der sich vor ihr auftürmt. Es ist die Grabstätte des Stadtgründers, an der die Studentin werkelt. Das Karlsruher Wahrzeichen, die Pyramide, braucht eine Schönheitskur – dringend.

Vor etwa einem Jahr stellten Experten fest, dass die Kombi-Arbeiten im Untergrund und das Verlegen des neuen Marktplatzbelags durch Vibrationen die Verfugungen der Pyramide in Mitleidenschaft gezogen hatten. Dass nicht sofort mit den Reparaturen begonnen werden konnte, liegt an den aufwendigen Untersuchungen, die zuvor notwendig waren.

Zehn Mörtelsorten wurden gemischt und getestet – einer hat es geschafft

Restauratorin Silke Günther holt das Ergebnis monatelanger Testreihen aus ihrem Lieferwagen, der neben der Pyramide parkt. Sie hält ein kleines, blaues Eimerchen in die Höhe, gefüllt mit einem feinen Granulat. Nicht irgendeinen Kit aus dem Baumarkt drücken die Restauratorinnen in die beschädigten Fugen der Pyramide.

„Das ist der Mörtel, der nach einem Jahr Prüfung von der Material-Forschungsanstalt in Weimar als der passendste und beste ausgewählt worden ist“, erklärt Nadine Langhammer, die das Team der drei Frauen an der Pyramide komplettiert. Der angerührte Mörtel ist relativ dünnflüssig, um in die schmalen Zwischenräume der Sandsteinblöcke gelangen zu können.

Hanffäden stoppen den Mörtel auf der Pyramide

Damit ist es aber nicht getan: Die feine Masse muss in der Fuge an Ort und Stelle verweilen. Tut sie aber nicht – zumindest nicht von alleine. Sie ist nämlich, erklärt Günther, thixotrop. „Das heißt, sie ist flüssig, solange sie sich bewegt. Sobald sie aber stoppt, wird der Mörtel fest.“ Deswegen drücken die Restauratorinnen einen feinen Hanffaden zwischen die Steine, bevor der Mörtel eingespritzt wird. „Ansonsten würde die Masse einfach durchfließen bis in das Innere der Pyramide“, erklärt die Expertin.

Mit einem Faden ist es nicht getan. Nach dem Auffüllen der Fuge folgt ein zweiter Hanffaden, der in die Spalte eingelegt wird. Es folgt darüber der Deckmörtel, der dicker ist. Der ist in der richtigen Farbe angerührt – als Vorlagen dienen selbst angemischte Farbproben in kleinen Würfelchen. Jeder hat sein eigenes Mischungsverhältnis, wie die unterschiedlich gefärbten Stellen an der Pyramide.

Dieser Mörtel ist eine echte Diva.
Silke Günther, Diplom-Restauratorin

Silke Günther hat die verschiedenen Nuancen des Pyramidenrots auf einem Holzbrettchen arrangiert wie Sushi-Happen im Restaurant. Jeder der kleinen Würfel hat einen anderen Farbton – und alle stammen aus dem Spektrum der Pyramide auf dem Marktplatz. „Hier ist nichts Standard, das sind Naturwerkstoffe.“ Man müsse sich eben intensiv mit dem Objekt befassen, betont sie. „Wir probieren Dinge aus und nehmen die passende Lösung. Der Einsatz der Hanffäden ist zumindest auch ungewöhnlich.“

Das Wetter muss genau passen

Immer wieder richtet sich der Blick nach oben, auf die vorbeiziehenden grauen Wolken am Himmel über der Stadt und die Temperaturen. Sommerlich heiß? Schlecht. Frühlingshaft kalt? Auch schlecht. „Dieser Mörtel ist eine echte Diva. Zwischen 14 und 25 Grad ist optimal. Andernfalls wird die Verarbeitung schwierig.“ Das bedeutet jedoch auch, dass das Team auf stabiles Wetter angewiesen ist. Selbst die Plane, die derzeit über dem Steinkörper liegt, hilft da nicht viel.

So etwas bleibt immer eine Baustelle.
Silke Günther, Diplom-Restauratorin

„Aktuell sieht es so aus, als würden wir gegen Ende Juni fertig“, erklärt die diplomierte Restauratorin Günther. Zum Abschluss werden die Arbeiten voraussichtlich einen hohen, fünfstelligen Betrag kosten, erklärt ein Sprecher der Stadt.

Dadurch wird die Substanz dieses Bauwerks jedoch voraussichtlich wieder über mehrere Jahrzehnte hinweg erhalten bleiben, davon ist die Stadt überzeugt. Dennoch wird die Witterung weiterhin dem Grabmal zusetzen, das weiß auch Silke Günther: „So etwas bleibt immer eine Baustelle.“

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