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Erinnerungen der Leser

„Erkennen Sie Karlsruhe?“: Eis für zehn Pfennige und jede Menge heiße Liebe im Eiscafé Capri

Es „funkte und knisterte“ in dem Eiscafé in der Kaiserpassage, aber nicht jede Sehnsucht konnte dort gestillt werden. Leserinnen und Leser denken sich zurück an die Anfangstage der italienischen Inhaber.

Eisdiele Capri in der Kaiserpassage
Hereinspaziert, liebe Gäste: Dieses Karlsruher Eis-Café spielt die Hauptrolle im zweiten Teil der BNN-Rätselserie „Erkennen Sie Karlsruhe?“. Foto: Horst Schlesiger/Stadtarchiv Karlsruhe

Wenn es um das Thema Eis geht, haben die Menschen in Karlsruhe viel zu erzählen. Jedenfalls erreichten uns auch beim zweiten Teil unserer Fotorätselserie „Erkennen Sie Karlsruhe?“ wieder herrliche Anekdoten aus alten Tagen.

Abgebildet war das Eiscafé Capri in der Kaiserpassage. Viele erinnern sich noch an die Anfangstage der italienischen Inhaber, bei manchen hat es dort gefunkt, eine ältere Leserin hätte damals so gern mit einem Jungen aus der italienischen Betreiberfamilie getauscht – weil der doch so viel näher an der süßen Quelle saß.

Weil er das Capri aus seiner Kindheit schon kannte, lud Jörg Cwienk seine heutige Frau am 8. April 1990 dorthin zum ersten Date ein. „Wir saßen händchenhaltend unter der Treppe und aßen einen Joghurt-Becher für fünf Mark“, schreibt der Karlsruher.

Danach gingen beide ins Kino „Die Kurbel“ und schauten sich den Film „Der Rosenkrieg“ an. Beiden scheint der Streifen gut bekommen zu sein – glücklicherweise, schließlich handelt er von einem einst glücklichen Paar, das sich am Ende bis aufs Messer bekämpft.

Es funkte und knisterte im Eiscafé Capri in der Karlsruher Kaiserpassage

Auch Vera Nagel aus Durmersheim hat an das Capri sehr angenehme Erinnerungen. Dort habe es zwischen ihrem heutigen Mann und ihr „das erste Mal so richtig geknistert und gefunkt – und das in der Kühle einer Eisdiele“. Mittlerweile ist das Paar seit über 40 Jahren verheiratet.

Mit 16 ging Waltraud Huschke jeden Freitag ins Jugendheim am Engländerplatz. Einmal war alles anders: Ein junger Mann war neu dort dabei, „und es funkte“, wie sie sich erinnert. „Wir wollten alleine sein, also verließ ich die Gruppe aufgrund von plötzlichen Kopfschmerzen.“ Ziel: das Capri. „Er“ wiederum musste wegen eines „Termins“ aufbrechen. Sein Ziel: ebenfalls das Capri.

Eiscafe Capri in der Kaiserpassage
In der Waffel oder im Becher: Das Eiscafé Capri lockt seit Jahrzehnten Bummelnde in die Karlsruher Kaiserpassage. Foto: Peter Sandbiller

Nun saßen beide verliebt im Obergeschoss, vergaßen die Welt um sich herum, bis plötzlich die gesamte Gruppe lachend vor ihnen stand – erwischt! Waltraud Huschke ist mittlerweile 78. Immer wenn sie in der Stadt ist, isst sie „zwei Bollen“ und schwelgt in Erinnerungen.

Vor 50 Jahren lud Gunther Spathelf seine Freundin zu einem Eis im Capri ein. Als sie sich zum Dank zu ihm herüberbeugte, stieß sie den Eisbecher um – der Inhalt ergoss sich über seine Hose. „Nach dem ersten Schrecken fingen wir an zu lachen“, erzählt der Karlsruher. Seine Freundin wurde bald danach seine Frau. Im September feiern die beiden Goldene Hochzeit.

