Skip to main content

Menschen bis 25 Jahre

Sieben Leute, sieben Meinungen: Was beschäftigt junge Menschen in der Region Karlsruhe?

Was beschäftigt junge Menschen und wie sehen sie überhaupt ihre eigene Generation? Unter anderem darüber hat die Redaktion mit sieben Menschen unter 25 Jahren aus der Region gesprochen.

Zwei Freundinnen sitzen nebeneinander und klatschen sich einvernehmlich ab.
Zwei Freundinnen sitzen nebeneinander und klatschen sich einvernehmlich ab. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Die Gesellschaft begegnet jungen Menschen oft mit Vorurteilen. Doch wie ticken sie wirklich? Was sind ihre Lebensziele, welche Ängste und Hoffnungen haben sie und wie sehen sie auf diese krisengeschüttelte Welt?

Wir haben mit sieben jungen Menschen der Generation Z gesprochen und gefragt, was sie beschäftigt, welche Ängste sie haben und mit welchem Blick sie auf ihre eigene und andere Generationen sehen.

Student am KIT in Karlsruhe strebt Beruf in Führungsposition an

Wendelin Karg will etwas bewegen. Ob als Moderator beim Campusradio Karlsruhe oder in der Studierendenvertretung: Er übernimmt gern Verantwortung. Deshalb strebt er im Beruf eine Führungsposition an. „Ich will mein eigener Chef sein und ein Team anleiten.“

Elektrotechnik-Student, KIT-Student
Wendelin Karg, Elektrotechnik-Student am KIT. Foto: Marcel Kisch

Demnächst fängt der 22-Jährige sein Masterstudium in Elektro- und Informationstechnik am Karlsruher Institut für Technologie an. Er kann sich vorstellen, anschließend zu promovieren. Karg sagt: „Es ist mir schon wichtig, erfolgreich zu sein.“ Er wünscht sich zwar ein gutes Gehalt, das sei aber nicht sein Hauptaugenmerk. Er will, dass seine Arbeit einen positiven Einfluss auf andere Menschen hat.

Mit Blick auf die Generation Z sagt Karg: „Wir sind eine sehr gestresste Generation.“ Durch Social Media seien sie es gewohnt, sich sehr stark mit anderen zu vergleichen. Das Klischee der arbeitsfaulen Jugend hält er für übertrieben.

Es sei richtig, dass junge Menschen einen andere Arbeitseinstellung hätten als vorherige Generationen. Das liege aber auch daran, dass psychischer Gesundheit mehr Aufmerksamkeit geschenkt und beruflicher Erfolg nicht über alles gestellt wird.

Ettlinger will in Zukunft finanziell abgesichert sein

Für Mark Eichwald gab es keine langen Überlegungen. Es war sofort klar, den Geflüchteten aus der Ukraine zu helfen. „Ich wollte die Prozesse beschleunigen“, sagt er. Deshalb hat der in Ettlingen lebende 20-Jährige als Dolmetscher ausgeholfen, Besorgungen erledigt, Taxi-Dienste übernommen oder Spenden verteilt.

„Es ist wichtig sich in der Gesellschaft einzubringen“. Für sein Engagement hat er den Ehrenamtspreis der Stadtwerke Ettlingen erhalten.

Mark Eichwald
Mark Eichwald. Foto: Mark Eichwald

Eichwald ist ein Kind von Spätaussiedlern aus Russland. Dass der Krieg sich ausdehnt, glaubt er nicht. Viel mehr bereiten ihm die steigenden Preise Sorgen. Insgesamt blickt er wenig optimistisch in die Zukunft. „Es hat sich eine bittere Akzeptanz in mir entwickelt“. Aktuell studiert er Maschinenbau. Später hegt er den Wunsch finanziell abgesichert zu sein.

Über die Arbeit hat er ein klares Bild. Bereits mit 14 Jahren hat er mit kleineren Jobs angefangen zu arbeiten. „Freizeit ist gut, sich aber vor der Arbeit zu drücken, ist falsch“. Viele Gleichaltrige wüssten nicht, wie man mit Geld umgeht und hätten deshalb ein falsches Bild vom Arbeitsleben. „Die Jugendlichen müssen kommunizieren, was sie wollen.“

16-Jährige fürchtet sich vor Krieg, Energienot und der Klimakrise

Carolin Moser hat Angst. Vor Krieg, Energienot – und vor der Klimakrise. Statt vor Furcht jedoch zu erstarren und still zu werden, geht die 16-Jährige aus Karlsruhe bei „Fridays for Future“ auf die Straße – und ist laut. „Irgendwo muss man anfangen“, sagt sich die Schülerin. Die Klimakrise als Wurzel vieler anderer Probleme war für das Engagement der jungen Frau daher naheliegend.

