Hier lässt es sich aushalten. Mit viel Liebe zum Detail und ungezählten Stunden handwerklicher Arbeit haben Mojique Vincent Herrmann und Norman Marino Rugo vor etwa zwei Jahren in einem mehrstöckigen Haus am Bahnhofplatz drei Appartements eingerichtet.
Geräumige Küchen mit Kochzeile und Essbereich verschaffen den Wohnungen ebenso eine hohe Aufenthaltsqualität wie die zahlreichen Kunstwerke an den hohen Wänden.
Über 70.000 Euro haben die beiden Karlsruher nach eigenen Angaben in den Ausbau der Appartements investiert und zur Vermarktung das nach ihren Zweitnamen benannte Unternehmen „Vincent und Marino“ aus der Taufe gehoben.
„Unsere Zielgruppe sind vor allem Gruppen von Geschäftsreisenden, die sich mehrere Tage in Karlsruhe aufhalten und nicht ins Hotel wollen“, erläutert Herrmann das Geschäftsmodell.
In der Krise stehen die Appartements meistens leer
Die Idee für das Engagement in der Vermieterbranche kam den Freunden wegen der hohen Nachfrage bei den Angeboten der Vermittlungsplattform Airbnb. Um den knappen Wohnraum in Karlsruhe nicht zusätzlich zu strapazieren, haben sich die beiden Unternehmer aber gezielt für den Um- und Ausbau einer Gewerbeimmobilie entschieden.
Im vergangenen Jahr waren bereits Musiker vor Auftritten im Substage, Künstler der Schlosslichtspiele, etliche Gästegruppen von Hochzeiten sowie zahlreiche Firmenkunden von großen Karlsruher Konzernen zu Gast. Bis Anfang des Jahres flatterten noch zahlreiche Buchungen ins Haus.
Doch seit dem Beginn der Corona-Pandemie stehen die Appartements meistens leer. „Noch nicht einmal die Lockerungen im Sommer haben für eine Entspannung gesorgt. Viele große Firmen verzichten weiterhin auf Messen oder Konferenzen mit Gästen von außerhalb und dadurch bricht auch uns die wichtigste Zielgruppe weg“, sagt Hermann.
Mit dem neuerlichen Lockdown habe sich die Situation nun noch einmal verschärft, und Besserung sei noch lange nicht in Sicht.
Im Achat-Hotel ist Schadensbegrenzung angesagt
Von leerstehende Zimmern kann auch Michael Umlauf ein Lied singen. Der Direktor des Achat-Hotels am Mendelssohnplatz muss seit März fast jeden Tag Schadensbegrenzung betreiben. „Nach dem ersten Lockdown haben wir zunächst einmal komplett dichtgemacht und die Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt“, sagt Umlauf.
Doch auch die Wiedereröffnung im Juli sorgte nicht für die erhoffte Entspannung. Die Auslastung des Traditionshotels war während der Sommermonate lediglich halb so hoch wie in den Vorjahren.
Den Grund für die Flaute sieht auch Umlauf vor allem in den abgesagten Messen und Konferenzen. „Etwa die Hälfte unserer Gäste sind Geschäftsreisende“, sagt der Hotelchef. Eigentlich wollte er diesen Anteil durch einen Mix aus Werbung, zielgerichteten Angeboten und der Vernetzung mit verschiedenen Firmen in diesem Jahr auf mindestens 60 Prozent ausbauen.
„Im Januar ist diese Rechnung auch schon aufgegangen“, sagt Umlauf. Doch mittlerweile habe die Pandemie einen Strich durch sämtliche seriösen Kalkulationen gemacht.
Geschäftsreisende sind für Karlsruher Hotels die wichtigste Zielgruppe
Mit seinen Sorgen ist der Achat-Direktor nicht alleine. Laut den Erhebungen der Karlsruhe Touristik GmbH ist das Geschäft mit den Hotelübernachtungen nach mehreren Rekordjahren in Folge zwischen Januar und August mit rund 360.000 registrierten Übernachtungen im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent eingebrochen.
Eine Rückkehr zur Normalität ist nach Einschätzung von KTG-Abteilungsleiterin Jana Kolodzie erst möglich, wenn außer den Hotels auch wieder Messen und Konferenzräume geöffnet werden. „Für die Hotels in Karlsruhe sind klassische Veranstaltungsteilnehmer die wichtigere Einnahmequelle als Freizeitgäste und Touristen“, sagt Kolodzie.
Ihrer Einschätzung nach beträgt der Anteil von Geschäftsreisenden bei den von der KTG erfassten Übernachtungen bei annähernd 70 Prozent.
Wie lange Hotels wie das Achat ihren Betrieb während der Corona-Krise noch aufrechterhalten können, steht nach Umlaufs Einschätzung in den Sternen. „Die Fixkosten für Heizung, Miete und Reinigung fallen auch bei einer geringen Auslastung an“, sagt der Experte. „Und deshalb sprechen wir offen von einer existenzbedrohenden Situation.“