Es ist der erste Morgen des neuen Lockdowns. Doch auf dem Marktplatz herrscht Hochbetrieb. Die Feuerwehr ist mit großem Aufgebot an der Pyramide vorgefahren. Acht knallrote Feuerwehrautos stehen auf dem neuen Pflaster. Es ist kein Ernstfall. Kein Blaulicht, keine Sirene. Im Rathaus brennt nicht die Luft. Es gibt nichts zu löschen. Aber unter der Erde läuft eine große Übung, wie es sie so noch nicht gegeben hat: 20 Feuerwehrleute von der Hauptwache proben den Ernstfall in der U-Strab.
Nicht ein Brand in der Röhre wird angenommen. Die entsprechende Großübung soll erst im Frühling laufen, ein halbes Jahr vor der geplanten Inbetriebnahme der U-Strab im Dezember 2021. Diesmal trainiert die Wehr in der Untergrundstation Marktplatz, was sie schon oft am oberirdischen Gleis geleistet hat: Eine Person ist unter die Straßenbahn geraten – und die Feuerwehr befreit den Verletzten, so schnell und sicher es nur geht.
120 Feuerwehrleute werden im Untergrund geschult
Weitere 100 Kollegen folgen den ersten 20 Leuten von der dritten Abteilung der Hauptwache in fünf Schichten zu je drei Stunden bis Mittwochabend. Dabei rücken nachmittags die Kollegen vom Einsatzzug der Wache West an. So absolviert die ganze Karlsruher Berufsfeuerwehr ihr erstes U-Strab-Übungsprogramm im Kompaktkurs, wie Oberbrandrat Markus Pulm erklärt.
Die Karlsruher können also davon ausgehen, dass der Marktplatz für drei Tage eine Fahrzeugschau der Feuerlöscher bietet. Möglicherweise werden sie auch von Signalhörnern und Blaulicht in rasender Kolonne erschreckt, wenn ein kompletter Wachzug der Feuerwehr bei einem echten Alarm direkt vom Übungsort unter dem Marktplatz durch die Kaiserstraße zum Löschen rast.
Ein Dummy ist eingeklemmt
Eine Dummy-Puppe liegt eingeklemmt unter dem Niederflurwagen 260, der zu Übungszwecken wie der Zwei-System-Stadtbahnwagen 947 drei Tage in 15 Meter Tiefe am Bahnsteig parkt. „Der U-Strab-Probebetrieb ruht in dieser Zeit im ganzen Tunnel“, berichtet Andrea Beyer, VBK-Projektleiterin für die Inbetriebnahme.
Die Feuerwehrleute schleppen schweres Gerät und Werkzeugkisten vom Marktplatz über die Treppen nach unten. Von beiden Seiten des Waggons gehen sie koordiniert per Lichtzeichen vor. Mit einer hydraulischen Winde wird der tonnenschwere Zug gelupft, um das Opfer zu befreien. Als erstes haben die Retter zuvor den Strom per Erdungskurzschließer abgeschaltet. Das ist im U-Strab-Tunnel absolut nötig, weil dort zum Vermeiden eines unkontrollierten Kurzschlusses nicht wie im Freien agiert werden könne, bevor der Wagen angehoben wird, erklärt Pulm.
Trotz der neuerlichen Verschärfung der Pandemie ziehe die Feuerwehr nach Abwägung jetzt das kompakte Übungskonzept wegen dessen Wichtigkeit in der U-Strab durch, betont Pulm. „Dort rollen doch schon Bahnen im Probebetrieb“, da könne immer jemand unter die Räder kommen. Und dafür müsse die Feuerwehr jetzt gewappnet sein. Eine große Brandschutzübung aber sei erst sinnvoll, wenn die komplette Tunneltechnik mit Absauganlage und Brandschutzvorhängen funktioniere, erklärt der Oberbrandrat.