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Ubirajara kommt wohl nach Rio

Entscheidung gefallen: Naturkundemuseum Karlsruhe muss Dino-Fossil an Brasilien zurückgeben

Nun ist es offiziell: Das Karlsruher Naturkundemuseum muss das Dino-Fossil mit dem Namen Ubirajara jubatus, das es wohl nie hätte besitzen dürfen, abgeben. Das Land ist wohl stinksauer auf das Haus am Friedrichsplatz.

Naturkundemuseum Karlsruhe
Aus Stuttgart ist zu hören, dass das Land stinksauer auf das Naturkundemuseum in Karlsruhe ist. Foto: Jörg Donecker

Der Ministerrat von Baden-Württemberg hat dem Vorschlag von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer zugestimmt. Somit muss das Naturkundemuseum Karlsruhe das Dino-Fossil mit dem Namen Ubirajara jubatus, das über ungeklärte Wege erworben und eingeführt wurde, an den Staat Brasilien zurückgeben.

Theresia Bauer (Bündnis 90/Die Grünen), Wissenschaftsministerin von Baden-Württemberg.
„Es ist wichtig, dass wir mit der Rückgabe ein klares Signal senden zum korrekten Umgang mit Sammlungsgütern, ihrer Provenienz und der wissenschaftlichen Redlichkeit“, hatte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer erklärt. Foto: Marijan Murat/dpa

„Wir haben eine klare Haltung, die sich in konsequentem Handeln ausdrückt: Sollten Objekte in den Sammlungen unserer Museen sein, die unter rechtlich oder ethisch inakzeptablen Bedingungen erworben wurden, wird eine Rückgabe geprüft“, so Bauer am Dienstag.

Nach der Einschätzung ihres Hauses sind die Umstände der Aus- und Einfuhr dieses einzigartigen Fossils nicht eindeutig und es bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Erwerbs und der Einfuhr. „Der Ubirajara soll deshalb dorthin zurück, wo er angesichts seiner hohen Bedeutung und der fragwürdigen Erwerbsumstände hingehört – nach Brasilien“, sagte die Ministerin nach der Sitzung in Stuttgart.

Keine belastbaren Unterlagen für Dino-Fossil Ubirajara jubatus

Hintergrund ist die Tatsache, dass es für das Fossil keine belastbaren Unterlagen gibt, die eine rechtmäßige Ausfuhr und einen rechtmäßigen Erwerb vor dem maßgeblichen Zeitpunkt des Kulturschutzgesetzes (26. April 2007) belegen.

In einer Publikation in einem Fachmagazin hatten die Autoren Eberhard Frey und Norbert Lenz im Dezember 2020 offenkundig falsche Angaben über den Zeitpunkt der Einfuhr des Fossils gemacht.

Saurier
Brasilien hat im Februar dieses Jahres in einem Rechtshilfeersuchen an das Auswärtige Amt um die Rückgabe des Fossils nach Brasilien gebeten. Foto: Jörg Donecker

Das Magazin zog den Artikel zwei Wochen nach Veröffentlichung zurück. Das Naturkundemuseum hat mittlerweile eingeräumt, falsche Angaben in der Publikation und falsche Aussagen gegenüber dem Wissenschaftsministerium gemacht zu haben.

Rückblick: Museumsdirektor Norbert Lenz auf einem Bild aus dem Jahr 2011. Drei Jahre zuvor hatte er die Aufgabe in Karlsruhe übernommen.
Museumsdirektor Norbert Lenz auf einem Bild aus dem Jahr 2011. Drei Jahre zuvor hatte er die Aufgabe in Karlsruhe übernommen. Foto: Jörg Donecker

Frey war bis Januar Leiter der geowissenschaftlichen Abteilung, dann ging er in Ruhestand. Lenz ist Direktor des Hauses, scheidet aber Ende des Sommers auf eigenen Wunsch hin aus.

