Mit dem Segnungsgottesdienst in der Stadtkirche Sankt Stephan für alle Liebenden, ungeachtet ihrer sexuellen Orientierung, setzte die katholische Kirchengemeinde am Freitagabend ein Zeichen. Kleine Regenbogenfähnchen waren zum Mitnehmen ausgestellt, große Flaggen dienten als Tischbedeckung und auch so manche Maske schmückten bunte Farben.
Gottesdienst für die Liebenden
Schwungvoll musikalisch eingestimmt wurden die Besucher mit dem Lied „Ich bin frei“ von der dekanatseigenen Band „Condimento“, welche den gesamten Gottesdienst begleitete. „Niemand, auch nicht Rom, hat das Recht den Segen zu verwehren“, stellten die katholischen Geistlichen gleich zu Beginn des Segnungsgottesdienstes fest.
Der Protest gegen die Äußerungen des Vatikans sei jedoch zweitrangig, in erster Linie gehe es um die Liebenden. „Wenn die Verlautbarung etwas Gutes hatte, dann ist es die daraus entstandene Vernetzung untereinander und Sensibilisierung“, verkündete Dekanats-Jugendseelsorger Johannes Treffert.
Emotionale Ergriffenheit
Die Segnungen wurden sowohl von heterosexuellen als auch homosexuellen Paare entgegengenommen. Eine emotionale Ergriffenheit war vielen Paaren anzusehen. Die Band untermalte an dieser Stelle den Gottesdienst mit „Regenbogenfarben“ von Kerstin Ott. Am Ende leuchteten die Kerzen der gesegneten Paare in allen Kirchenreihen.
In die anschließenden Gebete wurden besonders die Teilnehmer der Parade zum Christopher Street Day (CSD), welche am Samstag durch die Stadt zog, mit eingeschlossen. Auch betete man für Menschen, denen die Akzeptanz für eine Andersartigkeit bisher fehlt.
Wichtiges Zeichen
Dass das Statement der Kirchengemeinde richtig und wichtig ist, darin sind sich die Besucher des Gottesdienstes einig. So auch Frank und Dirk, welche zwar bereits vor elf Jahren getraut wurden, sich dennoch am Freitagabend über die Segnung in ihrer Heimatstadt freuten. Dirk ist überzeugt, dass es diese „Zeichen der Toleranz seitens der Gemeinde“ brauche.
Matteo und Max wurden zum ersten Mal katholisch gesegnet, für den langjährigen Ministranten Matteo hat dies einen hohen Stellenwert. Freunde begleiteten die beiden, um ihre Unterstützung und Solidarität zu zeigen. Unter den Gesegneten waren auch viele heterosexuelle Paare. Lars Conzey und seine Frau lobten besonders die positive Stimmung während des Gottesdienstes. „Es war auch für uns etwas Besonderes. Toleranz und Offenheit braucht es von allen und das war heute zu spüren.“
Über 100 Besucher in St. Stephan
Weit über 100 Besucher zog es in die Kirche St. Stephan. Treffert ist „sehr zufrieden“, wie gut der Segnungsgottesdienst angenommen wurde. Als Mitverantwortlicher kann er sich über geschlossenen Rückhalt in der Citypastoral freuen. „Die Kirchengemeinde steht voll dahinter. Unter den Glaubensanhängern mag es auch Gegenstimmen geben, ich habe bisher aber noch nichts Negatives gehört.“ Interesse bekundete zudem ein kanadisches Filmteam, welches für eine Dokumentation mit der Kamera vor Ort war.