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Autoverkehr wird verschwinden

Karlsruhes neue Kriegsstraße bringt für Radfahrer eine grüne Welle, breite Spuren und noch weitere Extras

Die Kombilösung verändert auch das Angebot für Radfahrer in der Karlsruher Innenstadt – jedenfalls, sobald der Tunnel unter der Kriegsstraße einen Teil der Autos und Lastwagen schluckt.

Blick am 22. November 2021 von Westen über eine für Radfahrer markierte Spur der umgestalteten Kriegsstraße als neuer Verkehrsachse im Radwegenetz. Rechts das Gebäude der Volkswohnung an der zentralen Kreuzung Ettlinger Tor.
Neu aufgeteilt: Für Radfahrer sind breite Spuren auf der Kriegsstraße markiert vor der Kreuzung am Ettlinger Tor mit dem Gebäude der Volkswohnung (rechts). Foto: Jörg Donecker

Auf der Dachterrasse des Infopavillons am Ettlinger Tor reckt Johannes Schell seine Handykamera in den Novemberhimmel. Der Stadtplaner nutzt die Chance, den zentralen Abschnitt der Kriegsstraße von oben zu fotografieren. Er hält den Blick Richtung Karlstor fest: die breiten Extraspuren für Radfahrer, die vorgezogenen Aufstellflächen, die separaten Ampeln für den Radverkehr.

Der Autoverkehr an diesem Vormittag ist recht überschaubar. Das wird in der Vorweihnachtszeit noch mal ganz anders aussehen. Denn anders als die U-Strab wird der Autotunnel nicht wie geplant zum 12. Dezember fertig.

Doch sobald der Tunnel unter der Kriegsstraße eröffnet ist, wird er einen beträchtlichen Teil der Autos und Lastwagen schlucken. Wichtige Details machen das oberirdische Herzstück der Kriegsstraße dann womöglich zu einer neuen Fahrradmagistrale in Deutschlands radlerfreundlichster Großstadt.

1.500 Meter Kriegsstraße sind umgestaltet zwischen der Ostendstraße und dem Karlstor. Stadtplaner Johannes Schell begleitet dieses Projekt seit 20 Jahren. Er stieg ein, als die politische Entscheidung nicht absehbar war, Radfahrern und Fußgängern Raum unter freiem Himmel zurückzugeben. Dort sind sie demnächst erstmals neben modernen Straßenbahnen unterwegs und neben urbanem Lieferverkehr.

Ein Gefühl für die Zukunft des Radfahrens

So steht die untertunnelte Kriegsstraße für einen Perspektivwechsel. Ziel ist ein besserer Verkehrsmix – sicherer, umweltfreundlicher, leiser, für Radfahrer auch schneller.

Am Karlstor blockieren noch überall Absperrungen das Gefühl für die Zukunft des Fahrens auf der Kriegsstraße. Aber wer auf der neuen Fahrradspur Richtung Osten rollt, vorbei am Nymphengarten, der Hotelbaustelle, dem Hochhaus des Landratsamts, kommt dem Endzustand näher. Noch der Vorstellungskraft vorbehalten, obwohl sehr bald Realität, ist Karlsruhes erste grüne Welle für Radfahrer. Auf Tempo 18 stellt die Stadt die Ampeln an der Kriegsstraße ein, als Mittelwert zwischen zackigen und gemütlichen Radfahrern.

An zentraler Kreuzung bricht sich die grüne Welle

Die zentrale Verteilerkreuzung am Ettlinger Tor allerdings unterbricht den Rhythmus. Im Geflecht der Fahrwege linksab sind Verkehrsteilnehmer auf zwei oder vier Rädern jetzt getrennt sortiert. Geradeaus bleiben Radfahrer drei Meter vor wartenden Autos an der roten Ampel unter sich.

Das Signal für die Radler springt zudem mit drei Sekunden Vorsprung auf Grün. Mit diesem Standardtrick wollen Verkehrsplaner verhindern, dass Radfahrer bei motorisierten Rechtsabbiegern unter die Räder kommen.

Sind Radfahrer auf den eineinhalb Kilometern Kriegsstraße über dem Autotunnel richtig in Schwung, rollen sie fast ausnahmslos auf mindestens zwei Meter breiter Spur. Das soll reichen, um gut überholen zu können.

Engstelle beim Nymphengarten

Weniger sind es nur beim Nymphengarten – da, aber nur da haben die städtischen Radverkehrsplaner vor Platzmangel kapituliert. Mit diesem Argument werden andernorts oft mangelhafte Radwege gerechtfertigt. Karlsruhe hat auf der citynahen Umbaustrecke aber konsequent die geltenden Standards umgesetzt.

Wer zu Fuß in der Kriegsstraße zwischen Mendelssohnplatz und Einkaufszentrum Ettlinger Tor unterwegs ist, erlebt schon eine neue Beinfreiheit. Manche Gehwege sind nun superbreit, Fahrradständer am Rand stören da nicht. Radfahrern hält ein durchgezogener, dicker Streifen am Fahrbahnrand aufschwingende Autotüren vom Hals.

Die Kriegsstraße überqueren können Fußgänger und Radfahrer auch bald an viel mehr Stellen als früher. Radfahrer schlagen dazu einen winzigen Bogen und überblicken dann den motorisierten Liefer- und Anliegerverkehr ideal im rechten Winkel. Eine dieser neuen, geschützten Furten führt direkt zum Badischen Staatstheater.

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