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Rekordbeteiligung an Rätsel-Folge elf

„Erkennen Sie Karlsruhe?“: Erinnerungen an Spielwaren Doering

Über Jahrzehnte hat das Fachgeschäft Spielwaren Doering in der Ritterstraße die Karlsruher begeistert. Heute sprechen sie mit viel Wehmut über die „Traumwelt“.

Das alte Doering-Gebäude in der Ritterstraße
Für viele Karlsruherinnen und Karlsruher war das Spielwarengeschäft Doering ein Paradies. Foto: Horst Schlesiger/Stadtarchiv

Die Fans dieses Hauses müsste man heute noch an einem Merkmal erkennen können: an der plattgedrückten Nase nämlich.

Dutzendfach haben Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der elften Rätselfolge von „Erkennen Sie Karlsruhe?“ in ihren Anekdoten davon gesprochen, sich an den Scheiben damals die Nase plattgedrückt zu haben. Die Schaufenster müssen aber auch anziehend gewesen sein: Viele schwärmen von den wunderbaren Dingen, die da zu sehen waren.

„Das rechte Schaufenster war für mich immer ein Hingucker. Hier war meist eine Modelleisenbahn aufgebaut, und die Züge fuhren auch sonntags. Links war das Mädchenschaufenster“, schreibt beispielsweise Norbert Huxel.

Keine der bisherigen Teile unserer Fotorätsel-Serie hat so viele Leser animiert, sich zu beteiligen und uns ihre Anekdoten zu dem gezeigten Bild zu schreiben. Und diesmal gab es auch keine einzige falsche Antwort: Zu sehen ist natürlich das ehemalige Spielwarenhaus Doering in der Ritterstraße. Das Foto hat Horst Schlesiger am 2. Oktober 1981 aufgenommen.

Märklin, Faller, Fleischmann – die Augen von Modelleisenbahnfans glänzen, wenn sie die Firmennamen hören. Sie wirkten auch im Spielwarenhaus Doering wie Magneten. „Mein Opa war tatsächlich jeden Tag in der Stadt. Der Doering war seine ständige Anlaufstelle für seine Modelleisenbahn, die zuletzt ein ganzes Zimmer einnahm“, schreibt Marion Kohlmann. Sie selbst kaufte an Ostern in der Bastelabteilung im Untergeschoss bunte Eier, die sie mit kleinen Samtblümchen beklebte.

Das Modelleisenbahnfieber wurde mir quasi in die Wiege gelegt.
Jörg Baumann, BNN-Leser

Am 19. Dezember 1962 bekam Jörg Baumann von seinem Vater seine erste elektrische Eisenbahn gekauft. „Ich wurde im Januar 1961 geboren, das Modelleisenbahnfieber wurde mir quasi in die Wiege gelegt und hat mich bis heute nicht losgelassen“, sagt er. Der erste Zug stehe heute noch fahrbereit in seiner Vitrine, genauso wie die original Garantiekarte von damals.

Auch der heute 88-jährige Erich Betz erinnert sich noch genau: „Dort habe ich mir in den 50er-Jahren von meinem ersten Lehrlings-Geld die Lok 89 028, das ist eine dreiachsige Nebenbahn-Lok, geleistet. Sie fährt heute noch.“

Großes Lob aus London

Hildegard Hoylands Enkelkinder sind in London geboren und lebten dort sehr lange. Ihr siebenjähriger Enkel sagte, es gebe nirgendwo einen besseren „Toy Shop“ als diesen. „Das war schon eine Auszeichnung“, sagt sie.

Auch Kai Kade empfand das Spielwarenkaufhaus als kleiner Junge als „Traumwelt über fünf Stockwerke“. Selbst das Treppenhaus sei gefüllt gewesen, „einfach unvergesslich. Schade, dass solche Fachgeschäfte Opfer der modernen Welt geworden sind“.

Barbara Freyer wurde 1966 geboren. Der „Doering“ begleitete sie durch ihre gesamte Kindheit. Regelmäßig fuhren ihre Schwester und sie mit der Straßenbahn aus der Nordwest- in die Innenstadt, „nur um uns dann durch die Stockwerke des Kaufhauses zu träumen“. Besonders lang verweilten die beiden in der Puppen-Abteilung und spickten ihre Geburtstags- und Weihnachtswunschzettel dann mit allem, was ihnen gefallen hatte.

