Skip to main content

Karlsruhe/Stutensee

Kaum dicke Luft in Baden-Württemberg – KIT-Forscher kritisiert Holzöfen scharf

Hat vermehrtes Heizen mit Holz im Energiesparwinter für dicke Luft in Baden-Württemberg gesorgt? Auf den ersten Blick nicht. Kaminöfen und Co. sind deshalb aber lange nicht entlastet, betont ein KIT-Forscher.

Ein Mann zündet in Stuttgart ein Holzfeuer in einem Ofen an.
Das Umweltbundesamt verweist darauf, dass bei der Holzverbrennung klimaschädliches Methan, Lachgas und Ruß entstehen.  Foto: Franziska Kraufmann/dpa

Die gute Nachricht zuerst: Die Feinstaubimmissionen im Land bewegen sich nach Angaben der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) seit Weihnachten weiter auf einem niedrigen Niveau – auch dank des zu großen Teilen milden und wechselhaften Winters.

„Die vereinzelten Überschreitungen um den Jahreswechsel sind auf die Silvesterfeuerwerke zurückzuführen“, teilt die Karlsruher Behörde auf Nachfrage mit. Sind damit Besorgnisse vom Tisch, wonach vermehrtes Feuern mit Holz wegen des Energiesparwinters für dicke Luft im Südwesten sorgt? Nicht ganz.

Eine generelle Aussage darüber, wie umweltschädlich der Betrieb privater Kaminöfen ist, ist nicht wirklich möglich.
LUBW-Sprecherin

„Eine generelle Aussage darüber, wie umweltschädlich der Betrieb privater Kaminöfen ist, ist nicht wirklich möglich“, sagt eine LUBW-Sprecherin. Die Wissenschaftler rechnen frühestens in der zweiten Jahreshälfte mit einer Feinstaubauswertung bezogen auf den Holzfeuerungsanteil.

KIT-Forscher Achim Dittler misst Luftqualität in Wohngebiet in Stutensee

Für Achim Dittler, Leiter der Arbeitsgruppe Gas-Partikel-Systeme am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), gibt es für die Unauffälligkeiten bei den bisherigen Messungen einen Hauptgrund: Die meisten Messstellen würden an viel befahrenen Verkehrsachsen stehen und nicht in Wohngebieten. Dort, wo Menschen abends Kaminfeuer entzünden, zeichne sich ein anderes Bild. „Die Anzahl an Holzrauch-Belästigungstagen hat in diesem Jahr deutlich zugenommen.“

Seit zwei Jahren misst der Forscher die Luftqualität in einem verkehrsberuhigten Wohngebiet in Stutensee. Sein Fazit: „An vielen Abend- und Nachtstunden ist die Belastung der Atemluft mit lungengängigem Feinstaub sehr viel höher als an einer Hauptverkehrsstraße in Karlsruhe.“

Achim Dittler steht vor Häusern und hat ein Tablet in der Hand.
Achim Dittler wohnt in einem Neubaugebiet in Büchig. Dort misst er regelmäßig die Feinstaubbelastung. Foto: Sidney-Marie Schiefer

Vor allem ab 18 Uhr, wenn Kaminöfen angefeuert werden, steigen demnach die Schadstoffwerte in der Atemluft stark an. „Unsere Messungen zeigen hier charakteristische Muster, die auf Holzofen-Rauchgase zurückgeführt werden können“, sagt Dittler. Derartig hohe Werte in den Abendstunden gehen nach seiner Einschätzung in den über den Tag gemittelten Werten der LUBW unter.

Dass das Verbrennen von Holz in Gemeinden mit einem hohen Anteil an Holzfeuerungsanlagen zur Erhöhung der Feinstaubwerte beitragen kann, hat die LUBW 2019 bei Messungen in den drei Schwarzwaldgemeinden Forbach, Kleines Wiesental und Schuttertal festgestellt.

Dort konnte vor allem in den Wintermonaten ein signifikanter Holzfeuerungsanteil in der Feinstaub-Partikelfraktion PM10 nachgewiesen werden. Die mittleren Holzfeuerungsanteile lagen bei den Schwarzwaldgemeinden mit 24 bis 27 Prozent deutlich höher als zum Beispiel bei der städtischen Hintergrundmessstation Stuttgart-Bad Cannstatt, die einen mittleren Holzfeuerungsanteil von 15 Prozent aufwies.