Wenn der eine Kampf gewonnen ist, folgt der nächste.
Carolin Moser, engagiert sich bei „Fridays for Future“

Carolin Moser
Carolin Moser setzt sich bei Fridays for Future in Karlsruhe aktiv gegen die Klimakrise ein. Foto: Alena Wacker

Was ihre Generation von vorherigen unterscheidet, liegt für sie auf der Hand: „Wir sind viel vernetzter und bekommen mehr von der Welt mit.“ Der „Blick über den eigenen privilegierten Tellerrand“ war es auch, der in Moser das Pflichtgefühl geweckt hat, etwas tun zu müssen.

Gerade das Handeln habe die Politik in der Vergangenheit lange versäumt, sagt die Schülerin. Hass gehört trotz allem nicht zu ihrem Klima-Aktivismus. Sie will den Politikern nur deutlich machen: „Wir brauchen euch jetzt mehr als zuvor.“

Dass sie von anderen jungen Menschen umgeben ist, die im Kampf gegen die Klimakrise hartnäckig sind, spornt die 16-Jährige an. „Wenn der eine Kampf gewonnen ist, kommt der nächste.“ Daher brauche es diese ausdauernden Menschen. Und so gesellt sich zu Mosers Angst am Ende noch ein weiteres, weit positiveres Gefühl: Hoffnung.

Vorsitzenden der jungen Liberalen in Karlsruhe ist LGBTQ-Szene wichtig

Leonie Emelie Flögel denkt liberal. Davon sei sie familiär geprägt. Die Freiheit ist der 22-Jährigen wichtig. „Ich gestalte mein Leben gerne, wie ich möchte.“ Welchen Hobbys beispielsweise jemand nachgehe oder wie er seinen Alltag gestalte, sollte ihr nach jedem selbst überlassen sein.

Die Vorsitzende der „Jungen Liberalen“ (Julis) Karlsruhe Leonie Emelie Flögel.
Politisch findet sich Leonie Emelie Flögel bei den Julis beziehungsweise der FDP am ehesten wieder. Foto: Peter von Kürten

Flögel persönlich ist die LGBTQ-Szene wichtig. Für die Rechte homosexueller und queerer Menschen will sie sich als Vorsitzende der „Jungen Liberalen (Julis) Karlsruhe einsetzen. Was viele beim Liberalismus falsch verständen, sei, „dass nicht jeder machen kann, was er will, sondern nur, solange er dabei niemandem zu nahe an die Grenze kommt“.

Ihre eigene Generation sieht sie dafür aufgeklärt, beispielsweise was Geschlechterrollen oder den Klimaschutz betreffe. Teilweise idealisiere sich die Generation aber, „dass wir denken zu wissen, was das Beste ist“.

Ein Problem davon sei, dass die Menschen in ihrem Alter bereits viel mit sozialen Medien aufwuchsen und viel darin lebten, anstatt „im Hier und Jetzt“. Dass Medien wie Zeitungen ihre Angebote auf Facebook und Instagram ausbauten, hält Flögel aber trotzdem für richtig. „Man muss dahingehen, wo die Leute sind, um auch auf sich aufmerksam zu machen.“

Jolina Klinger macht demnächst ein Praktikum bei einer Sozialstation

Neue Freundinnen zu finden, ist für Jolina Klinger (18) aus Bischweier kein Problem. „Wenn ich neu bin und keinen kenne, dann gehe ich hin und rede mit denen“, sagt sie. Jolina erzählt viel und springt quer durch alle Themen. Lasagne, Familie, Tanzen, die Narrenzunft „Knöpfle“, Ausflüge mit der Lebenshilfe, eine Reise nach Kreta, die Musik der Rapperin Juju – alles Dinge, die ihr am Leben gefallen. Sie überlegt kurz, dann muss sie kichern. „Und Knutschfilme mag ich auch.“

Jolina Klinger steht vor einer Tür.
Jolina Klinger möchte ein Konzert der Rapperin Juju besuchen. Foto: Christoph Kölmel

Unter Gleichaltrigen fühlt Jolina sich wohl. Von denen gibt es an der Josef-Durler-Schule in Rastatt eine Menge. Dort bereitet sie sich auf einen Beruf auf dem ersten Arbeitsmarkt vor.

