
Die Einschränkungen sind oft nicht direkt sichtbar. Doch Kinder mit Diabetes müssen sich im Alltag an genaue Regeln halten, ihren Blutzuckerspiegel dauerhaft messen und Insulin zuführen.
„Ich benutze einen Pen und sehe hier, wie andere mit Pumpen umgehen, das ist für mich unglaublich spannend“, meint der 14-jährige Nils aus Eggenstein-Leopoldshafen. Er nimmt zum ersten Mal an einem Erlebnistag für Kinder mit Diabetes teil, den der Verein Diabetiker Baden-Württemberg (DWB) am Samstag im Hochseilgarten der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Killisfeld veranstaltete.
36 Kinder nehmen teil
36 Kinder im Alter von acht bis 16 Jahren reisten mit ihren Familien und Geschwistern aus ganz Baden-Württemberg nach Karlsruhe, um einen Tag gemeinsam zu klettern und sich auszutauschen. Der Sensor habe sich gemeldet, ob sie einschreiten solle, fragt sich eine Mutter besorgt. Doch ein anderes Elternteil beruhigt sofort, hier seien Profis am Werk. Beim leisesten Verdacht würden die Kids sofort abgeseilt.
Mir hat nur noch ein Meter zur Spitze gefehlt.Jasper, achtjähriger Teilnehmer
Der achtjährige Jasper hat große Freude beim Klettern am Turm: „Mir hat nur noch ein Meter zur Spitze gefehlt. Aber ich war ein bisschen aufgeregt und habe runtergeschaut, danach wollte ich nicht mehr weiter“, berichtet er. Nicht nur die Kinder haben Freude und überwinden große Höhen, lassen sich fallen und sausen am Seil zum nächsten Baum. Auch die Eltern können hier einmal entspannen.
Auch Eltern können mal abschalten
Anja Bagnewski ist mit ihren drei Kindern aus Mündingen gekommen und genießt es, die große Verantwortung einmal abgegeben zu können: „Der Austausch mit den anderen Betroffenen ist extrem wertvoll. Trost und Motivation bekommt man eben leider nicht auf Rezept, das gibt es aber an solchen Tagen.“ Sie findet es gut, dass die Geschwister-Kinder mitmachen dürfen. Bei ihrem zehnjährigen Sohn Enno wurde vor drei Jahren Diabetes diagnostiziert. „Er war misslaunig, hungrig und hat sich anders verhalten. Zuerst haben wir es auf den Lockdown geschoben, doch dann kam noch der große Durst dazu. Im ersten Jahr wurde er über den Pen mit Insulin versorgt, nun hat er eine Pumpe, das ermöglicht ihm ein annähernd normales Leben“, berichtet die dreifache Mama.
Unbeschwertes Vergnügen beim Erlebnistag
Insulin wird heute industriell hergestellt und steht ausreichend zur Verfügung. Beim Erlebnistag können die Kids unbeschwert Pizza oder Gummibärchen essen, Sport treiben und wenn mal ein Sensor piepst wird niemand komisch angeschaut, weil alle damit umgehen können. „Wir hatten vorhin sogar ein gesundes Geschwisterkind, dass sich freiwillig einen Sensor setzen ließ, um mal zu sehen, wie das ist und um auf dem Handy zu verfolgen, wie sich der Blutzuckerspiegel entwickelt“, berichtet Sabrina Schneider, Diabetes-Beraterin am Städtischen Klinikum Karlsruhe.
Ralph Egermann vom Lions Club Karlsruhe informiert sich ebenfalls vor Ort, da der Lions Club das Event sponsert. Anica Towae, Vorstandsmitglied des DBW schildert, mit welchen Problemen betroffene Familien Tag für Tag kämpfen. Früherkennung, so Towae, deren Sohn ebenfalls Diabetes hat, sei enorm wichtig ebenso wie Aufklärung. „Das ist wie vom Boot springen“, ruft derweil ein Vater seinem Kind zu, das kurz darauf mutig am Seil nach unten saust, strahlend, gelöst und für einen Moment vollkommen sorgenfrei.