
Hätten die Experten aus dem Hauptausschuss das letzte Wort, wäre das Schicksal der Platanen in der Kaiserstraße wohl schon besiegelt.
Ihre Tendenz jedenfalls machten sie in der rund zweistündigen und gut besuchten Fragerunde am Dienstagnachmittag deutlich. Zusätzlich sprachen sie etwas an, das bisher öffentlich noch nicht so stark diskutiert worden war. Es soll es Schädlingen künftig schwerer machen.
Martin Kissel begann im Untergrund. Der Leiter des Karlsruher Tiefbauamts nahm Bürgermeisterriege, Stadträte und Besucher mit in den Bereich unterhalb der Flaniermeile. Dort sieht es aus seiner Sicht gar nicht gut aus.
Zwar habe man wegen der Schienen in der Vergangenheit nur die notwendigsten Reparaturen vornehmen können. Klar aber wurde dabei, dass viele der bis zu 50 Jahre alten Leitungen korrodiert und brüchig sind, sagte er. Der Abwasserkanal existiert seinen Angaben zufolge sogar seit 100 Jahren. Sein Fazit: Die Leitungen unter der Kaiserstraße müssen grundlegend erneuert werden.
Hohe Wurzelverluste zu befürchten
Damit haben die Platanen aber ein Problem. Dessen ist sich Sascha Jillich sicher. Er ist Sachverständiger für Verkehrssicherheit von Bäumen und wurde vom Regierungspräsidium in die Sitzung entsandt.
Aus 30 Jahren Erfahrung wisse er, dass ein solch langer und massiver Eingriff hohe Wurzelverluste zur Folge hätte. Er erwartet deshalb massive Schäden an den bisher vitalen Platanen, die sich spätestens nach fünf bis zehn Jahren zeigten. Die Prognose, wie lange die Bäume so überleben könnten, sei allerdings ein Blick in die Glaskugel. „Die Erhaltungsfähigkeit der Platanen ist auf jeden Fall stark beeinträchtigt“, sagte er.
Wohin die Reise klimatisch geht, vor allem in einer Stadt wie Karlsruhe – das vermittelte Janus Schipper in der Sitzung. Es gebe keine Abschwächung oder gar Umkehr der bisherigen Entwicklung.
Im Vergleich zum Umland könne die Temperatur in der Stadt um bis zu fünf Grad höher sein, Tendenz steigend, sagte der Leiter des Süddeutschen Klimabüros am KIT, der auf Vorschlag der Grünen-Fraktion als Experte geladen worden war.
Die Folge: „Die Bäume stehen unter Stress.“ Schipper empfahl deshalb, die Platanen durch solche Bäume zu ersetzen, die klimatisch besser angepasst sind.
Weitere Brunnen vorgesehen
An dieser Stelle kommt Doris Fath ins Spiel. Die Leiterin des Karlsruher Gartenbauamts blickte zurück auf die Auswahlphase für eine Platanen-Alternative. In der Juli-Sitzung 2015 hatte der Gemeinderat sich für den Zürgelbaum entschieden, von denen es im Stadtgebiet bereits 253 Exemplare gibt, wie Fath sagte.
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Die für die Kaiserstraße geplanten Exemplare haben einen Stammdurchmesser von 25 bis 30 Zentimeter, eine Höhe von sechs Metern und einen Kronenansatz in 2,60 Meter Höhe. Fünf Jahre lang müssten sie bewässert werden (mit zweimal 160 Litern pro Woche), ehe ihre Wurzeln tief genug reichten, um sich selbst zu versorgen.
Was die neuen Zürgelbäume im Gegensatz zu den alten Platanen zu Beginn nicht können: ordentlich Schatten werfen. Darauf machten Janus Schipper und Doris Fath aufmerksam. Aus ihrer Sicht könnten zusätzliche Sonnensegel oder -schirme in der Anfangsphase gute Dienste leisten.
Wie Fath sagte, werden bei der Neugestaltung der Kaiserstraße Bohrhülsen eingebaut, die schattenspendende Geräte aufnehmen könnten. Dies sei aber eine Frage des Geldes und des Bedienmanagements. Die Leiterin des Gartenbauamts sagte weiter, dass an den Kreuzungen zu den Strahlenstraßen Brunnen vorgesehen seien.
Entscheidung fällt am 20. Dezember
Einig waren sich die Baum-Experten, dass sich ein Artenmix positiv auswirken kann. Dieser Aspekt spielte in der bisherigen öffentlichen Diskussion noch keine große Rolle. Eine ergänzende Art ist laut Doris Fath denkbar und sie senke das Risiko einer Schädigung durch Schädlinge.
Am 20. Dezember wird der Gemeinderat entscheiden, ob die verbliebenen 48 Platanen gefällt werden und durch 86 Zürgelbäume ersetzt werden.