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Koalition fordert Nachweis

Karlsruher Tierschützer befürworten einen Hundeführerschein

Hundehalter in Baden-Württemberg sollen künftig nachweisen, dass sie Wissen über ihren Vierbeiner haben. Karlsruher Tierschützer und Hundeschulen begrüßen diese Entscheidung. Es gibt aber auch Zweifel am Konzept.

Frau steht neben einem Hund
Wichtiges Training: Stephanie Keil vom Tierheim Karlsruhe übt mit Hündin Mia auf dem Tierheimgelände. In Baden-Württemberg soll ein Hunde-Führerschein Pflicht werden, bei dem Menschen ihre Hundewissen belegen sollen. Foto: Jörg Donecker

Auf Herrchen und Frauchen könnte bald eine Prüfung zukommen. Ein Hundeführerschein soll in Baden-Württemberg Pflicht werden. Hundehalter müssen dann einen Sachkundenachweis vorlegen.

Tierschutzverbände fordern einen solchen Nachweis schon lange. „Das kann eine präventive Maßnahme sein. So, dass sich nicht jeder, der gerade Lust hat, einen Hund anschaffen kann“, sagt Martina Klausmann vom Landestierschutzverband Baden-Württemberg mit Sitz in Karlsruhe.

Gerade in Corona-Zeiten hätten sich viele Menschen einen Hund zugelegt. „Wir haben die Befürchtung, dass sehr viele Hunde im Tierheim landen, wenn die Leute wieder ins normale Leben zurückkehren“, so Klausmann.

„Mit einer Prüfung ist die Hürde etwas größer, sich einen Hund anzuschaffen“, schätzt Markus Richter vom Tierschutzverein Karlsruhe. So könnten vorschnelle Käufe verhindert werden. Die Hunde im Karlsruher Tierheim stammen meistens aus „speziellen Milieus“. Menschen, die sich Hunde als Zeitvertreib oder gar als Statussymbol anschaffen, könnte eine Prüfung vor einem Hundekauf abschrecken. So könnten die Tierheime langfristig entlastet werden.

„Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, was ein Hund bedeutet und was er an Arbeit mit sich bringt“, sagt Ivo Dubrau, der als Tierpfleger im Karlsruher Tierheim arbeitet. „Aufklärung von A bis Z ist für den Hundeführerschein wichtig“, meint er.

Die Tierschützer sind sich einig: Ein zumindest grundlegendes Fachwissen ist zwingend nötig. „Am Anfang sind die Welpen süß. Aber sie werden größer. Und wenn sie dann nicht richtig erzogen sind, wird es schwierig“, sagt Klausmann. Sind die Besitzer überfordert, landen die Hunde im Tierheim, wo Fachleute ihnen das Fehlverhalten mit viel Training wieder abgewöhnen müssen.

Seit Corona gibt es in Karlsruhe mehr Hunde

Seit Beginn der Pandemie sind in Karlsruhe laut Landestierschutzverband mehr Hunde angemeldet worden. „Es gibt einen wahnsinnigen Boom“, bestätigt Richter. Die Pandemie befeuert den seit Jahren zunehmenden Trend zum Hund. Laut der letzten Auswertung der Stadt Karlsruhe vom März 2021 gibt es im Stadtgebiet 9.312 gemeldete Hunde. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren waren es noch 7.102.

Mit einer Prüfung ist die Hürde etwas größer, sich einen Hund anzuschaffen.
Markus Richter, Tierschutzverein Karlsruhe

Das Tierheim Karlsruhe hat seit Corona eine gestiegene Nachfrage nach Hunden, sagt Richter, der im Vorstand des Tierschutzvereins ist. Das Tierheim prüft vor einer Vermittlung das potenzielle neue Zuhause für seine Vierbeiner genau, betont Richter. Sollte ein Führerschein kommen, kann er sich gut vorstellen, den Test vor einer Vermittlung vonseiten des Tierheims anzubieten. „Wir kennen unsere Hunde und könnten ein Gesamtpaket anbieten“, sagt er.

Hundeschulen befürworten den Führerschein

Annalena Harrer von der Hundeschule „Leinenlos“ befürwortet den Führerschein prinzipiell. „Allerdings haben Erfahrungen gezeigt, dass bisherige Hundeführerscheine und Begleithundeprüfungen nur eine Momentaufnahme sind“, schildert sie. Der Führerschein sei keine Garantie dafür, dass der Alltag reibungslos abläuft. Letztendlich müssen Herrchen und Frauchen dauerhaft verantwortungsvoll handeln, sagt sie.

„Wir begrüßen diese Entscheidung sehr“, sagt Beate Manger von der Hundeschule „Frei Schnauze“. „Durch die Teilnahme am Hundeführerschein wird das Zusammenleben zwischen Mensch und Hund intensiver, vertrauter und um vieles verständlicher“, sagt die Hundetrainerin.

Ein besseres Verständnis wünscht sich Melanie Mauro, die in ihrer „Tierbetreuung Prinz“ unter anderem einen Gassi-Service anbietet. „Viele Leute wissen gar nicht, wie ihr Hund tickt“, sagt sie. Mauro, die selbst drei Hunde hat, begegnet täglich unwissenden Hundebesitzern. Besonders ärgert sie sich über die „Der-tut-nix“-Hundehalter. Ein Nachweis vor der Anschaffung könnte helfen, schätzt die Gassi-Geherin.

Hundehalter beschweren sich über neue Kosten

„Uns gibt dieser Führerschein wenigstens die Sicherheit, dass sich der Interessent schon im Vorfeld mit der Haltung eines Hundes beschäftigt hat und dahingehend unabhängig geprüft wurde“, sagt Stephan Winterhoff vom Tierschutzhof Karlsruhe. Allerdings befürchtet er, dass einige Anbieter aus der Prüfung ein Geschäft machen. „Mit jedem neuen Hund ein neuer Schein“ – das könnten einige als neue Geldquelle sehen.

Unter Hundehaltern spalten sich die Meinungen. „Prinzipiell eine sehr gute Sache, bevor sich jemand einen Hund zulegt. Wie bei einem Auto“, schreibt ein Hundehalter auf Facebook. „Einfach nur Schwachsinn“, ärgert sich dagegen ein anderer. „Hauptsache wieder ein Quatsch, um ans Geld der Hundebesitzer zu kommen.“ Für Melanie Mauro stellt sich die Frage, was droht, wenn ein Halter die Prüfung nicht besteht: „Was passiert dann mit dem armen Hund?“

Was der geplante Führerschein letztendlich mit sich bringt und wer die Prüfung abnehmen darf, ist noch offen. Nach dem Vorbild von Niedersachsen müsste der Test dann nur bei neu angeschafften Hunden abgelegt werden.

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