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Aktion in der City

Platanenstreit in der Karlsruher Kaiserstraße: „Die Stadträte brauchen Nachhilfe“

Noch habe die Stadt die Möglichkeit, einen Riesenfehler zu verhindern: Mit dem Sound von Kettensägen hat das Klimabündnis am Samstag in der Karlsruher Kaiserstraße gegen die Fällung von 48 Platanen mobil gemacht.

Kundgebung in der Kaiserstraße
Kämpferische Kundgebung: Der frühere Gartenbaumamtsleiter Horst Schmidt sagte, dass es ohne Platanen so heiß werde wie auf dem Marktplatz. Foto: Jörg Donecker

Kettensägen schreien auf, und manch einer der Vorbeilaufenden sucht irritiert die Kaiserstraße nach dem Ursprung der in einer City sehr ungewöhnlichen Geräuschkulisse ab. Der Sound allerdings kommt vom Band.

Er läutet den Beginn der Kundgebung ein, mit dem das Klimabündnis auf die geplante Fällung der Platanen in der Haupteinkaufsstraße hinweist. Es ist eine Veranstaltung, bei der die Erwähnung von Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) höhnisches Gelächter und Buhrufe auslöst.

Klimabündnis will Platanen in der Kaiserstraße auf jeden Fall erhalten

Die Mitstreiter des Klimabündnisses kritisieren den OB und die Stadt, weil sie aus ihrer Sicht ihre alten Planungen zur Erneuerung der Kaiserstraße durchbringen möchten. Die sehen unter anderem vor, dass die noch stehenden 48 Platanen gefällt und durch 86 Zürgelbäume ersetzt werden. „Die Platanen müssen auf jeden Fall erhalten werden, sonst wird es hier so heiß und unerträglich wie auf dem Marktplatz“, sagt der frühere Gartenbauamtsleiter Horst Schmidt in seiner Rede.

Das sehen auch die Karlsruher Sophia und Anton so, die nur ihre Vornamen öffentlich machen möchten. Ihrer Meinung nach wäre es sehr schade, wenn die Bäume gefällt werden. Sie erinnern an den baumlosen Marktplatz: „Der sieht schrecklich aus.“

Beide unterzeichnen die Postkarten, die ihnen beim Vorbeischlendern Angelika Altfelix hinhält. Mit der Unterschrift drücken sie aus, dass sie gegen das Fällen sind. 2000 Karten kamen so bei der ersten Kundgebung vor vier Wochen zusammen. Diesmal sei die Resonanz geringer, sagt Angelika Altfelix mit Blick auf die Karten und die gesamte Kundgebung. Als Grund vermutet sie die Kälte.

Bei Horst Schmidt und Klaus Heid geht es dagegen um Hitze. Er erwähnt eine Studie, wonach die Luft unter Baumkronen an Sommertagen fünf bis zehn Grad kühler ist. „Diese Abkühlung brauchen wir dringend in den nächsten Jahrzehnten“, ruft Schmidt ins Mikrofon.

Aber wo bleiben die Taten?
Ingo Laubenthal, Sprecher des Klimabündnisses Karlsruhe

Die Stadt habe jetzt noch eine Riesenchance, einen großen Fehler zu verhindern, in dem sie die Planung an die vorhandene Situation anpasst. Heid, Sprecher des Klimabündnisses, erinnerte den Gemeinderat und die Stadt an den von ihr ausgerufenen Klimanotstand und an ihr Klimaanpassungskonzept. Das seien alles gute Konzepte. „Aber wo bleiben die Taten?“ Ingo Laubenthal vom Bündnis sagte, die Stadträtinnen und Stadträte brauchen jetzt Nachhilfe.

Aus der Zeitung haben Un Ying und Christian Arnold erfahren, was in der Kaiserstraße geplant ist. Sie lassen sich unter einer Platane von einer Umweltschützerin noch einmal informieren und finden, dass die Jahrzehnte alten Bäume unbedingt erhalten bleiben sollten.

Stadtplaner kritisiert fehlende Visionen für Karlsruhes Kaiserstraße

Jochen Karow betrachtet das Thema aus professioneller Sicht. Er arbeitet als Stadtplaner und sagt ganz klar, dass die Infrastruktur, also die Leitungen unterhalb der Kaiserstraße, saniert werden müssen. Als Stadtplaner plane man immer von oben nach unten: zunächst die städtebauliche Gestaltung, dann der Leitungsbau. In Karlsruhe werde das aber umgekehrt gemacht.

Die 1,5 Kilometer lange Kaiserstraße ist aus seiner Sicht sowohl städtebauliches Problem, als auch Potenzial. Ihre langweilige Geradlinigkeit müsse mit Neuem zwischen den bestehenden Platanen zu etwas Spannendem, Charaktervollem werden. Karow benutzt oft das Wort Visionen. Die fehle ihm in Karlsruhe. Hohe Bäume brauche es in der Kaiserstraße auch deshalb, um damit die Nachkriegsfassaden zu verdecken.

Am Dienstag, 20. Dezember, entscheidet der Karlsruher Gemeinderat in seiner öffentlichen Sitzung, ob die Platanen gefällt werden – oder stehen bleiben dürfen.

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