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Sternchen in der Verwaltung

Genderdebatte im Karlsruher Gemeinderat: Junge Frauen gegen ältere Männer

Die möglichst gerechte Ansprache aller Geschlechter spaltet in Deutschland seit Jahren die Gemüter. Nun hat die Debatte den Karlsruher Gemeinderat erreicht - und dabei alle gängigen Klischees erfüllt.

Gendern
Zum Gendern mit Sonderzeichen gehören das Gendersternchen sowie das Gendern mit Doppelpunkt, Unterstrich, Schrägstrich und Binnen-I. Foto: Tanja Mori Monteiro

Es ist kein Zufall, dass bei der Gemeinderatsdebatte um den Einsatz des Gendersterns in der Verwaltungskommunikation Mathilde Göttel als jüngste Stadträtin für die Linkspartei das Wort ergreift und von ihren persönlichen Erfahrungen berichtet.

„Als Frau erlebt man jeden Tag, dass man eigentlich nur die Abweichung einer männlichen Norm ist“, richtet die Linken-Rätin klare Worte an das Gremium. Die Verwaltung sei jedoch für alle Menschen gleichermaßen da und müsse deshalb bei der Kommunikation den gebotenen Respekt wahren.

Als Frau erlebt man jeden Tag, dass man eigentlich nur die Abweichung einer männlichen Norm ist.
Mathilde Göttel, Linken-Stadträtin

Mit dem Vorwurf älterer Männer, dass junge Frauen, die sich für eine geschlechtergerechte Sprache einsetzen, „nervig“ seien und die Debatte „überhöht“ werde, könne sie sehr gut leben, sagte Göttel. „Sonst gehen auch Debatten wie über die gerechte Bezahlung von Frauen nicht weiter.“

Frauen im Karlsruher Gemeinderat setzen sich fürs Gendern ein

Es ist sicherlich auch kein Zufall, dass bei dieser Debatte Jorinda Fahringer und Yvette Melchien, die Frauen aus den Fraktionsspitzen von Grünen und SPD, das Wort ergreifen. Sie plädieren wie Göttel für den von der Verwaltung vorgeschlagenen Einsatz des Gendersterns.

„Sprache ist nur ein kleiner Baustein, aber ein wichtiger“, sagt Melchien (SPD). „Dass es nur zwei Geschlechter gibt, trifft nicht einmal biologisch zu“, betont Grünen-Rätin Fahringer. Schließlich gebe es diverse und intersexuelle Menschen sowie solche, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlten.

Sprache ist nur ein kleiner Baustein, aber ein wichtiger.
Yvette Melchien, SPD-Stadträtin

Für die FDP ergreift Annette Böringer, die einzige Frau in der vierköpfigen Fraktion, das Wort. Auch sie begrüßt den Vorschlag der Verwaltung.

Gendern in der Verwaltung: Bundesverfassungsgericht gibt Richtung vor

Weil dieser Umstand auch vom Bundesverfassungsgericht gewürdigt wurde, hatte die Verwaltung den Einsatz des Gendersterns in einem Pilotprojekt erprobt und wegen der positiven Erfahrungen nun auch für die weitere behördliche Kommunikation empfohlen.

Abwarten sei keine Option, betont Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD), einen Weg zurück gebe es ebenfalls nicht. „Wir sind ein Teil dieser Gesellschaft und müssen eine Lösung finden“, so Mentrup weiter. Ob die Lösung am Ende der Genderstern ist, stehe noch in den Sternen.

Die Karlsruher Stadtverwaltung will ein Kompendium zum Umgang mit geschlechtergerechter Sprache entwickeln und sämtliche Möglichkeiten wie Umschreibungen und neutrale Anreden prüfen.

Skepsis bei den älteren Männern im Karlsruher Gemeinderat

Bei den Gender-skeptischen Mitgliedern des Gremiums erzeugen diese Ausführungen keine Begeisterung. Wahrscheinlich ist es auch kein Zufall, dass die kritischen Stimmen ausschließlich von älteren Männern vorgebracht werden.

Für ihn persönlich sei das „Sternchen“ eine „Verhunzung der deutschen Sprache“ und dazu ein „verkopftes Vorgehen“, das mit der Lebensrealität der Menschen nichts zu tun habe, sagt KAL-Stadtrat Lüppo Cramer. Für Friedemann Kalmbach, Fraktionsvorsitzender Freie Wähler (FW) und Für Karlsruhe, ist die Debatte um den Genderstern „aufgepropft“ und „von Eliten getrieben“.

Die Diskussion über den Sinn und Zweck des Gendersternchens sei noch nicht abgeschlossen, steuert der CDU-Fraktionschef Detlef Hofmann bei. Deshalb solle die Stadt lieber abwarten und nach anderen Möglichkeiten für eine gendergerechte Sprache suchen. Ein entsprechender Antrag der CDU wird aber ebenso abgelehnt wie der Vorstoß der AfD auf einen generellen Verzicht zum Gendern.

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