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Sorge vor einer Klage

Karlsruher Wildtierverbot für Zirkusse wieder zurück im Jahr 2010

Die Stadt Karlsruhe nimmt ihr 2019 beschlossenes Wildtierverbot für Zirkusse aus Sorge vor einer Klage zurück. Damit gelten ab dem 1. Januar 2021 wieder die 2010 festgelegten Einschränkungen.

Elefanten in der Manege des Zirkus Krone in Rastatt (2013)
Wieder erlaubt: Elefanten dürfen nach der Rücknahme des Wildtierverbots durch den Karlsruher Gemeinderat wieder in die Manege wie hier beim Gastspiel des Zirkus Krone in Rastatt im Jahr 2013. Foto: N/A

Die unendliche Debatte um ein Wildtierverbot für Zirkus-Aufführungen in Karlsruhe ist um ein Kapitel reicher. Das am 15. Januar in Kraft getretene Konzept der Stadt hat nicht einmal ein Jahr lang gehalten.

In seiner Sitzung kurz vor Weihnachten entschied der Gemeinderat mit knapper Mehrheit, vorerst zu den seit 2010 geltenden, weniger Tierarten umfassenden Einschränkungen zurückzukehren. Die Verwaltung hatte den Weg vorgeschlagen. Sie fürchtete, dass der Karlsruher Ansatz vor Gericht nicht standhält.

Knackpunkt ist das bundeseinheitliche Tierschutzgesetz, aus dem sich keine Ermächtigung zum Verbot von Wildtieren im Zirkus ableiten lässt. Wie andere Städte suchte die Verwaltung daher auf Wunsch des Gemeinderats eine Möglichkeit, das Verbot gewissermaßen durch die Hintertür durchzusetzen.

Man argumentierte mit der Gefahrenabwehr und setzte einige nach den Richtlinien der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung gefährliche Wildtierarten auf die Liste. Zu den seit 2010 nicht mehr erlaubten, „ungeeigneten Tierarten“ wie Delfinen, Flamingos, Nashörnern oder Wölfen gesellten sich damit unter anderem Bären, Elefanten, Giftschlangen, Krokodile, einige Affenarten und Großkatzen. Mit dieser Ausweitung begab man sich nach heutiger Einschätzung aber wohl auf zu dünnes Eis.

Gerichte urteilen zugunsten der Zirkusse

Dass die Argumentation zumindest auf wackeligen Beinen steht, war allerdings von Anfang an klar, wie ein Blick in die Entscheidungsvorlage aus dem Oktober 2019 zeigt. Die Rechtsabteilung der Stadt verweist dort auf ein „Restrisiko“. Sie bezieht sich dabei unter anderem auf einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen. Das kassierte wenige Tage zuvor einen Erlass zum Verbot von Wildtieren durch die Stadt Ulm.

Er sei keine Rechtsgrundlage, die einen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung rechtfertigt. Die ist im Grundgesetz verankert und wäre durch ein faktisches Berufsverbot für die Tierdompteure verletzt. Trotzdem entschied sich das Stadtparlament mit deutlicher Mehrheit für eine Ausweitung des Verbots.

Dass die Stadt nun kalte Füße bekommen hat, hängt wohl maßgeblich mit der Anfrage eines Zirkus-Unternehmens für das neue Jahr zusammen. In den nächsten Wochen müsse man darauf antworten, sagte Oberbürgermeister Frank Mentrup. Man wolle das Risiko minimieren. Die Ausgangslage hat sich im Vergleich zu 2019 nur begrenzt verändert.

In der Zwischenzeit hat der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof den Beschluss aus Sigmaringen bestätigt, der damit rechtskräftig ist. In seiner Begründung wies der Gerichtshof darauf hin, dass Verfahren zum Wildtierverbot bislang fast ausschließlich zugunsten der Zirkus-Unternehmen ausgegangen sind.

Hoffnung auf eine Entscheidung im Bund

Im Gemeinderat gab es durchaus Stimmen, die es auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ankommen lassen wollten. „Wir schrecken nicht vor einer Klage zurück“, sagte etwa Max Braun („Die Partei“). Man sehe keine Veranlassung, den Beschluss zurückzunehmen, erklärte Renate Rastätter für die Grünen. Trotzdem stimmte das Stadtparlament mit 25 zu 20 Stimmen für die Aufhebung. „Wir können das Gesetz nicht beugen“, sagte Friedemann Kalmbach (KAL). „Das muss im Bund entschieden werden“, führte Thomas Hock (FDP) aus.

Genau darauf setzt auch Oberbürgermeister Mentrup. Er verweist auf einen Entwurf aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium, der im November vorgestellt wurde und unter anderem die Neuanschaffung verschiedener Wildtiere untersagen soll. Das nächste Kapitel der Debatte spielt also möglicherweise in Berlin, nicht im Karlsruher Gemeinderat.

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