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Großhandel aus Kronau

Karlsruher Gericht verhandelt über mutmaßlichen Millionenbetrug mit Dönerspießen

Der Chef eines mittlerweile insolventen Döner-Großhandels aus Kronau soll Millionen Euro am Staat vorbeigeschleust haben. Nun muss er sich deshalb vor dem Amtsgericht Karlsruhe verantworten. Der Prozess begann mit der Suche nach angeforderten Beweismitteln.

15.03.2022, Baden-Württemberg, Karlsruhe: Der Angeklagte in einem Prozess wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe, wartet im Amtsgericht auf den Beginn der Verhandlung. Der frühere Geschäftsführer eines mittlerweile insolventen Dönerspießherstellers soll in den Jahren 2017 bis 2019 in acht Fällen Steuern mit einer Gesamtschadenssumme in Millionenhöhe hinterzogen haben. Foto: Uli Deck/dpa – ACHTUNG: Person(en) wurde(n) aus rechtlichen Gründen gepixelt +++ dpa-Bildfunk +++
Angeklagt: Ein 56 Jahre alter früherer Geschäftsführer eines Döner-Großhandels sieht sich vor dem Karlsruher Amtsgericht mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung in Millionenhöhe konfrontiert. Foto: Uli Deck/dpa

Am Karlsruher Amtsgericht hat am Dienstag der Prozess gegen den ehemaligen Geschäftsführer eines mittlerweile insolventen Dönerspieß-Herstellers aus Kronau begonnen.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 56-Jährigen vor, selbst Steuern in Millionenhöhe hinterzogen und mindestens 15 Besitzer von Dönerbuden in Karlsruhe und der Region dabei unterstützt zu haben.

Ärger beim Karlsruher Amtsgericht wegen fehlender Ermittlungsakten

Für die Strafverfolgungsbehörden begann der Prozess holprig. Minutenlang versuchte der Vorsitzende Richter Constantin Hofmann, den Verbleib von vor Monaten angeforderten Akten zu klären.

Er hatte das Verfahren im November 2021 zunächst ausgesetzt, weil auf Anregung des Verteidigers Ralf Steiner die Ermittlungsakten zu den Fällen der 15 Dönerbuden-Betreiber hinzugezogen werden sollten. Bis heute sind allerdings nur neun davon angekommen, eine in letzter Minute.

Mit bohrenden Fragen an die Staatsanwaltschaft und einen Vertreter der Straf- und Bußgeldsachenstelle des Finanzamtes Karlsruhe-Durlach drückte Hofmann sein Unverständnis aus. Die gaben sich einsilbig, präzise Informationen gab es nicht. Vermutlich liege ein Teil der Akten beim Amtsgericht Baden-Baden, weil einige Fälle dort verortet seien. Die sollen nun angefordert werden. Ob sie noch in den Prozess einfließen, ist unklar.

Anonyme Schreiben belasten den Unternehmer

„Wenn der Nachweis der Hauptsache nicht geführt werden kann, kann eine Verurteilung wegen Beihilfe scheitern“, warnte Richter Hofmann die Strafverfolger.

Bei Verteidiger Steiner entschuldigte er sich, da diesen wichtige Akten erst sehr spät erreichen – auch weil das Gericht sie zunächst an den falschen Rechtsanwalt geschickt hatte. Als „befremdlich“ bezeichnete Steiner das Vorgehen von Staatsanwaltschaft und Finanzermittlern. Ihnen warf er eine „Blockade“ vor.

Ins Visier der Ermittler kam der 56 Jahre alte Angeklagte mutmaßlich durch mehrere, teils anonyme Schreiben und E-Mails, die unter anderem bei den Finanzämtern in Stuttgart und Bruchsal sowie beim Hauptzollamt in Karlsruhe eingingen.

Der Geschäftsmann verkaufe nur 60 Prozent seiner Dönerspieße auf Rechnung und den Rest unter der Hand, lautet einer der zentralen Vorwürfe. Ähnlich ist es nun in der Anklageschrift zu lesen.

Steuerhinterziehung: Viele Dönerbuden im Großraum Karlsruhe waren mutmaßlich involviert

Zunächst habe der 56-Jährige mit anonymisierten Rechnungen und Lieferscheinen gearbeitet. Damit habe er 15 Dönerbuden in Karlsruhe, Durmersheim, Baden-Baden, Rheinstetten, Rastatt, Gaggenau, Kuppenheim, Waldbronn, Waghäusel, Ubstadt-Weiher und Lichtenau ermöglicht, teils Zehntausende Euro Steuern zu „sparen“.

Dönerspieße drehen sich in einem Imbiss.
Ohne Rechnung: Der Angeklagte soll an verschiedene Buden in der Region Dönerspieße „schwarz“ verkauft haben. Foto: Sven Hoppe/dpa

Im eigenen Betrieb in Kronau arbeitete der Unternehmer anfangs noch sauber, glaubt die Staatsanwaltschaft. Anonymisierte Rechnungen erfasste er über ein Sammelkonto.

Das änderte sich nach Überzeugung der Ankläger aber im November 2016. Danach seien Lieferscheine teils vernichtet worden. Seine Firmen und er selbst sollen innerhalb von drei Jahren eine siebenstellige Summe hinterzogen haben.

Prozess um Großhandel aus Kronau: Versuch einer Einigung im November gescheitert

Einen ersten Einblick in seine Strategie erlaubte Verteidiger Steiner schon vor Beginn der Beweisaufnahme. Er zog die aufgeführten Zahlen in Zweifel. Die Ermittler hätten nicht berücksichtigt, dass die Zahl der Firmenkunden nach einer ersten Durchsuchung innerhalb weniger Monate auf die Hälfte geschrumpft sei.

Zur Person oder zur Sache wollte sich der Angeklagte zunächst nicht äußern. Beim ersten Termin im vergangenen November war laut Richter Hofmann der Versuch einer Einigung gescheitert. Verteidiger Ralf Steiner hatte der Staatsanwaltschaft eine Strafe zur Bewährung vorgeschlagen. Die wollte sich auf keinen Deal unter zweieinhalb Jahren Haft einlassen.

Für den Prozess sind fünf Verhandlungstage angesetzt, bereits am 17. März soll es weitergehen. Als Zeugen sind unter anderem zahlreiche Dönerbuden-Besitzer geladen. Zwei wurden wieder ausgeladen, weil sie über ihre Anwälte bereits angekündigt haben, die Aussage verweigern zu wollen.

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