„Puppenmamas“ kamen hier auf ihre Kosten

Mit dem Fahrrad aus der Waldstadt ist Lothar Batschauer früher zu Doering gefahren – „meistens nicht, um etwas zu kaufen, denn das dafür nötige Geld hatte ich nicht“. Aber allein schon durch das Spielwarengeschäft zu gehen, die Auslagen anzuschauen und davon zu träumen, dass die eine oder andere Lokomotive oder ein Häuschen für die Modelleisenbahn vielleicht doch einmal mit nach Hause genommen und dort bespielt werden könnten, das sei einfach herrlich gewesen.

Spielwaren Doering hat auch Annette Anderson (sie ist 1962 geboren) in ihrer Kindheit begleitet. Sie war eine absolute „Puppenmama“, und alles was sie für ihre Puppen benötigte (Kleidchen, Puppenwagen, Bettchen, Schühchen, Fläschchen) habe sie dort finden können. Als sie später dann selbst Mutter wurde (1988) ist sie gerne mit ihrem kleinen Sohn dort einkaufen gegangen.

Eduard Peltzer war der geschäftsführende Gesellschafter

Ganz aktuelle Verbindungen hat Sebastian Metz zu dem Gebäude: Dort, wo „der Doering“ zuletzt seinen Eingangsbereich hatte, führt er heute sein eigenes Ladengeschäft (‘s Fachl). Es sei immer wieder schön, wenn Kunden zu ihm kommen und sagen „Hier war doch mal der Doering“. „Dann merkt man schnell, wie viele Karlsruher immer noch mit leuchtenden Augen an diese Institution zurückdenken.“

Auch der Mann, der von 1974 bis 2013 bei Doering arbeitete, ab 1978 als geschäftsführender Gesellschafter, hat sich in der Redaktion gemeldet. Er habe in dieser Zeit viel erlebt und könnte sehr viele Geschichten der unterschiedlichsten Art erzählen, sagt Eduard Peltzer. Zwei Drittel seiner beruflichen Zeit habe er die schönen Zeiten des Einzelhandels erleben dürfen, „in einer Stadt, die sich in dieser Zeit stets nach vorne entwickelt hat“. Bis dann ab 2010 der Jahrhundertumbau der Kombilösung begonnen habe. Den ortsansässigen Handel und die Gastronomie habe es voll getroffen, „so auch den Doering , nach über 210 Jahren gemeinsamer Stadtgeschichte“.

Die Schließung von Spielzeug Doering ist bis heute ein echter Verlust.
Fritz Bachholz, BNN-Leser

Für Fritz Bachholz gibt es keinen Zweifel: „Die Schließung von Spielzeug Doering ist bis heute ein echter Verlust.“ Gleiches gelte übrigens für die in der Adventszeit so wunderbar dekorierten Schaufenster von Union und später Hertie und in den Arkaden von Karstadt. „Heute ist das alles eher einfalls- und seelenlos.“

„Erkennen Sie Karlsruhe?“: Wo das ehemalige  Doering-Gebaeude in der Ritterstraße stand, ist heute ein moderner Neubau.
Nach dem Abriss des alten Gebäudes steht an der Ecke Ritter-/Zähringerstraße ein moderner Neubau. Foto: Jörg Donecker

Gisela Knorz’ Tante arbeitete über viele Jahre als Verkäuferin in der Puppenabteilung. Für die kleine Gisela eine Freude: „Ich durfte – es war in den 1950er-Jahren – so oft ich wollte die Puppen und andere Spielsachen ansehen, und wenn keine Kunden da waren, mich auch manchmal hinter den Ladentischen aufhalten.“ Heute ist Gisela Knorz 81 Jahre alt. Ihre Schildkröt-Puppen und den Puppenwagen von Doering aus ihrer Kindheit hat sie immer noch.

Opfer der digitalen Welt

1974 begann die Frau von Bernd Zeh bei Doering ihre Lehre als Verkäuferin. Das Spielwarenhaus sei leider Opfer der digitalen Welt geworden, bedauert Zeh, wie die ehemalige Firma Hammer und Helbling und andere. Er erinnert sich noch gut daran, wie groß der Betrieb Wochen vor Weihnachten in der Modelleisenbahnabteilung war.

„Die Schlangen oder Menschentrauben vor den Tresen waren groß. Ein Mitarbeiter war nur damit beschäftigt, anfallende Reparaturarbeiten an den Loks zu beheben.“ Und dann sei das Internet gekommen. „Die Kunden strömten nach wie vor – bestellt und gekauft wurde jedoch digital“, schreibt Bernd Zeh. Der Abschied von der „Doering-Familie“ habe vielen sehr wehgetan.