Bald macht sie ein Praktikum bei einer Sozialstation. „Da schaue ich, ob mir das gefällt“, sagt Jolina. Ein festes Ziel habe sie aber noch nicht. „Das kommt dann später.“

Wie sieht sie die heutige Jugend? „Die sind alle nett“, sagt sie und denkt dabei an ihre Freundinnen. In der Pause steht sie mit ihnen gern auf dem Schulhof zusammen. „Da sind wir cool und lachen uns tot.“ Ein großer Wunsch für die Zukunft: Jolina möchte unbedingt mal auf ein Konzert von Juju. „ Das wäre so toll.“

Lucas Burmester nimmt die Dinge meist locker: „Weil’s Spaß macht.“

Lucas Burmester nimmt die Dinge locker. Will man wissen, warum er was macht, ist die Antwort meist: „Weil’s Spaß macht.“ Und ein breites Grinsen.

Lucas Burmester, 23 Jahre
Lucas Burmester. Foto: Muriel Kern

Sein Lehramtsstudium an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe – Mathe und Sport – fällt ihm leicht. In seiner Freizeit schwingt sich der 23-Jährige aufs Rad, um sich zum Beispiel mit einer Freundin zum Bouldern zu treffen. Freunde und Sport ist die bevorzugte Kombination im Alltag des Karlsruhers.

Und die Zukunft? Kurz verschwindet die Leichtigkeit in seinem Blick. Er überlegt. „Wenn ich ehrlich bin, so richtig optimistisch schaue ich nicht in die Zukunft.“ Die Diskrepanz zwischen einer von Krisen überschwemmten Welt und dem Willen, sich davon „im Alltag nicht einschränken“ zu lassen, blitzt kurz auf. Burmester will das Beste für sich rausholen, sagt er.

„Ich glaube, ich mache viel richtig, aber aus den falschen Gründen.“ Er meint damit unter anderem seine Kaufentscheidungen. Er ist kein Fan von schnelllebigen Artikeln, schwärmt von seinen Fahrradtaschen von Oakley – aus nachhaltigem Material, nicht ganz billig. Aber um der Umwelt was Gutes zu tun, so ehrlich ist Burmester, hat er sie nicht gekauft.

Box-Talent Charlotte Rötten plant Medizin zu studieren

Im Alter von drei Jahren nahm ihr Vater sie zum ersten Mal zu einem Kampfsport-Training mit – heute boxt Charlotte Rötten erfolgreich beim Bruchsaler Pugilist Boxclub. „Früher wollte ich Profi-Boxerin werden“, sagt die 17-Jährige.

Dabei bleibt sie allerdings realistisch: Das Ziel, irgendwann an einer Europa- oder Weltmeisterschaft teilzunehmen, bleibt. Die Vorstellung, vom Sport allein leben zu können, hat Rötten schon lange abgelegt.

Normalerweise trainiert sie bis zu sechsmal pro Woche, um für ihre Kämpfe im ganzen Land fit zu bleiben. Kurz vor den Abiturprüfungen am Justus-Knecht-Gymnasium Bruchsal steht das Training aber hinten an.

Charlotte Rötten
Charlotte Rötten Foto: Annalena Göbel

Ab dem Herbst will Rötten Medizin studieren. Damit verfolgt sie neben dem Boxen ihren zweiten Kindheitstraum: „Ich will den Menschen helfen.“

Bevor es nach dem Schulabschluss mit dem Medizinstudium losgeht, will Rötten die freie Zeit nutzen, um zu reisen. Und damit auch einen Teil dessen aufholen, was sie in den vergangenen Jahren gar nicht erst erleben konnte. Die Möglichkeiten, die sie und Gleichaltrige in ihrem Umfeld jetzt haben, wurden in ihrer Wahrnehmung verstärkt durch die Einschränkungen der vergangenen Jahre: „Jetzt können wir wieder mehr leben.“

nach oben Zurück zum Seitenanfang