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In innenstadtnahen Quartieren

Die heikle Abstellfrage: Wenig Raum für viele Räder in den Karlsruher Wohnvierteln

Der öffentliche Parkraum in City und innenstadtnahen Vierteln ist eng bemessen. Die hohe Zahl an Pkw und die stark steigende Zahl der Räder bringt nicht nur die Planer ins Schwitzen.

Viel Bedarf, wenig Raum: Abstellmöglichkeiten für Räder konkurrieren mit Parkplätzen für Autos.
Viel Bedarf, wenig Raum: Abstellmöglichkeiten für Räder konkurrieren mit Parkplätzen für Autos. Foto: Gerhard Wolff

Auf den ersten Blick ist die Rechnung für Birke Bronner einfach: Auf acht neue Freunde kommt mindestens eine Person, die Bronner grollt. Nicht direkt, aber das ändert am Kern der Problematik wenig.

„Auf einen Pkw-Parkplatz bekommt man in der Regel fünf bis acht Abstellmöglichkeiten für Fahrräder“, sagt Bronner vom Karlsruher Stadtplanungsamt. Das freut die einen, erzürnt die anderen. „Das Thema Parken ist ein hochsensibles“, stellt Ulrich Wagner fest.

Wagner leitet im Stadtplanungsamt den Bereich Verkehr und weiß wie Bronner, welche Wogen das Parkplatzthema schlagen kann – auch im politischen Betrieb. Dann heißt es aus dem einen Lager: Ihr seid zu autofreundlich. Aus dem anderen tönt es: zu autofeindlich! Mittendrin die Planer als die Prügelknaben.

Diskrepanz im City-Kern: 6.000 Autoparkplätze, 1.000 für Radler

Rund 3.000 Abstellmöglichkeiten müsste es schon jetzt nach Angaben der Planer im Kern der Innenstadt geben – gerade einmal um die 1.000 sind es. Demgegenüber stehen gut 6.000 Stellflächen in Pkw-Garagen, „die außer an den Advents-Samstagen zu keinem Zeitpunkt ausgelastet sind“, wie Wagner festhält. Alleine diese Diskrepanz, 6.000 zu 1.000, offenbart den Nachholbedarf in einer Stadt, in der das Fahrrad in puncto Mobilität eine immer wichtigere Rolle einnimmt.

Gewohntes Bild in den innenstadtnahen Quartieren: Zig Räder werden einfach entlang der Hauswände abgestellt.
Gewohntes Bild in den innenstadtnahen Quartieren: Zig Räder werden einfach entlang der Hauswände abgestellt. Foto: Gerhard Wolff

Mit spürbaren Folgen: Der öffentliche Raum im Kern der City und den innenstadtnahen Quartieren ist beschränkt, der Parkdruck hoch. „Und die Stadt scheint einen gehörigen Respekt vor den lautstarken Autofahrern zu haben“, sagt Ulrich Eilmann vom Allgemeine Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Karlsruhe. Eilmann hält fest, was vielerorts augenscheinlich ist: „Die Parksituation für Radler ist unbefriedigend.“

Der Anteil an Radfahrern steigt rasant

Auf der einen Seite ist die konstant hohe Anzahl von Autos, die sich in jüngerer Vergangenheit auf gleichem Niveau bewegt. 2017 waren es nach Angaben der Stadt im Schnitt 0,92 Pkw/Wohneinheit, 2018 waren 0,91. Demgegenüber steht ein rasant steigender Anteil an Fahrräder.

Der Radverkehrsanteil hat sich in den vergangenen 15 Jahren mehr als verdoppelt.
Ulrich Wagner

„Der Radverkehrsanteil hat sich in den vergangenen 15 Jahren mehr als verdoppelt“, sagt Wagner. 2019 lag er in der Stadt bei 31 Prozent. Entsprechend gewachsen ist damit auch der Bedarf an geeigneten wie sicheren Abstellmöglichkeiten.

Und der ist augenscheinlich: Wer durch die Ost- oder Weststadt, Süd- oder Südweststadt läuft, der sieht neben mit Pkw voll geparkten Straßen eben: Stellenweise Massen an Rädern an den Hauswänden entlang.

In den Quartieren rüstet die Stadt Karlsruhe laufend nach – auf Kosten von Fußgängern?

Sicher: Die Zahl der Radständer wächst auch. „Wir rüsten in diesen Quartieren laufend nach“, sagt Bronner. Jährlich kommen im gesamten Stadtgebiet laut Verwaltung Abstellanlagen für zwischen 300 und 500 Räder dazu. Allein, das gibt Wagner zu: „Wir hecheln hinterher.“

Eilmann sieht die Bemühungen durchaus, diese reichten aber seiner Meinung nach eben nicht aus. Zumal die Abstellmöglichkeiten meist doch „nur auf den Gehweg geklatscht werden“ und der Fußgänger der Leidtragende sei. Die Forderung des ADFC ist klar: Für Rad-Parkraum müssen mehr Pkw-Stellflächen umgenutzt werden.

