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Vortrag von Baumexperte

Gegner der Platanen-Fällung in Karlsruhe geben nicht auf

Im Dezember hat sich der Karlsruher Gemeinderat entschieden, 48 Platanen auf der Kaiserstraße zu fällen. Vier wurden bereits gefällt. Doch nach wie vor gibt es Widerstand, wie sich bei einer Veranstaltung der Gruppe „Wir sind Baum“ im Tollhaus zeigte.

 Platanen in der Kaiserstraße
Tage sind gezählt: Die Gruppe „Wir sind Baum“ kämpft für die Platanen. Foto: Jörg Donecker

Gegen Ende des Vortragsabends bringt es einer der Teilnehmer auf den Punkt: „Ich möchte nicht im Sommer bei 40 Grad Hitze über die Kaiserstraße gehen ohne die Platanen.“ Und damit spricht er wohl der überwältigenden Mehrheit derer, die am Dienstagabend dem Vortrag des Baumexperten Ernst Zürcher im Tollhaus lauscht, aus der Seele.

Denn wie schon die Redebeiträge zuvor vermuten lassen, sind es vor allem die Gegner der Platanen-Fällung auf Karlsruhes Einkaufsmeile, die sich in Proteststimmung und mit festem Widerstandsgeist im Saal treffen. Die engagierte Gruppe, die weiterhin den Dialog mit der Stadtverwaltung anmahnt, nennt sich „Wir sind Baum“ und hat sich im Umfeld der Proteste und des Klimabündnis Karlsruhe zusammengefunden.

Gruppe „Wir sind Baum“ will Platanen in der Kaiserstraße retten

Sie wollen die jetzt noch 44 verbliebenen, mehr als 40 Jahre alten Platanen auf der 1,8 Kilometer langen Fußgängerzone trotz entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses vom Dezember vergangenen Jahres noch nicht aufgeben.

Sie fordern, so Mitinitiator Matthias Friedmann, dass jeder einzelne Baum mit seinem Wurzelwerk individuell betrachtet wird. Regelmäßig am Donnerstag von 17.30 bis 19 Uhr trifft sich das bisher kleine Grüppchen vor der Kleinen Kirche, wo bereits die ersten vier Platanen gefällt wurden.

Baum wird in der Kaiserstraße gefällt.
Die erste Platane in der Karlsruher Kaiserstraße wurde gefällt. Foto: Thomas Riedel

Und wissenschaftliche Unterstützung für ihre Position hatten sich die Organisatoren der gut besuchten Veranstaltung von einem der Großen aus der Welt der Bäume gesichert. Ernst Zürcher, Professor für Holzkunde, der an den Technischen Hochschulen Zürich und Lausanne lehrt, gilt als eine Koryphäe auf seinem Gebiet.

Bäume geben uns starke Botschaften.
Ernst Zürcher, Professor für Holzkunde

Neben den mit Schaubildern dargestellten physikalischen und klimatechnischen Vorteilen, die ein Baumbestand bietet, spricht der Baumbiologe mit viel Zuneigung über das Phänomen Bäume, die einst unsere ganze Welt in Form von Urwäldern bedeckt hätten und die auch heute zum Schutz der Erde unverzichtbar seien.

Nicht nur für das städtische Kleinklima, das sie positiv bestimmen, indem sie die Temperaturen auf Plätzen senken helfen, sondern auch für die Seele und für das Wohlbefinden sei jeder Ast, jedes Blatt an den Bäumen wichtig.

„Bäume geben uns starke Botschaften. Man muss nur schauen, wie sie gegen alle Widerstände nach oben wachsen“, so der Experte. Bäume sprächen unsere Sinne an, sorgten mit ihren Licht-Schatten-Spielen nicht nur für seelisches Gleichgewicht, sondern auch für künstlerisches Schaffen und Lebensgefühl. Letzteres vor allem die Platanen in südlichen Ländern, wobei Ernst Zürcher ein Sehnsuchtsbild aus Arles auf die Leinwand warf.

Diskussion nach Vortrag im Karlsruher Tollhaus

Die sich dem Vortrag anschließende, durchaus emotionale, Fragerunde konzentriert sich vor allem auf die Karlsruher Problematik und mehrere Zuhörer stellen erneut infrage, dass die Fällung der Platanen wegen der Erdarbeiten unverzichtbar sei.

Hier nahm der Gast aus der Schweiz eine klare Position ein. „Es ist unsinnig, Bäume präventiv zu fällen. Man kann warten, ob es Schäden gibt und wie die Bäume damit fertigwerden.“ Diese Platanen hätten noch ein Leben vor sich. Bis junge Bäume diese Schatten- und Schutzfunktion erfüllen könnten, würde es lange dauern.

Und auf jeden Fall sei es sinnvoll, junge Bäume zwischen noch stehende Platanen zu pflanzen, denn Bäume kommunizierten miteinander. Die Tatsache, dass die Platanen schräg stehen, sei ebenfalls kein Kriterium. Mit dieser Argumentation müsse man überall Äste absägen.

Liana Nagel, ein Mitglied der Gruppe „Wir sind Baum“, nickt. Sie ist traurig, denn sie liebt Platanen, die ein wichtiger Faktor für Feuchtigkeit in großen Städten sei. In Frankfurt habe man extra eine Platanenallee gepflanzt.

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