Viele Becher voller Erinnerungen

Der Capri-Becher mit Amarena-Kirschen für 1,50 Mark – den bestellte Isolde Armbruster als Teenager besonders gerne. Zwei Karlsruherinnen hatte es dagegen der Früchtebecher angetan. So Margrit Kursawe, die es liebte, mit ihren Eltern von Mühlburg aus mit der Straßenbahn „in die Stadt“ zu fahren und dort Eis zu essen, nicht einfach so aus der Waffel, „sondern so richtig mit Hinsetzen und in die Karte schauen“.

Und Judith Rimmelspacher hat ihn nie vergessen: den ersten Früchtebecher, zu dem sie ihr späterer Mann vor 60 Jahren eingeladen hat.

Lieblingseisbecher „Tartufo“, also Trüffel: Das gilt beispielsweise für Doris Moser-Ehrlein aus Stutensee. Der runde Turm aus Schoko- und Vanilleeis sowie Sahne, der dunkelrote Likör im Inneren, der sich irgendwann plötzlich über das Resteis ergoss – „wunderbar“, schwärmt sie. Anne Fleischhacker berichtet von verschiedenen Techniken, wie sie, ihr Mann und ein befreundetes Pärchen dem Trüffelbecher beikamen, beispielsweise schichtweise von oben nach unten, dass ja der Likör nicht auslief.

Rainer Fitterer und Reiner Huber schreiben, dass sie in dem Eiscafé zum ersten Mal überhaupt ein Spaghetti-Eis gesehen und gegessen haben. Michael Kühn findet, dass das Pistazien- und Zitroneneis nirgendwo besser schmeckten, während Heidrun Pelzel sich besonders gerne an die Bananensplit-Becher erinnert.

Die anderen Geschäfte in der Kaiserpassage

Carmen Göhner erwähnt das Geschäft „Auto-Alles“, das ihr Vater in der Kaiserpassage betrieben habe. Es sei der Laden ganz links im alten Bild. Ihr Vater habe dort damals Fahrräder und kleine Mopeds verkauft.

Immer im Winter, so erinnert sich Dieter Will, übernahmen entweder ein Kunsthändler oder die Braunsche Hochschulbuchhandlung mit ihrem Antiquariat die Eisdiele. In den 1960er Jahren hatte Traudl Eid einen heißen Ferienjob in der Kaiserpassage. Zwei, drei Geschäfte neben dem Capri betrieb die Firma Bardusch eine Filiale ihrer Reinigung. Eine Woche lang bügelte sie in den Semesterferien Hemden – „bei ähnlichen Temperaturen, wie wir sie jetzt haben“. Nach Feierabend kaufte sie sich ein Eis für den Heimweg. „Das hatte ich echt nötig.“

Gar nicht so sehr das Eis lockte Klaus Postweiler in die Kaiserpassage. Viel mehr war es der so „schön glatte Boden“ dort, ideal zum Rollschuhlaufen. Eingekauft habe er gerne bei „Auto Alles“, in der Disko Boccaccio „musste man nicht unbedingt anwesend sein“.

Andere erinnern sich an das Kino „Die Kurbel“, die Disko „Casino-Alm“ in der Waldstraße sowie die Tanzschulen Großkopf und Mutschler-Murano.

Eiscafé als Erholungsort und für das Eis „to go“

Weit über 80 Jahre alt sind Günter und Anita Kübel. An „Einkaufstagen“ fahren die beiden mit der Straßenbahn bis zum Kronenplatz und bummeln von dort durch die Kaiserstraße. Das könne ermüdend sein, schreiben die Rintheimer, gerade bei hohen Temperaturen. Deshalb empfehlen sie anderen in ähnlicher Lage, das Eiscafé anzusteuern, wo die Begrüßung immer sehr herzlich ausfalle.

Die Familie von Jochen Martin war schon immer Kunde im Capri. Besonders in Erinnerung ist ihm die Konfirmation seiner Schwester geblieben, als er dort mit seinem Onkel Eis in Tupperdosen abholte: 50 Kugeln Vanilleeis, die zu Hause mit heißen Himbeeren im Wohnzimmer serviert wurden – „das war lecker und nachhaltig“.