Hohe Feinstaubbelastungen bei Inversionswetterlage im Winter

Besonders bei Inversionswetterlage im Winter, wenn es kalt, trocken und windstill ist, werden hohe Feinstaubbelastungen gemessen. Bei einer solchen Wetterlage sind die oberen Luftschichten wärmer als die unteren, so dass es kaum zu einem Luftaustausch kommt.

Ein kräftiger Hochdruckeinfluss war laut LUBW in diesem Jahr der Grund, warum sich ab dem 5. Februar im Südwesten bodennah Feinstaub anreichern konnte und die Konzentrationen stiegen. „Damit verbunden waren auch vereinzelt Überschreitungen des Tagesgrenzwertes für Feinstaub von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Diese Entwicklung ist jedoch typisch für solche Wetterlagen und lässt keinen Rückschluss auf einen vermehrten Betrieb von privaten Kaminöfen zu“, so die Behördensprecherin.

Holzöfen sind wegen ihrer behaglichen Wärme beliebt. Und nicht zuletzt im Zuge der Energiekrise durch den Ukraine-Krieg auch als zusätzliche Heizmöglichkeit attraktiv. In Deutschland gab es nach der letzten Statistik des Bundesverbandes des Schornsteinfegerhandwerks 11,3 Millionen sogenannter Einzelraumfeuerungsanlagen, zu denen Kamin- und Kachelöfen zählen.

„Das Heizen mit Holz ist CO2-neutral, da bei der Verbrennung von Holz nur die Menge an Kohlenstoffdioxid (CO2) freigesetzt wird, die der Baum zuvor beim Wachsen aufgenommen hat“, so die Initiative Holzwärme, in der sich neun Verbände und Institutionen aus dem Bereich der Holzenergie und der Holzwärme zusammengeschlossen haben.

Verband spricht beim klassischen Brennholz von klimaneutraler Energie

Beim klassischen Brennholz handle es sich um klimaneutrale Energie, betont der Industrieverband Haus-, Heiz- und Küchentechnik. Der Einsatz in modernen Feuerstätten reduziere den Öl- und Gasverbrauch und so CO2-Emissionen aus fossilen Energieträgern.

Wegen Nachrüstung und Austausch von alten Öfen seien Emissionen von häuslichen Feuerstätten seit 2010 bereits deutlich gesunken, wegen noch nötiger Modernisierungen sei ein weiterer Rückgang der Emissionen aus Holzfeuerungen zu erwarten.

Laut Umweltbundesamt entsteht bei Holzverbrennung klimaschädliches Methan, Lachgas und Ruß

Laut Verband fällt das meiste Brennholz bei der Waldpflege und der Holzernte an und sei oft nicht für andere Verwendungen geeignet. Brennholz aus Deutschland habe zudem den Vorteil, dass es quasi vor der Haustür wachse und nicht über weite Strecken transportiert werden müsse.

Das Umweltbundesamt verweist hingegen darauf, dass bei der Holzverbrennung neben gesundheitsgefährdenden Luftschadstoffen wie Feinstaub und polyzyklisch aromatischen Kohlenwasserstoffen (⁠PAK⁠) auch klimaschädliches Methan, Lachgas und Ruß entstehen.

„Daher sollten Sie aus gesundheitlichen, aus ⁠Klimaschutz⁠-, aber auch aus ökologischen Gründen auf die Nutzung von Holz zur Wärmeversorgung Ihres Hauses verzichten“, heißt es auf seiner Seite zu Kaminöfen. Wer mit Holz heize, solle zumindest gut aufbereitetes und getrocknetes Holz aus nachhaltiger regionaler Forstwirtschaft nutzen.

Nichts verbrennt dreckiger und klimaschädlicher als Holz.
Achim Dittler, KIT-Wissenschaftler

„Nichts verbrennt dreckiger und klimaschädlicher als Holz“, ist KIT-Wissenschaftler Achim Dittler überzeugt. Er hat in seiner Wohnung einen Kaminofen übernommen.

Doch er macht ihn nicht an. Die Nachbarschaft freue sich darüber. Seit der Ofen nicht mehr betrieben werde, gebe es beste Atemluft: „Und ein Wohnumfeld, das aufatmet.“

nach oben Zurück zum Seitenanfang