Wie vor Wochenfrist waren am Montagabend in Karlsruhe Befürworter wie Kritiker der staatlichen Anti-Corona-Maßnahmen auf der Straße.
Auf dem Marktplatz kamen rund 400 Menschen zu einer „Menschenkette gegen Rechte Hetze und Verschwörungsmythen“ zusammen. Gut doppelt so viele protestierten bei einem Zug durch die City gegen die Einschränkungen. Beide Kundgebungen verliefen friedlich. Die Polizei trennte die Gruppen strikt.
Vor dem Rathaus reihten sich die Demo-Teilnehmer gegen 17.45 Uhr auf. Um die Abstandsvorgaben einzuhalten, schlossen sie die Kette durch Schals, Fahnen oder Schilder.
Weil angekündigte Redner zu spät kamen, vertrieben sich die Demonstranten die Zeit mit einer La-Ola-Welle. „Wir werden bleiben, bis die Querdenker auf der Kaiserstraße vorbeikommen“, rief ein junger Mann ins Mikrofon. „Wir sind die Mehrheit.“
Zumindest auf der Straße stimmte das am Montagabend allerdings nicht. Noch vor einer Woche waren nur knapp 100 Kritiker der Maßnahmen oder einer Impfpflicht unangemeldet auf der Kaiserstraße unterwegs.
Dieses Mal kamen auf dem Stephanplatz gut 800 Menschen zu einer Kundgebung zusammen, die Güzey Israel angemeldet hatte. Sie zählt zu den führenden Köpfen der Querdenken-Bewegung in der Region.
Anti-Corona-Demonstranten halten sich in Karlsruhe nicht an Maskenpflicht
Im Messengerdienst Telegram hatte es noch am Nachmittag Diskussionen um die Veranstaltung gegeben. Einige kritisierten die Anmeldung und sprachen sich für unangemeldete „Spaziergänge“ aus.
Die sind allerdings in Karlsruhe weiterhin per Allgemeinverfügung verboten. „Hört auf, eine Spaltung reinzubringen“, sagte Israel in einem Telegram-Video am Nachmittag. Ein „Spaziergang“ bringe nur „Unschuldige in (polizeiliche, Anm. d. Red.) Maßnahmen“.
Kurz nach 18 Uhr rückte Israel hinter der Postgalerie nochmal die Musikbox für Durchsagen zurecht. Dann verlas der Versammlungsleiter die Auflagen.
Den Hinweis zur Maskenpflicht ignorierte allerdings der größte Teil der Demonstranten am Rest des Abends. Auch dass der Mund-Nasen-Schutz zum Benutzen einer Trillerpfeife nicht abgesetzt werden dürfe, führte lediglich zu Gelächter.
Die Polizei ließ die Teilnehmer gewähren. „Manche von uns sind seit 18 Monaten im Widerstand“, rief Güzey Israel in die Runde. „Jetzt kommen viele dazu, die 18 Monate lang alles mitgemacht haben.“ Kurz darauf setzte sich der Demonstrationszug in Bewegung.
Im Zick-Zack-Kurs durch die City
Im Zick-Zack-Kurs ging es für die heterogene Gruppe durch den Innenstadtbereich. Zu einer kleineren Störung kam es direkt am Ludwigsplatz, wo Demonstranten aus der Zero-Covid-Bewegung den Zug mit einem Plakat empfingen.
Vor dem Marktplatz bog die vorgegebene Demonstrationsstrecke auf den Zirkel ab, damit die Teilnehmer der Kundgebungen nicht direkt aufeinandertreffen würden. Die Polizei sicherte mit Motorrädern und Streifenwagen alle Kreuzungen ab. Vom Kronenplatz aus ging es erneut mit verschiedenen Schleifen zurück Richtung Stephanplatz.
Menschenkette mit 400 Teilnehmern auf dem Marktplatz
Auf dem Marktplatz harrten die rund 400 Teilnehmer der Menschenkette bis kurz vor 19 Uhr aus. Ab und an trat jemand ans Mikrofon. „Ich will nicht viel sagen“, ließ etwa Lucy wissen. „Aber weil es zu klein auf meinem Plakat steht: Schwurbler nerven.“ Der im Querdenken-Umfeld regelmäßig bemühte Vergleich mit dem Widerstand gegen das Dritte Reich gehe ihr mächtig gegen den Strich, so die junge Frau.
Gehört hat das vermutlich keiner der Teilnehmer des Demonstrationszuges. Der kam zwei Minuten später in Sichtweite des Marktplatzes auf dem Zirkel vorbei, viele klatschten, nutzten ihre Trillerpfeife oder winkten Richtung Pyramide.
Am Friedrichsplatz traf der Zug auf etwa 15 Gegendemonstranten. Die forderten „Masken auf“ und „Nazis raus“. Zu einer direkten Konfrontation kam es wegen der Polizeipräsenz nicht, der Abend blieb ruhig.