Auch Maike Rommerskirchen-Vietz und ihre Familie praktizierten in den 1960er Jahren das „To go-“, also Mitnehm-Prinzip. An Wochenenden holten ihr Vater und sie „für wenige Mark eine Glasschüssel voll Eis“. Im Auto wartete für den Transport eine Wolldecke mit Frotteetuch als „Kühlschrank“. Mit Karacho ging es nach Hause, wo die Mutter schon mit Schüsselchen und Sahne wartete, vor allem auf ihr Lieblingseis Cassata.

Ein Gedicht für das Karlsruher Eiscafé Capri

Wenn Felicitas Hüther als Kind mit ihrer Mutter und den jüngeren Geschwistern in der Kaiserpassage unterwegs war, schaute sie immer sehnsüchtig nach dem Eis, das sich Leute gekauft haben. Ihr fiel auch immer ein gleichaltriger Junge auf, der offensichtlich zur Inhaberfamilie gehörte.

„Ich hatte ihn so beneidet. Wie gerne hätte ich mein Leben gegen seines getauscht“, schreibt sie. Heute besucht sie mit Tochter und ihren Enkelkindern das Capri. Doch nach über 60 Jahren fallen ihr die Worte ihrer Mutter immer wieder ein: „Es gibt nichts.“ Sie und ihre Geschwister hätten niemals ein Eis bekommen, „nicht einmal“.

Johanna Jäger brachte für „Erkennen Sie Karlsruhe?“ ihre Schwärmereien in einem Gedicht zum Ausdruck. Ein kleiner Ausschnitt: „Auf dem Weg nach Haus‘ ging’s nicht ohne, dafür brauchten wir mindestens zwei Kugeln Zitrone. Heute wohn ich in der Ferne, doch an Karlsruhe und’s Capri-Eis denk ich immer noch gerne.“

Der Eis-Preis: Zehn Pfennige für eine Kugel Eis

Zehn Pfennige kostete die Kugel Eis am Anfang, schreibt Peter Wohlwend. Später sei der Preis auf 20 Pfennige gestiegen, allerdings seien die Kugeln auch größer geworden. An diesen Preis erinnert sich auch Anne Stoess. Frisch vom Land zwecks Studium, mit wenig Geld und großen Sehnsüchten habe sie mit ihrer Freundin im Capri gesessen und „höchstens“ drei Kugeln gegessen: „Nuss, Vanille, Schoklad‘“. Gemeinsam blickten sie hinüber zu Friseur Eberhard („einem der besten und teuersten“) und malten sich die Zukunft aus.

Bescheidene Zeiten sind auch Gudrun Kaufmann in Erinnerung. Im Capri gönnte sie sich nur kleine Portionen, weil das Taschengeld knapp war. Umso schöner sei eine ihrer Geburtstagsfeiern dort gewesen. Ihre Eltern spendierten ihr und ihren Freunden je einen Eisbecher nach Wahl.

Zwei junge Männer drucksten herum und fragten dann, ob es jemand störe, wenn sie statt eines Eisbechers einfach Eiskugeln für den selben Preis auswählen. Durften sie, und so saßen sie bald vor einem Berg aus Eis, offensichtlich sehr glücklich: „Es ist so toll, da esse ich jetzt schon die ganze Zeit Eis, und es ist immer noch so viel da!“, schwärmte einer von ihnen.

Johannes Droste wohnte mit seinen Eltern zum Zeitpunkt unserer alten Aufnahme über dem Eiscafé. Kurz vor Eröffnung sei die Inhaber-Familie Bergamasco am Verzweifeln gewesen, weil die Sanitäranlagen noch nicht fertig waren. In der Notlage sprang Johannes Drostes Vater ein, ein Sanitär- und Heizungstechniker.

Er reparierte alles, so dass der Feier zur Neueröffnung nichts mehr im Wege stand. Drostes Vater wurde fürstlich entlohnt: Er bekam „Eis frei“, auch später noch, als die Drostes nicht mehr in der Kaiserpassage wohnten.

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