Priorität hat aus Sicht der Stadt jedoch die Nutzung von freien Flächen. Erst dann werde überlegt, ob gegebenenfalls Auto-Parkplätze weichen müssen. „Wir dürfen umnutzen und tun dies auch, koppeln dann aber massiv mit den Bürgervereinen zurück“, erläutert Wagner.

Welcher Ständer darf es sein: Der große Bügel, eine Batterie?

Einen Plan, wie und wo in Sachen sicherer Abstellmöglichkeiten für Räder nachgebessert wird, gibt es nicht. „Das ist einfach extrem dynamisch“, sagt Bronner, die in dem städtischen Amt für Parkraum-Konzepte zuständig ist: „Wir arbeiten bedarfsorientiert, reagieren dabei auch auf Wünsche, die uns zum Beispiel über die KA-Feedback-App erreichen.“ Die Bemühungen sind zum Beispiel in der Südweststadt sichtbar.

Bleibt die Frage: Welcher Ständer soll es sein. Aus verkehrs- und städteplanerischer Sicht ist der „Große Bügel“ (Wagner) die bevorzugte Variante. Dessen Vorteil: Gut zugänglich, die Räder sind leicht abschließbar und auch Sonderräder finden Platz. Allerdings muss jeder einzeln einbetoniert werden.

Dagegen werden die größeren Batterien – mit großen Bügeln oder Ständern – den Vorteil, dass sie nur an wenigen Punkten fixiert werden und dementsprechend flexibler sind.

Der mit dem Bügel: Einfach abzustellen, sicher abzuschließen - diese Ständer-Batterie in der City zählt zu den neueren Modellen, die in der Stadt aufgestellt werden.
Der mit dem Bügel: Einfach abzustellen, sicher abzuschließen - diese Ständer-Batterie in der City zählt zu den neueren Modellen, die in der Stadt aufgestellt werden. Foto: Rake Hora

Wie das Auto ist auch das Fahrrad zumeist ein „Stehzeug“, wie es Bronner sagt. Heißt: Es steht halt meist rum. Dass auch die Zahlen der Leihräder steigt, „darüber sind wir froh“. Luft verschafft das aber nicht.

Wo 40 Autos standen, stehen jetzt 670 Räder

Das zeigt auch das Beispiel der Hauptbahnhof: Zwei Parkgaragen gibt es dort, dazu Abstellmöglichkeiten außerhalb – und dennoch ist zum Beispiel der Bereich vor dem Haupteingang immer voll mit Rädern. Auch, weil es manch Radfahrer bequem mag – auch wenn es auf Kosten der Sicherheit geht.

Die Parkgarage Süd im Bahnhof verdeutlicht aber auch das Potenzial. Dort, wo früher 40 Autos standen, finden jetzt 670 Räder Platz. Auch deshalb ist mittelfristig eine Parkgarage im City-Bereich wohl eine denkbare Alternative. Gerade auch für die steigende Zahl von Berufspendlern, die mit teuren Pedelecs unterwegs sind. „Es wäre toll, wenn wir so etwas in der Innenstadt hätten“, sagt Eilmann.

In den Niederlanden oder der Schweiz gibt es viele Beispiele für derartige Parkhäuser, auch über mehrere Etagen. Auch eine gemeinsame Nutzung sei ein „Denkmodell“, sagt Wagner, aber durch die Mischnutzung rechtlich wie planerisch nicht ganz einfach.

Wild geparkt: Am Hauptbahnhof wird deutlich, dass es trotz der vielen Abstellmöglichkeiten noch immer Bedarf gibt.
Wild geparkt: Am Hauptbahnhof wird deutlich, dass es trotz der vielen Abstellmöglichkeiten noch immer Bedarf gibt. Foto: Rake Hora

Dass es aktuell direkt in der City zu wenig Parkraum für Räder gibt, das ist auch an den sich wie Kaugummi ziehenden Arbeiten zur Kombi-Lösung begründet, die einen Ausbau ausbremsen, heißt es dazu vom Stadtplanungsamt.

Wenn der City-Umbau fertig ist, werden sich die Ströme des Radverkehrs ohnehin ändern – wie auch immer. Erstmals wird es dann auch eine durchgängige Radweg-Achse via der Kriegsstraße geben. Ein Projekt, das zeitnah vorgestellt werden soll, wird sich um die Neugestaltung des öffentlichen Raums im Zuge der Kombi-Lösung kümmern. Und damit auch um den Punkt Mobilität.

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