Die Belastung der Stationen in den Karlsruher Krankenhäusern durch Covid-Patienten ist momentan sehr unterschiedlich. Insgesamt stehen die Zeichen auf Entspannung: Die Ansteckungswerte für das Coronavirus sinken in Stadt und Region deutlich und nähern sich langsam einer politischen Zielmarke von 50 Infizierten pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen.
Folglich landen jetzt auch weniger Covid-Patienten auf den Normalstationen der Kliniken. Dieser langfristige Effekt ist beim Städtischen Klinikum bei nur noch 19 Personen (Vorwoche 18) gegenüber 55 nach Weihnachten durchschlagender als bei den ViDia Kliniken mit 48 Personen gegenüber 55 vor einer Woche beziehungsweise rund 70 in der Silvesterspitze.
Kliniken ziehen positive Konsequenzen
Wesentlich größer ist der Unterschied bei den Covid-Intensivpatienten: Im Städtischen lagen am Freitag zwölf Personen auf den Covid-Intensivstationen. Laut Michael Geißler, Medizinischer Geschäftsführer des Klinikums, waren es an anderen Tagen dieser Woche 14 oder gar 16 Patienten wie in der Vorwoche und damit eine ähnlich hohe Belastung wie seit sechs Wochen. Dagegen nennt Karl-Jürgen Lehmann, Medizinischer Vorstand der ViDia Kliniken, jetzt nur noch fünf Covid-Intensivpatienten in beiden Häusern gegenüber elf noch eine Woche zuvor.
Der Druck durch Neuerkrankungen ist nicht mehr so hoch.Karl-Jürgen Lehmann, Medizinischer Vorstand der ViDia Kliniken
„Die Zahlen sind auch bei uns langsam rückläufig, das spiegelt das regionale Geschehen. Der Druck durch Neuerkrankungen ist nicht mehr so hoch“, meint Lehmann. Deshalb bauen die ViDia Kliniken jetzt auch sechs Covid-Intensivbetten ab. „Wir gehen im Pandemieplan von Stufe drei auf zwei zurück“, erläutert Lehmann. Geißler spricht von „spürbar positiven Konsequenzen“ durch das Nachlassen der Pandemie als Resultat des Lockdowns. Doch geht ihm dieser Prozess viel zu langsam.
Ab nächster Woche wollen wir die Covid-Normalstationen von drei auf eineinhalb zurückfahrenKarl-Jürgen Lehmann, Medizinischer Vorstand der ViDia Kliniken
Somit setzt er mehr auf die Hoffnung, dass in zwei Wochen die zweite Welle wirklich gebrochen ist. Von einer kompletten Rückkehr zum Krankenhausnormalbetrieb sei deshalb noch nicht die Rede. „Aber wir wollen ab nächster Woche die Covid-Normalstationen von drei auf eineinhalb zurückfahren“, sagt der Klinikums-Chef. Damit bekomme man Kapazitäten frei für „etwas mehr Operationen“. Bei den internistischen und den neurologischen Behandlungen solle schon „der langsame Rückgang zur Normalität“ eingeläutet werden.
Die Klinikchefs sind angepikst
Ernüchtert sind die Krankenhausleiter derzeit vom Impfgeschehen. Geißler geht jetzt davon aus, dass die zweite Prioritätsgruppe, zu der das Gros des Krankenhauspersonals gehört, „optimistisch erst im Laufe des März drankommt“. Dabei forderten die Krankenhäuser vom Land, in der zweiten Impfgruppe an vorderster Stelle dranzukommen. „Es darf doch nicht sein, dass wir, wenn wir die Leistungen hochfahren und Aufgeschobenes nachholen, von einer Ansteckungswelle beim Personal geschwächt werden“, pocht Geißler auf die Systemrelevanz von Ärzten und Pflegern.
Wir haben derzeit zum Impfen keinen Zugang mehr.Karl-Jürgen Lehmann, Medizinischer Vorstand der ViDia Kliniken
Pflegedirektor Josef Hug geht davon aus, dass jetzt wenigstens Mitte Februar das Klinikpersonal der Gefährdungsstufe eins zum zweiten Mal gepikst ist. „Wir haben derzeit zum Impfen keinen Zugang mehr“, berichtet Lehmann. Wegen des akuten Impfstoffmangels stecke das ViDia-Personal der ersten Impfgruppe noch mitten im Prozess. Dies führe zu Verunsicherung und Kritik in der Klinikbelegschaft. Für die weiteren Impfgruppen und damit den Schutz vor Covid für das komplette Personal „gibt es überhaupt keine zeitliche Vorstellung“, kritisiert Lehmann.
Sterblichkeit gedrückt
Die Sterblichkeit der Covid-Patienten im Städtischen Klinikum liege mit rund fünf Prozent etwa um die Hälfte niedriger als „der dramatische Wert“ in der ersten Welle der Pandemie, berichtet Geißler. Dies führt Klinikdirektor Martin Bentz auf Wissenssprünge bei der Behandlung der Covid-Patienten zurück. Übrigens hat nach Angaben der Experten keine Krankheit, die am Klinikum behandelt wird, eine ähnlich hohe Mortalitätsrate.
Zum Vergleich: Der langjährige Durchschnitt für das Städtische Klinikum betrage auf der Basis von 60.000 Patienten pro Jahr 1,7 Prozent dort an ihrer Krankheit Sterbende, erläutert Pflegedirektor Josef Hug.
Gegen die neue Bedrohung durch Virenmutationen helfe nur das schnelle und starke Absenken der Infektionszahlen, unterstreicht Geißler. „Wir dürfen in den Bemühungen jetzt noch nicht nachlassen“, appelliert Bentz an Politik und Bevölkerung. Man könne sich guten Gewissens nur öffnen, wenn die Ansteckungszahlen auf den Wert 40 oder 30 beziehungsweise besser nur noch den Inzidenzwert zehn gedrückt seien, meint Geißler. Werde aber die Weitergabe des Virus nicht deutlich unter einen R-Wert von 0,9 reduziert, „dann haben wir noch Monate mit der angespannte Lage wegen Covid zu leben“, prognostiziert der Klinikums-Chef.