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Falscher Auftrag

Karlsruher Gin-Firma schrammt knapp an der Katastrophe vorbei

Es war ein riesiger Auftrag für ein kleines Durlacher Unternehmen: Eine französische Einkaufskette bestellt bei Breaks Gin viele Flaschen des hochprozentigen Getränks. Doch als die Produktion schon lange angelaufen ist stellt sich heraus, alles war gefälscht.

Geschäftsführer Harald Reinholz bietet den abgefüllten Gin, der für den gefälschten Auftrag produziert wurde, nun als sogenannten Unterstützer-Gin an.
Viele Flaschen auf Lager: Geschäftsführer Harald Reinholz bietet den abgefüllten Gin, der für den gefälschten Auftrag produziert wurde, nun als sogenannten Unterstützer-Gin an. Foto: Jörg Donecker

Da schien er zu sein: Der Silberstreif am Horizont. Nach Corona und mitten im Ukraine-Krieg mit gestiegenen Rohstoff- und Betriebskosten freute sich die in der Durlacher Ottostraße ansässige Firma Breaks Gin über einen richtig guten Auftrag aus Frankreich.

Geschäftsführer Harald Reinholz schlief mit großen Erwartungen ein und wachte dann „in einem Krimi wieder auf“, wie er erzählt. Was war geschehen?

Die reale Firma wurde von unserer Versicherung für gut befunden.
Harald Reinholz,Geschäftsführer

Vor etwa vier Monaten erhielt die Firma, die originelle Gin-Spezialitäten anbietet, einen verhältnismäßig großen Auftrag. Eine französische Einkaufskette bestellte viel Gin, nämlich deutlich mehr als 30.000 Flaschen. Eine Herausforderung den achtköpfigen Betrieb. Das Lager musste ausgebaut und mehr als 200.000 Euro in die Hand genommen werden, um dem Kunden gerecht zu werden.

„Bei Bestellungen dieser Größenordnung aus dem Ausland sind wir natürlich vorsichtig“, erläutert Geschäftsführer Reinholz. Man habe die Firma überprüft, alles habe seriös ausgesehen. „Die reale Firma wurde von unserer Versicherung für gut befunden.“ Wer konnte ahnen, dass nichts gut war?

Misstrauen war „Glück im Unglück“

Es war alles gefälscht: Steuernummer, Briefköpfe, Stempel, E-Mail-Adressen, Telefonnummern. 6.000 Flaschen waren in Karlsruhe bereits mit französischen Etiketten versehen und abgefüllt worden, weitere 30.000 warteten im Tank. Doch dann gab es doch zwei winzig kleine Unstimmigkeiten: Die E-Mail-Adresse der echten Firma endete mit „.com“ wohingegen die gefälschte auf „.fr“ lautete.

Ein erster Verdacht keimte auf. Dass die Telefonnummer des Einkaufsleiters auf dem Briefkopf anstelle einer üblichen Firmensammelnummer angegeben war, ist auch ungewöhnlich. Dieses Misstrauen war, so Reinholz, „Glück im Unglück“. Der Deal platzte.

Wäre die Ware verabredungsgemäß abgeholt (und voraussichtlich nie bezahlt) worden, hätte seine kleine Firma wahrscheinlich Insolvenz anmelden müssen. „Wenn die Straftat grenzüberschreitend ist, kann die deutsche Polizei nicht alleine ohne Weiteres tätig werden“, weiß Geschäftsführer Reinholz.

Seine Firma Breaks Gin habe versucht, aus der Not eine Tugend zu machen – und vermarktet den nicht gelieferten Gin nunmehr als sogenannten Unterstützer-Gin. Man sei gerührt über das Echo der Kunden „Wir sind so happy, dass an unserem Schicksal Anteil genommen wird.“

Betrüger verfolgen eine alte Masche

Die Karlsruher Kriminalpolizei bestätigte auf Anfrage dieser Redaktion, dass die Aktion ein nach Paragraph 263 Strafgesetzbuch strafbarer Tatbestand des Waren-/Warenkreditbetrugs ist. Eine alte Masche. Bestellungen unter falschem Namen, falsche Lieferadresse. Bezahlt wird nie.

Oft nutzen die Betrüger die Identität echter Firmen. Diese Straftat betrifft alle Branchen, eher aber mittelständische Firmen mit begrenzten Recherchemöglichkeiten. Über die Zahl der in Karlsruhe geschädigten Firmen gebe es keine genaue Angabe, allerdings lägen Anzeigen wegen fingierter Bestellungen aus verschiedenen Branchen vor. Harald Reinholz habe auch E-Mails von anderen Betroffenen erhalten.

Das rät die Polizei

Das Betrugsdezernat rät: Neue Kunden durch persönlichen (Telefon-)Kontakt überprüfen. Im Internet die Kontaktdaten der angeblichen Firma selbst recherchieren. Liederadressen auf ihre Existenz überprüfen. Gibt es die Firma unter der angegebenen Adresse? Nicht den Angaben auf den möglicherweise gefälschten Schreiben und E-Mails blind glauben sondern selbst nach den Daten forschen. Internetseiten über mehrere Kanäle aufrufen, um Fakes zu erkennen. Prüfen, ob eine USt-Ident-Nummer vorliegt und ob das Impressum glaubhaft ist. Einsicht in das Handelsregister nehmen und im Internet den Namen der Firma mit dem Begriff Betrug verknüpfen.

Grundsätzlich sollte man bei lukrativen Geschäften mit Neukunden im Internet ein gesundes Misstrauen bewahren und die Bestell- oder Bezahlmodalitäten anpassen.

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