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Plakate kleben und Netzwerken

Karlsruher OB-Wahl: Die Helfer sind selten politische Neulinge

Sechs Kandidaten treten zur Wahl des Karlsruher Oberbürgermeisters an, der Wahlkampf ist in vollem Gange. Weniger sichtbar als die Kandidaten sind die Helfer im Hintergrund. Sie kleben Plakate, organisieren Termine oder beraten zu Strategie und Auftritten.

Franz Bitto klebt ein Wahlplakat des OB-Kandidaten Frank Mentrup auf.
Franz Bitto engagiert sich seit vielen Jahren für die Karlsruher SPD und jetzt für den OB-Kandidaten Frank Mentrup. Parteimitglied ist er nicht, aber seine Ehefrau. Foto: Jörg Donecker

Franz Bitto ist schon so etwas wie ein alter Hase im Polit-Geschäft. Mitglied einer Partei ist er nicht, dennoch klebt und verteilt er nicht zum ersten Mal Wahlplakate für den SPD-Ortsverband Wettersbach, also in den Stadtteilen Grünwettersbach und Palmbach. Seine Frau ist dort SPD-Mitglied. Bevor der 74-Jährige in Rente ging, war er mit seiner Dekorationsbau-Firma mehrere Jahrzehnte lang beim ZDF-Wahlstudio zu Bundes- und Landtagswahlen in ganz Deutschland dabei.

„Ich habe Frank zum ersten Mal getroffen, als er noch kein Oberbürgermeister war“, erzählt Bitto über Amtsinhaber Frank Mentrup, den Kandidaten von SPD und Grünen. Mentrup gefiel ihm. „Und so habe ich das Plakateaufhängen gerne übernommen, es macht Spaß“, sagt Bitto. Die Plakatständer werden vor jedem Wahlkampf bei Bitto angeliefert, er klebt die Papierbögen auf und verteilt die fertigen Schilder in Palmbach und Grünwettersbach. Dieses Jahr wurde das Verteilen von einer externen Firma übernommen, sodass Bitto nur mit Kleben beschäftigt war.

Auf Demonstrationen zu gehen, gehörte in meiner Familie dazu.
Susanne Trauth, Wahlkampf-Helferin

Susanne Trauth war schon als Jugendliche politisch interessiert. „Auf Demonstrationen zu gehen, gehörte in meiner Familie dazu“, sagt die 57-Jährige aus Neureut-Kirchfeld, die Mitglied im Bündnis „Für Karlsruhe“ ist und im OB-Wahlkampf für Petra Lorenz Flyer in den Stadtteilen verteilt, Termine plant und mit ihr unterwegs ist. „Sie gehört keiner großen Partei an und hat daher nicht die große Unterstützung wie andere“, sagt Trauth. „Für mich war es deshalb eine Ehre und eine Selbstverständlichkeit, sie zu unterstützen.“

Meist mehrere Stunden täglich ist die Marketingkauffrau und Mutter von vier Kindern mit dem Wahlkampf befasst. Das funktioniere schon, sagt sie: „Ich habe meine Familie schon früh informiert, dass ich bis zum 6. Dezember viel unterwegs sein werde.“

Rouven Stolz hat bereits parteipolitische Erfahrung. Bis 2015 CDU-Mitglied, dann aber mit deren Politik unzufrieden, trat er 2017 in die Karlsruher AfD ein und unterstützt deren Oberbürgermeister-Kandidaten Paul Schmidt im Wahlkampf. „Als Parteimitglied macht man das eben“, sagt Stolz, der seinerseits AfD-Kandidat für die Landtagswahlen 2021 ist.

Jede Wahl, bei der wir antreten, ist wichtig.
Rouven Stolz, Wahlkampf-Helfer

Stolz half im Karlsruher OB-Wahlkampf vor allem bei der Plakatierung mit, meistens abends oder nachts, denn dann sei weniger los im Straßenverkehr. „Jede Wahl, bei der wir antreten, ist wichtig“, sagt Stolz. „Es ist egal, was für ein Plakat man da draufklebt.“

Die Parteizugehörigkeit ist für Andreas Zimmermann ebenfalls Hauptgrund, seine Oberbürgermeister-Kandidatin zu unterstützen. „Außerdem war ich selbst schon OB-Kandidat in Reutlingen und weiß, wie wichtig Unterstützer sind“, sagt das Mitglied der Partei „Die Partei“ in Karlsruhe. Er berät Vanessa Schulz etwa bei satirischen Aussagen, die Ursprung der Partei sind, beteiligte sich bei der Unterschriftensammlung für die Anmeldung zur Wahl und steht seiner Kandidatin bei Fragen aller Art zur Seite.

Wenn spaßige Satire zu ernster Politik wird

Sein politisches Engagement habe sich mit dem Erfolg der Partei langsam entwickelt, sagt der Maschinenbauingenieur. „Es war am Anfang wirklich nur eine Spaßaktion“, sagt er, „aber je länger ich dabei bin, desto interessierter bin ich.“ 2006 war er Gründungsmitglied des Kreisverbands Karlsruhe. Satire ist für ihn dabei ein wirksames Vehikel, um ernsthafte politische Themen zu transportieren.

Netzwerker sind für Wahlkämpfer wichtige Helfer – Susanne Freytag übernimmt diese Rolle bei der Unterstützung des von CDU und FDP unterstützten Kandidaten Sven Weigt. Die Leidenschaft der Unternehmerin ist die Karlsruher Kulturszene. Als Vorsitzende des kulturpolitischen Ausschusses der Karlsruher CDU wählte sie für Weigt Termine aus, bei denen er in Karlsruhe bekannter werden konnte: die Premiere der „Lustigen Witwe“ im Staatstheater etwa oder die Eröffnung der Räuber-Hotzenplotz-Ausstellung im Badischen Landesmuseum.

Man muss auch mal die Ärmel hochkrempeln und seinen Teil beitragen.
Susanne Freytag, Wahlkampf-Helferin

„Es ist unglaublich wichtig, die Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen“, sagt Freytag. Ihr Engagement für Weigt fußt auch auf seinem Wahlprogramm, aus ihrer Sicht treffend auf den Punkt gebracht mit Weigts Slogan „Neue Kraft für Karlsruhe“. Und auf ihrem unternehmerischen Selbstverständnis: „Man kann nicht einfach sagen, mir gefällt dies und das nicht. Man muss dann auch die Arme hochkrempeln und seinen Teil beitragen.“

Annemarie Hardy ist eine gute Freundin des parteilosen Kandidaten Marc Nehlig. Die 62-Jährige lernte Nehlig vor gut fünf Jahren auf dem Standesamt kennen, wo sie beruflich zu tun hatte. Unter anderem durch die Liebe zur Musik entstand eine enge Freundschaft. Hardy half und hilft Nehlig bei – coronabedingt sehr eingeschränkten – Treffen, bei einem kleinen Infostand in Durlach-Aue, bei der Unterschriftensammlung und bei der Auswahl des Fotomotivs für die Wahlplakate.

„Es macht mir große Freude, einem jungen Menschen beim Start in eine hoffentlich erfolgreiche Zukunft zu helfen und zu sehen, dass der Rat der Älteren doch noch gefragt ist“, sagt Hardy, die sich bisher noch nie politisch engagiert hat.

Und nach der Wahl? Franz Bitto nimmt dann die Plakatständer wieder in Empfang. „Sie werden bei mir ins Lager geräumt und warten auf ihren nächsten Auftrag“, sagt er.

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