Skip to main content

Dramatischer Appell wegen Corona-Situation

Karlsruher Kliniken fordern den „Total-Lockdown“

Die Reaktionen auf die aktuelle Lage in der Pandemie und die drohenden Konsequenzen überschlagen sich. Auch die Krankenhäuser in Stadt und Region schlagen Alarm. Was fordern sie von der Politik?

Überlastet: Das Pflegepersonal und damit die Krankenhäuser kämpfen mit der angespannten Lage auf den Intensivstationen, wo immer mehr Covid-Patienten behandelt werden müssen.
Überlastet: Das Pflegepersonal und damit die Krankenhäuser kämpfen mit der angespannten Lage auf den Intensivstationen, wo immer mehr Covid-Patienten behandelt werden müssen. Foto: Frank Molter

Die Kliniken in Stadt und Region sind im Alarmzustand. Deshalb fordern sie gemeinsam den sofortigen „Total-Lockdown“. Mit ihrem dramatischen Appell versuchen die Klinikmanager, die Politik zu umgehend drastischen Maßnahmen auf, um den Notstand in den Krankenhäusern über Weihnachten und zu Anfang 2021 noch irgendwie zu verhindern.

Angesichts der aktuellen Rekordzahlen bei den Corona-Infizierten und bei den Covid-Toten in Deutschland sowie der drohenden Überlastung der Intensivstationen in Stadt und Region sprechen sie von der letzten Chance, um noch gravierendere Auswirkungen der Pandemie in diesem erst begonnenen Winter zu vermeiden.

„Die Kliniken im Stadt- und im Landkreis Karlsruhe schlagen Alarm und fordern Politik und Bürger zum Handeln auf“, heißt es in der Erklärung. Man reagiere damit auch im Anschluss an „den emotionalen Appell der Bundeskanzlerin am Mittwochabend und die aktuelle Einschätzung der Situation durch das Robert-Koch-Institut als besorgniserregend“. Michael Geißler, Geschäftsführer des Städtischen Klinikums Karlsruhe, möchte damit den Druck auf die Politik erhöhen: So schnell wie möglich, also noch deutlich vor Weihnachten, müsse der „Total-Lockdown“ kommen, meint er. Die Situation in den Krankenhäusern sei bereits jetzt kritisch.

„Es besteht absolute Dringlichkeit, die Corona-Fallzahlen zu reduzieren“, sagt Geißler. Die Kliniken verlegen schon in ihrem Verbund untereinander schwerstkranke Covid-Patienten, wenn ihre Intensivstationen volllaufen. Selbst der Maximalversorger Städtisches Klinikum hat am Donnerstag den ersten Intensivpatienten in die Karlsruher ViDia Kliniken verlegen lassen. Dabei sind auch dort schon die Kapazitäten teilweise überschritten. So herrscht beim Diakonissenkrankenhaus wegen der hohen Zahl der Kranken beim Pflegepersonal ein Aufnahmestopp für Covid-Patienten, wie ViDia-Vorstand Karl-Jürgen Lehmann erklärt.

Die Kliniken der Region sprechen von „einer alarmierenden Ausgangssituation“. Ihre Leistungsfähigkeit sei „auch im Nicht-Covid-Bereich durch den Personalaufwand sowie durch Infektionen und Quarantänemaßnahmen auch bei Beschäftigten deutlich eingeschränkt“. Etwa 30 Prozent der Operationen fallen aus. Die Versorgung im Notfall, ob Herzinfarkt, Schlaganfall oder Tumorleiden, sei aber absolut garantiert, versichern die Karlsruher Kliniken.

Kontakte auf Mindestmaß

„Damit sich die Situation nicht weiter verschärft“, müsse der weiteren Ausbreitung des Virus noch vor Weihnachten entschieden entgegengewirkt werden. „Um die Situation in den Griff zu bekommen, reicht der Teil-Lockdown nicht mehr aus“, unterstreicht Klinikumschef Geißler. Die Politik solle nun durch klare Einschnitte ins gesellschaftliche Leben dafür sorgen, „dass die Kontakte auf ein Mindestmaß reduziert werden“. Nur bei „einem nachhaltigen Absenken der Infektionszahlen könnten die Kliniken „eine adäquate medizinische Versorgung mittelfristig bis ins Frühjahr sicherstellen“. Nach Auffassung der Krankenhausmediziner müssen die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten am Sonntag konkret wirksame Maßnahmen beschließen. Es bestehe sonst „das zunehmende Risiko einer medizinischen Unterversorgung schwerkranker Patienten“.

Schnelle Impfung für alle Ärzte und Pfleger gefordert

Scharfe Kritik üben die Verantwortlichen für den Klinikbetrieb in Stadt und Region an den Impfempfehlungen des Bundesgesundheitsministeriums. Sie fordern, „dass das gesamte Krankenhauspersonal, das direkt an der Patientenversorgung beteiligt ist, in die höchste Priorisierungsstufe aufgenommen wird“. Falls aber, wie derzeit vorgesehen, zunächst nur die Kräfte, die mit besonders gefährdeten Patienten zu tun haben, geimpft werden, „könnte das die Funktion ganzer medizinischer Bereiche außerhalb der Hochrisikobereiche massiv gefährden“. Nur so bleibt nach Auffassung der Kliniken die medizinische Versorgung in der Pandemie erhalten, indem die Ärzte und Pfleger per Impfung schnell geschützt werden. Außerdem warnt Geißler vor einem Zwei-Klassen-Impfrecht für das Krankenhauspersonal, was den Versorgungsbetrieb zusätzlich gefährden könne.

Das Städtische Klinikum Karlsruhe hatte am Freitag insgesamt 48 Covid-Patienten. Davon lagen elf Personen auf der Intensivstation, unter ihnen sieben Beatmete. Klinikdirektor Martin Bentz betont dabei, dass man in der medizinischen Behandlung weiter Fortschritte mache, was sich in einer abnehmenden Sterbeziffer der Covid-Patienten im Klinikum niederschlage. Bei den VidDia Kliniken wurden laut Lehmann am Freitag 61 Covid-Patienten behandelt, darunter sieben beatmet von zehn auf der Intensivstation. Auch Lehmann spricht von „relativ kritischen Aussichten“, bei denen die Politik unbedingt handeln müsse.

nach oben Zurück zum Seitenanfang