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Grünanlagen-Partys fallen aus

Ungewöhnlich ruhig: Mehr Gänse als Menschen im Karlsruher Schlossgarten

2022: Das Abi ist geschafft, viele zieht es zum Feiern ans Karlsruher Schloss und in den Fasanengarten bis in die Nacht. Jetzt, ein Jahr später: gähnende Leere. Was ist da los?

Am 9.07.2023 verlassen Menschen am Abend den Schlossgarten, neu kommt kaum noch jemand.
Im Licht der sinkenden Sommersonne verlassen Menschen am Abend den für einen Samstagabend überraschend leeren Schlossgarten. Neu kommt kaum noch jemand auf die zentrale Wiese. Foto: Jörg Donecker

Wo sind die wummernden Bässe? Wo die Grüppchen mit Rucksack, Picknick und irgendeiner Art von Getränken auf dem Weg hinters Schloss? Wo wird im Freien zentral gefeiert bis zum Umfallen? Weder um 20 Uhr noch später ist der Platz unter der Uhr am östlichen Schlosstürmchen am Samstagabend Treffpunkt.

Auch im Fasanengarten sitzen nur drei versprengte Grüppchen, obwohl die allermeisten Menschen am Sonntag ausschlafen können und viele junge Leute gerade die Abiturprüfungen geschafft haben.

Erstaunliche Ruhe und leere Müllbehälter im Karlsruher Schlossgarten

Vor einem Jahr zog es so viele Menschen zum Feiern ans Karlsruher Schloss und in den Fasanengarten bis in die Nacht, dass die Polizei Sondereinsätze startete und diejenigen, die in Hörweite in der östlichen Innenstadt wohnen, zeitweise kaum Ruhe fanden. Zurückbleibende Müllberge, einschließlich brisanter Glasscherben, waren ein weiteres Riesenproblem. Jetzt, ein Jahr später: gähnende Leere in den Grünanlagen. Kaum Menschen, erstaunliche Ruhe, leere Müllbehälter. Was ist da los?

Erfahrung im Umgang mit heißen Tagen und Menschenansammlungen haben die Karlsruher Ordnungskräfte. So lange der Sommer mit langen Abenden und viel Wärme regiert, laufen die Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes im Schlossgarten und im Fasanengarten verstärkt Streife. Denn ob mit oder ohne Abi-Feiern: Vor allem freitags und samstags halten sich dort bei sommerlichen Temperaturen oft sehr viele Menschen auf.

Die Ordnungskräfte der Stadt sind dabei in engem Austausch mit der Polizei, teilt die Stadtverwaltung mit, damit je nach Lage weitere Kräfte hinzugezogen werden könnten.

Ein Schwerpunkteinsatz des Kommunalen Ordnungsdienstes war für dieses Wochenende allerdings nicht geplant. Denn ein Großteil der Kräfte, so die Stadt, sei bereits durch das parallel am Freitag und Samstag stattfindende Durlacher Altstadtfest gebunden.

Am ersten Tag des Altstadtfests Durlach ist rund um den Brunnen auf dem Marktplatz ebensoviel Betrieb wie in der Pfinztalstraße und den angrenzenden Gassen und Gässchen.
Beim Altstadtfest Durlach ist rund um den Brunnen auf dem Marktplatz ebensoviel Betrieb wie in der Pfinztalstraße und den angrenzenden Gassen und Gässchen. Foto: Jörg Donecker

Tatsächlich liegt dieser Zusammenhang nahe. Am Sonntagmorgen bilanziert das Polizeipräsidium, dass am Freitag schätzungsweise 60.000 Menschen das beliebte Fest in der historischen Durlacher Altstadt besucht haben und am Samstag erneut 50.000 Menschen, vor allem in den Abendstunden.

