Steht ein E-Scooter quer auf einem Gehweg in Karlsruhe, hängt Beate von Malottki ein schwarz-gelbes Papierschild an den Lenker. „Dieses Fahrzeug steht uns im Weg! Gelbe Karte für Falschparker!“, steht auf der Vorderseite.
„Gehwege freihalten, Unfälle vermeiden!“ auf der Rückseite. Malottki ist blind und stellvertretende Vorsitzende im Karlsruher Beirat für Menschen mit Behinderung. Querstehende E-Scooter sind für sie sehr gefährlich.
„In Bremen stürzte ein blinder Mann über einen E-Scooter und zog sich einen Oberschenkelhalsbruch zu“, berichtet die Karlsruherin. Sie selbst sei bislang noch nicht gestürzt. „Ich kenne aber sehbehinderte Menschen in Karlsruhe, denen das schon passiert ist.“ Deshalb zeigt sie mit den anderen Mitgliedern des Beirats seit Mittwochnachmittag die Gelbe Karte. 2.500 von ihnen wollen sie bis in den Sommer hinein verteilen.
Gelbe Karte für gefährlich abgestellte E-Scooter
E-Scooter sind fester Bestandteil des Karlsruher Stadtbilds. Selbst im südlichen Stadtteil Rüppurr mit größerer Entfernung zur Innenstadt stehen sie kreuz und quer auf den Gehwegen.
Wie abgestellt und nicht wieder abgeholt. Mit der Aktion Gelbe Karte will der Beirat auf die Gefahr der E-Scooter für Menschen mit Behinderung hinweisen. Dabei sollen nicht nur die Nutzer und Verleihfirmen für die Problematik sensibilisiert werden. „Wir wollen auch diejenigen erreichen, die die Scooter mutwillig umstoßen“, sagt der Beiratsvorsitzende Artur Budnik.
Die Aktion hat der Allgemeine Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin im Herbst initiiert. Auch in anderen Städten wie München oder Hannover wird nun die Gelbe Karte für gefährlich abgestellte E-Scooter verteilt.
Erhöhtes Unfallrisiko und unüberwindbares Hindernis
„Bei Straßenbahnhaltestellen oder vor Hauseingängen stehen E-Scooter auch oft quer“, berichtet von Malottki. Vor ihrer eigenen Haustüre habe sie das schon erlebt. Hätte sie den Stock vergessen oder wäre ihr Mann nicht dabei gewesen, wäre sie gestürzt, erzählt die blinde Frau.
Auch Ulrike Wernert hat schon gefährliche Situationen erlebt. Sie ist die Kommunale Behindertenbeauftragte in Karlsruhe und sitzt im Rollstuhl.
„Wenn ein E-Scooter mitten auf dem Gehweg steht, komme ich oft nicht vorbei. Dann muss ich mit dem Rollstuhl auf die Straße“, berichtet sie. Doch nicht nur Menschen mit einer Behinderung sind davon betroffen. Menschen mit Kinderwagen oder Rollator hätten die gleichen Probleme.
Am besten sollten Nutzer E-Scooter an Fahrradparkplätzen abstellen, vor Pfosten oder Laternenmasten sowie am Rand von Grünflächen, so der Vorschlag des Beirats. Einige Anbieter sind ebenfalls aktiv geworden und fordern, dass der Nutzer ein Foto vom abgestellten E-Scooter macht und in die App hochlädt.
„Aber es wird vermutlich gar nicht kontrolliert, ob der E-Scooter gut abgestellt wurde“, vermutet Budnik. „Außerdem kann der Nutzer das Foto auch so machen, dass man den Abstellplatz nicht genau sieht.“
Beirat schlägt Parkplätze für E-Scooter vor
Der Beirat schlägt deshalb vor, dass die Stadt Flächen für E-Roller-Parkplätze ausweist. Doch dafür muss die Stadt den Anbietern eine Sondernutzungserlaubnis erteilen. Davor schrecke die Stadtverwaltung noch zurück, sagt Budnik.
Seine große Hoffnung ruht auf dem kürzlich vom Verwaltungsgericht Münster getroffenen Urteil. Darin verpflichtet das Gericht die Stadt, schnell klare Regelungen für den Umgang mit E-Scootern zu finden, die ein Hindernis für andere Menschen darstellen.
Für den März plant Münster, den Leihfirmen eine Sondernutzungserlaubnis für öffentliche Flächen zu erteilen, sodass Nutzer die Scooter an ausgewiesenen Stellen abstellen können. „Das Urteil ist die Initialzündung in Deutschland“, sagt Budnik. Er schlägt vor, Abstellflächen für E-Scooter etwa neben bereits bestehenden Fahrradstellplätzen auszuweisen.