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Hilfe bei Notfällen

Karlsruher Tierschutzpreisträger setzt sich seit 1986 für Wildtiere in Not ein

Rund 200 Mal im Jahr klingelt das Telefon der „Naturschutz Notruf Bergung“. Meist geht es um ein Wildtier, das in Not geraten ist. Tierretter Ralph James kann nach 35 Jahren auf traurige, lustige und skurrile Einsätze im Karlsruher Stadtgebiet zurückblicken.

Wildtierretter Ralph James vor seinem Einsatzfahrzeug
Der Retter: Auf seinem Elektroroller transportiert Ralph James alles, was er für seine Einsätze braucht. Nicht fehlen darf der „Spreizer“, mit dem er eingeklemmte Tiere befreien kann. Foto: Lotta Stähr

Vor der Halle auf dem Gelände des Alten Schlachthofs treffen bald die ersten Gäste ein, doch drinnen gehört die Bühne noch dem Wanderfalken. Der zieht an der Decke seine Kreise und macht die kommende Veranstaltung unmöglich. Zeit, dass der verirrte Vogel den Ausgang selbst findet, bleibt nicht.

Dieser Einsatz geht dank Ralph James von der „Naturschutz Notruf Bergung“ (NNB) gut aus. Doch andere Male kommt die Hilfe zu spät oder eine Rettung ist nicht möglich. Für den Karlsruher gehört daher eine gewisse Portion Fatalismus bei der Arbeit dazu, „sonst wird man verrückt“. Rund um die Uhr kann man ihn anrufen. Falls eine Beratung nicht ausreicht, kommt er mit dem Elektroroller vor Ort vorbei.

Auch gern mehrfach, wie im Fall eines unbelehrbaren Igels. Dieser war in einem Rintheimer Gartenzaun steckengeblieben. Mit Hilfe von Plastikscheiben, die er vorsichtig zwischen Igel und Zaun schob, half James dem Tier heraus – nur um am nächsten Tag wieder nach Rintheim zu fahren. Der Igel steckte erneut an gleicher Stelle fest. „Da habe ich den dappigen Kerl eingepackt und auf einem entfernten Friedhof rausgelassen“, sagt James lachend.

Steinkauz im Schornstein

Neben den Plastikscheiben bringt der Wildtierretter Schutzausrüstung, Netze, Decken und einen Greifer auf seinem Roller mit. Ein umgebauter Wagenheber hilft ihm dabei, eingeklemmte Wildtiere zu befreien. Seine Ausrüstung kam ihm bei einem Einsatz zugute, bei dem ein Steinkauz sich aus einem Schornstein nicht befreien konnte.

Ein geretteter Steinkauz
In Sicherheit: Der in einem Schornstein gefangene Steinkauz konnte mithilfe eines Keschers gerettet werden. Foto: Ralph James

Mit einem langen Kescher fischte er den Vogel aus sieben Metern Tiefe heraus. James kann sich auf seine Erfahrung aus vielen Jahren verlassen. Die Untere Naturschutzbehörde der Stadt regte 1986 eine ehrenamtliche Anlaufstelle für Wildtiernotfälle an. James, der sich zuvor für den Naturschutz rund um den Erlachsee einsetzte, begann sich zu engagieren.

Unterstützung erhält er seit 2007 durch eine Kooperation mit dem überregionalen Tierrettungsdienst UNA. Für den Transport oder die Versorgung verletzter Tiere ist gegenseitige Hilfe notwendig. Auch zum Veterinäramt besteht ein regelmäßiger Kontakt.

Oft sollte man gefundene Wildtiere einfach in Ruhe lassen

Nicht alle Anrufe ziehen einen Notfalleinsatz nach sich. Viele wüssten nicht, was sie mit einem gefundenen Wildtier machen sollten, berichtet James. Oft genügt dann eine telefonische Beratung. Sein häufigster Rat: „Einfach lassen.“ Menschliches Eingreifen führe nicht selten dazu, dass die Tiere vor Stress kollabieren.

Manchmal drängt jedoch die Zeit, dann birgt James die Tiere und lässt sie an sicherer Stelle wieder frei, sofern sie nicht verletzt sind. So flatterte ein Sperber im Obergeschoss eines Schuhgeschäfts in der Kaiserstraße herum. „Den habe ich mit einer Decke eingefangen.“

James ärgert sich über falsch verstandene Tierliebe

Oft kommt James bei seinen Einsätzen mit falsch verstandener Tierliebe in Kontakt. Darüber ärgert er sich. An einem heißen Sommertag rief man ihn zum Gottesauer Platz in die Oststadt: Junge Eichhörnchen seien vom Baum gefallen, die Hitze mache ihnen zu schaffen. Vor Ort stellte sich heraus, dass die Anwohner die Tiere mit Sprudelwasser zur Abkühlung geduscht hatten – eine gut gemeinte Tat, welche jedoch die Rückkehr der Jungtiere ins Nest unmöglich machte.

Durch Rettung im Einzelbereich erhält man keine Art.
Ralph James, Wildtierretter

Beim Naturschutz muss sich für James strukturell etwas ändern, vielen Aufpäppel-Aktionen steht er kritisch gegenüber: „Durch Rettung im Einzelbereich erhält man keine Art.“ Dass Mauersegler keine Nistplätze mehr finden, beschäftigt ihn, ebenso der Rückgang großflächiger Wiesen, auf denen Störche Nahrung finden. Auch von den Auswirkungen achtlos weggeworfenen Mülls kann er berichten.

In Schwanennestern verfingen sich schon Jungvögel in Paketschnüren, ein Storch mit Gummiring über dem Schnabel war nicht mehr zu retten. Ans Aufhören denkt der 74-Jährige, den die Stadt 2019 mit dem Tierschutzpreis ausgezeichnet hat, trotzdem nicht. Solange er kann, beantwortet er jeden Anruf, bei dem es um ein Wildtier in Not geht.

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