Wir hatten uns eigentlich für den Schlossgarten verabredet.
Patrick Alex
Picknick-Organisator im Fasanengarten

Patrick Alex sitzt mit rund zwei Dutzend Gästen im Fasanengarten, gemütlich auf ausgebreiteten Picknickdecken. Der 28-Jährige aus der Oststadt feiert seinen 28. Geburtstag. „Wir hatten uns eigentlich für den Schlossgarten verabredet“, erzählt Alex. „Aber dann sind wir gleich hier geblieben, weil so schön viel Platz war.“

Aus Ettlingen, Durmersheim, Rottweil und sogar Schleswig-Holstein sind einige der Gäste gekommen. Die meisten sind aber Karlsruher. Sie mutmaßen, was wohl Ursache für die freie Platzwahl und die ruhige Atmosphäre sein könnte, die der Runde sehr willkommen ist.

Corona-Begleiterscheinungen sind offenbar abgeklungen

Eine Rolle spiele bestimmt das Altstadtfest, auch eine Technoparty im Landkreis könne ein Faktor sein, ergibt ihr Gedankenaustausch. Und nicht zuletzt das Ende der Pandemie, steuert ein Geburtstagsgast bei: „Die Corona-Raves sind vorbei.“

Ein Indiz für die zurückgekehrte Entspannung sind auch die ordentlich an Abfallbehältern aufgereihten Pfandflaschen. So schustern Parkbesucher das Pfand den Flaschensammlern zu, die ihre Fahrräder mit Sammelbehältnissen durch den Schlossgarten schieben.

Flaschensammler finden wenig Leergut

An diesem Abend lädt nur der erste Flaschensammler nennenswert Fracht ein. Nachschub kommt nicht. Während die Sonne allmählich hinter den mächtigen Bäumen im Schlossgarten versinkt, vertreiben sich hauptsächlich Familien mit kleineren Kindern noch die Zeit, bis die Hitze allmählich abklingt und die Eltern eine Chance sehen, den Nachwuchs zu Bett zu bringen.

Am heißen Tag des 9.07.2023 sind abends zwischen dem See im Schlossgarten und dem Schloss zeitweise mehr Gänse als Menschen anzutreffen.
Am Abend des heißen Tages sind zwischen dem See im Schlossgarten und dem Schloss zeitweise mehr Gänse als Menschen anzutreffen. Foto: Jörg Donecker

Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Karlsruhe bestätigt am Sonntagvormittag einen sehr ruhigen Verlauf am Freitagabend und Samstagabend. „So wie es sein sollte, zum Glück“, sagt er, seien diese Tage ganz anders verlaufen als in den zurückliegenden Jahren. In puncto Menschenansammlungen und auch bei der Einsatzzahl, von Rangeleien oder Körperverletzungen über Betäubungsmittel bis zu Bedrohungen, ergebe die Polizeistatistik keine Hinweise auf den Einfluss großer Hitze.

Bei Ruhestörungen allerdings gibt es eine deutliche Parallele. „Wenn draußen gefeiert werden kann“, erklärt der Polizeisprecher, „kommt es zu mehr Ruhestörungen. Die Lautstärke ist dann deutlich größer als bei Feiern in geschlossenen Räumen.“

Vor einem Jahr wurde die Notbremse gezogen

Für den Sommer 2022 hatte die Landeseinrichtung Vermögen und Bau schon Mitte Juni aus aktuellem Anlass und nach schlechten Erfahrungen in den Vorjahren verfügt, dass Besucher den Karlsruher Schlossgarten nicht mehr bis zum Einbruch der Dunkelheit genießen dürfen, sondern nur noch bis 21 Uhr. Sie begründete die Regelung mit der damaligen Häufung von Ruhestörung, Eigentums- und Körperverletzungsdelikten, zunehmendem Alkoholkonsum und Aggression gegenüber Einsatzkräften speziell an Wochenenden.

Diesmal ist alles anders. Obwohl es in der Innenstadt auch nach 21 Uhr noch von Menschen wimmelt, ist der Geräuschpegel auffallend gedämpft. Immer ein Magnet ist das Wasserbecken zu Füßen des Großherzogs, und die Grasstreifen zwischen dem Denkmal und dem Schlossportal sind ebenfalls beliebte Lagerplätze. Wer sich bewegt, hält allenfalls ein Eis in der Hand. Keine unnötigen Aktivitäten bitte, sagt die vorherrschende Körpersprache. Die nur allmählich nachlassende Hitze des Tages und die staubtrockene Luft legen sich über alles.

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