Land Baden-Württemberg ist wohl stinksauer auf Karlsruher Naturkundemuseum

Aus Stuttgart ist zu hören, dass das Land stinksauer auf das Naturkundemuseum ist. Wissenschaftsministerin Bauer sagte, ein solches wissenschaftliches Fehlverhalten sei nicht zu akzeptieren. Der Fall habe zu einem Imageschaden für die Landeseinrichtung geführt. Weltweit hatten Medien über den Fall berichtet.

Das Naturkundemuseum am Friedrichsplatz muss nun im Auftrag des Ministeriums prüfen, ob sich in seiner Sammlung weitere Objekte befinden, deren Erwerbsumstände vergleichbar unklar sind.

„Die Aufklärung der Herkunft der Objekte in unseren Sammlungen ist eine Aufgabe, die wir sehr ernst nehmen – nicht erst seit den Diskussionen um das Fossil Ubirajara“, sagte Constanze Hampp, Leiterin der Museumsabteilung Kommunikation am Dienstag den BNN. Das Museum werde sich dieser Aufgabe natürlich auch in Zukunft gewissenhaft widmen. Vereinbarungen, die mit dem Ministerium in Reaktion auf die Diskussionen um Ubirajara getroffen werden sollen, seien noch in Abstimmung. Deswegen könne das Museum dazu noch keine Detailfragen beantworten.

Am Dienstagabend nahm auch Eberhard „Dino“ Frey erstmals öffentlich Stellung zu den Vorwürfen. „Das war allein meine Schuld“, sagte der pensionierte Saurierforscher im Gespräch mit dieser Redaktion. Er habe die Einfuhr des Fossils rückwirkend falsch datiert. Dieses sei erst 2006 nach Deutschland gebracht worden und nicht schon 1995. Ins Naturkundemuseum kam das Fossil 2010. Norbert Lenz habe auf jeden Fall keinen Fehler gemacht, betonte Frey. Deshalb hätte er sich gewünscht, zunächst einmal persönlich zu den Vorwürfen befragt worden zu sein.

„Wir haben jedes Jahr mehrere Hundert Publikationen. Da kann ich nicht jedes Datum überprüfen“, sagte Lenz. Außerdem gebe es über die Herkunft vieler Fossilien grundsätzlich zu wenige Daten. „Das kann man nicht mit der Provenienzforschung bei Kunstsammlungen vergleichen“, so Lenz. Vom Ministerium hätte auch er sich eine sensiblere Kommunikation gewünscht. Ein großer Verlust sei die Rückgabe des Fossils fürs Naturkundemuseum allerdings nicht. „Es hat sicherlich einen hohen Wert für die Forschung“, so Lenz. „Aber für die Besucher war es nicht sehr interessant.“ Sein eigener Rückzug aus dem Direktorenamt habe übrigens nichts mit dem jüngsten Vorfällen zu tun, so Lenz weiter. „Mir war schon länger klar, dass ich mich noch einmal beruflich verändern wollte.“

Brasilien hat im Februar dieses Jahres in einem Rechtshilfeersuchen an das Auswärtige Amt um die Rückgabe des Fossils nach Brasilien gebeten. So stand es in der Vorlage für den Ministerrat, die den BNN vorliegt. Dem Ersuchen kam das Land Baden-Württemberg nun nach.

Als künftiger Ort der Präsentation des Fossils komme demnach das Nationalmuseum in Rio de Janeiro in Betracht. In welcher Form und wann genau die Rückgabe erfolgt, wird nun nach dem Beschluss des Ministerrats mit der brasilianischen Seite vereinbart, heißt es in einer Mitteilung des Wissenschaftsministeriums von Dienstag.

Nach Auskunft des Wissenschaftsministeriums hat es den Vorfall rechtlich aufgearbeitet. Ob es ein Disziplinar- oder gar Strafverfahren gab, teilte es aus Gründen des Personaldatenschutzes nicht mit.

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