Vor Weihnachten waren wir immer brave Kinder.
Norbert Selzer, BNN-Leser

„Doering hat einfach nur Glücksgefühle ausgelöst!“, sagt Dietmar Kup. Sein beliebtester Mittagspausenspaziergang führte quasi automatisch zur Modelleisenbahn-Abteilung – auch ohne Einkauf.

Waltraud Huschke erlebte in dieser Abteilung 1969 etwas Lustiges. Ihr Sohn wünschte sich zu seinem dritten Geburtstag eine „richtig elektrische“ Lokomotive mit vielen, vielen Waggons. Also, dachte sie, müsse es eine „Schmalspurbahn“ sein. Sie stand dann in der Abteilung, umringt von „sachverständigen“ männlichen Käufern und fragte nach HO-Lokomotive und HO-Schienen. Sie sagte jeweils „Ha-Oh“, was falsch war, was sie an dem Gelächter der Kundschaft merkte. Richtigerweise heißt es nämlich H0, also Ha-Null. „Aber ich wurde von dem Verkäufer gut beraten und so konnte ich schließlich meinen Sohn mit seiner Eisenbahnanlage glücklich machen.“

Norbert Selzer drückt es drastisch aus: „Hier habe ich Mitte der 50er-Jahre meine Mutter geplagt, mir meine Elastolin-Indianer und -Cowboys zu kaufen.“ Es sei immer spannend gewesen, das Spielwarenhaus zu betreten, „und vor Weihnachten waren wir immer brave Kinder“.

Uwe Roscher erinnert sich an ein von Doering organisiertes Kettcar-Rennen auf dem Friedrichsplatz. „Es war ein Riesen-Erlebnis und hat wahnsinnig Spaß gemacht!“

Der unverwechselbare Duft dieses Geschäftes beim Eintreten – ja was war das eigentlich?
Burkhard Riegels, BNN-Leser

An den „unverwechselbaren Duft dieses Geschäftes beim Eintreten – ja was war das eigentlich?“, erinnert sich Burkhard Riegels noch gut. „Stofftiere, Pappe, Klebstoffe, sicher auch Kunststoffe, insbesondere in der Miniatur-Eisenbahnabteilung auch Islandmoos und Streumaterialien...“ Stundenlange habe er bei den Corgytoy- und Matchbox-Autos oder bei den kleinen Figuren und Szenen für die Eisenbahn-Anlage zuhause gestöbert.

Unvergesslich sei ihm jener Augenblick, als er sich mit seinem Taschengeld endlich das kleine Modell eines speziellen Feuerwehrfahrzeugs kaufen konnte. „Vom eigenen Geld! Und ich wurde auch noch ausnehmend freundlich bedient!“ Das seien seine ersten hervorragenden Erfahrungen mit dem Einzelhandel gewesen. Ein vergleichbares Geschäft fehlt Riegels, um für seine Enkelkinder einzukaufen. Gott sei Dank gebe es aber noch solche Läden wie das „Kinderglück“ in der Erbprinzenstraße oder die „Spiele-Pyramide“ in der Fritz-Erler-Straße.

Auch Rainer Nagel trauert dem Geschäft nach: „Tolle Fachberatung, Spielwaren zum Anfassen und Ausprobieren auf mindestens fünf Etagen – im Zeitalter des Onlinehandels heute nicht mehr denkbar. Schade eigentlich!“

Als Schlaraffenland bezeichnet Alexander Stelzner den mehrstöckigen Spielwarenladen. Der Aufzug sei klein und etwas gruselig gewesen. „Wenn er anfuhr, startete auch immer laut ein Propeller in dessen Decke.“

Der Puppendoktor richtete lockere Arme und Beine

An der Arbeitsstelle von Ingrid Albicker-Omidi sei es in den 90er-Jahren Brauch gewesen, Kollegen und Kolleginnen, die gerade Eltern geworden waren, mit einem Steiff-Tier zu beschenken. „Meine schöne Aufgabe bestand darin, aus dem Riesenangebot bei Doering ein Plüschtier auszuwählen“, schreibt sie.

Den Doktor suchte Doris Weidmann hier immer auf, den Puppendoktor, um genau zu sein. Dann, „wenn mal wieder die Arme oder Beine locker waren“. Außerdem kaufte die Familie dort den Sportwagen für ihren Sohn, sowie später Schienen, Loks, sowie die Platte zum Aufbauen der Eisenbahn und das ganze Zubehör wie Häuser, Bahnhof, Weichen. „Wir haben die Artikel alle heute noch und wurden immer gut bedient.“

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