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Nachfrage geht schon jetzt zurück

Karlsruher Unternehmer fürchten einen zweiten Lockdown

Bei vielen Karlsruher Unternehmern wächst die Angst vor einem zweiten Lockdown. Sie fürchten Einbrüche im wichtigen Weihnachtsgeschäft. Schon jetzt geht die Nachfrage bei vielen deutlich zurück. Manche werden wohl nicht mehr lange durchhalten.

Leere Stühle auf dem Ludwigsplatz
Angst vor der Leere: Bei vielen Gastronomen und Einzelhändler in Karlsruhe wächst die Sorge vor einem zweiten Lockdown. Viele würde der vermutlich härter treffen als der erste. Foto: Jörg Donecker (Archiv)

Ihre Verzweiflung und Wut will Andrea Jäger nicht verbergen. Für die Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie hat die Café-Betreiberin schon lange kein Verständnis mehr. Vor dreieinhalb Jahren hat Jäger „Lottis Traum“ eröffnet, im Februar folgte ein zweiter Laden. 2020 sollte den Durchbruch bringen. Stattdessen steht sie nun vor dem Ruin.

„Vielleicht geht es noch einen Monat gut“, erzählt sie. Ob in den nächsten Tagen ein zweiter Lockdown kommt, macht für Andrea Jäger fast keinen Unterschied. „Dann muss ich wenigstens nicht öffnen und habe keine variablen Kosten“, sagt sie verbittert. Mit ihrem Frust und ihrer Sorge ist die Unternehmerin in diesen Tagen nicht allein.

Viele Händler und Dienstleister berichten schon jetzt von wegbleibenden Kunden und zahlreichen Absagen. Sie fürchten, dass sie bald wieder ganz schließen müssen.

Einzelhandel fürchtet um Weihnachtsgeschäft

„Die große Angst kommt wieder“, sagt Andreas Preißler vom Unikat-Store in der Innenstadt. „Ein erneuter Lockdown könnte für viele Händler der Todesstoß werden.“ In den vergangenen Tagen seien schon deutlich weniger Kunden gekommen als zuletzt. Dabei steuern die Einzelhändler unaufhaltsam auf die wichtigste Zeit des Jahres zu.

„Betriebswirtschaftlich täte jeder Schließtag im Weihnachtsgeschäft richtig weh. Das wäre der Supergau“, erklärt Preißler. In den vergangenen Monaten hat der Unternehmer viel in sein Online-Geschäft investiert. Unikat beliefert Kunden mittlerweile deutschlandweit, in Karlsruhe auch per Radkurier. „Das reicht aber noch lange nicht zum Überleben.“

Deutlich entspannter blickt Gabriele Vogel in die Zukunft. Auch in ihren Friseursalon „Hairlounge“ in Mühlburg kommen seit dem vergangenen Montag weniger Kunden. Sechs Wochen war das Geschäft im Frühjahr zu. Dass sie noch einmal schließen muss, glaubt Vogel nicht. „Ich bin sicher, dass es weitergeht. Das wurde uns zugesagt, wir sind schließlich systemrelevant“, sagt sie. Das Hygienekonzept in Friseursalons sei ohnehin eines der umfangreichsten. „Dass wir kein Desinfektionsmittel in den Raumduft mischen ist alles“, sagt sie lachend.

Online-Kurse vom Fitnessstudio

Beim Karlsruher Fitnessstudio-Betreiber Fit-In stellt man sich hingegen schon darauf ein, dass Studios geschlossen werden. Seit der vergangenen Woche bietet Fit-In für seine Mitglieder wieder wie beim ersten Lockdown Online-Kurse an. Die Alternative ist vorerst vor allem für Kunden aus der Risikogruppe gedacht. „Als Studio wären wir aber wohl als einer der ersten betroffen“, glaubt die leitende Buchhalterin Sieglinde Kafka.

Ganz vorn auf der Liste für einen möglichen Lockdown stehen auch Bars, Kneipen und Restaurants, glaubt Marc Leuwer, der sich als Geschäftsführer um verschiedene Gastrobetriebe in Karlsruhe kümmert. „Ich fürchte, wir halten wieder den Kopf als Sündenböcke hin“, sagt er. Seit knapp zwei Wochen wirkt sich die zunehmend angespannte Infektionslage auf das Geschäft aus. „Viele sagen ihre Reservierungen ab, auch geplante Weihnachtsfeiern fallen ins Wasser.“

Karlsruher Gastronom wäre von zweitem Lockdown deutlich härter betroffen

Am Wochenende verhängte Karlsruhe zudem eine Sperrstunde ab 23 Uhr. Für den Barbetrieb komme schon das einem Lockdown gleich, weil sich zwischen 18 und 22 Uhr wenig abspiele, sagt Leuwer. Eine zweite Komplettschließung hält der Geschäftsführer für den falschen Weg. „Wir garantieren Hygienekonzepte und eine Kontaktnachverfolgung. Ohne Angebote im Nachtleben gehen die Menschen in den nicht überwachbaren Raum“, prophezeit er.

„Vor allem bei Jungen beobachten wir, dass die Akzeptanz für die Maßnahmen sinkt.“ Sollten Restaurants und Bars trotzdem bald ein zweites Mal komplett schließen müssen, träfe das viele härter als der erste Lockdown. Viele Rücklagen seien aufgebraucht.

Für Andrea Jäger und ihren Traum vom eigenen Café ist dieser Punkt schon ohne Lockdown gefährlich nah. Zwei Monate lang lief ihr Geschäft halbwegs normal. Jetzt bleiben die Kunden wieder aus. „Ich denke jeden Tag darüber nach, einfach hinzuschmeißen“, sagt Jäger.

Für den Winter habe sie unabhängig von einem Lockdown kaum eine Perspektive. In ihre kleinen Cafés können unter den aktuellen Bedingungen nur wenige Kunden. „Vielleicht fünf. Das deckt nicht einmal die Kosten.“ Trotzdem beginnen im neuen Jahr wieder die Ratenzahlungen für ihren Kredit. Mit Unterstützung der Banken rechnet sie nicht. „Die Maßnahmen brechen uns das Genick. Ich verstehe das alles nicht mehr.“

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