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Eltern in Aufruhr

Kündigungswelle in Knielinger Kita sorgt für Ärger

In der Espira-Kita in Karlsruhe-Knielingen haben binnen weniger Wochen zehn Mitarbeiter inklusive der Leitung gekündigt. Die Eltern sind in Aufruhr, der Träger versucht, zu beruhigen.

Espira Kit in Knielingen
Druck im Kessel: In der Espira-Kita in Knielingen haben zehn Mitarbeiter gekündigt. Eltern berichten über lange anhaltende Probleme und fordern einen Trägerwechsel. Espira selbst sieht sich auf dem richtigen Weg, um die Situation zu verbessern. Foto: Pascal Schütt

Das Motto des Trägers einer Kita in Knielingen klingt für viele Eltern aktuell wie ein schlechter Witz. „Für einen fantastischen Start ins Leben“, verspricht Espira. Davon ist man aber offenbar weit entfernt. Von anhaltenden Personalproblemen, schon vor Corona verkürzten Öffnungszeiten und verspieltem Vertrauen berichten Eltern im Gespräch mit den BNN. Mitarbeiter klagen über fehlende Wertschätzung und Überforderung. Espira selbst bestätigt eine „angespannte personelle Situation“, sieht sich aber auf dem richtigen Weg.

Eltern haben den Glauben an Besserung verloren

„Manchmal weint meine Tochter nachts, weil sie nicht in die Kita will“, erzählt Christina Mai. Eigentlich heißt die Mutter einer Vierjährigen anders, ihr Name ist der Redaktion bekannt. Sie fürchtet aber negative Konsequenzen für ihre Tochter, wenn er in der Zeitung auftaucht. „Die Erzieher sind sehr bemüht, an ihnen liegt es nicht. Aber der ständige Wechsel zermürbt die Kinder.“ Immer wieder habe es Gespräche mit dem Träger gegeben, die nächste Runde beginnt an diesem Freitag. Den Glauben an Besserung hat Mai aber längst verloren. „Bisher waren alles leere Versprechungen.“ Weil der Träger seit Monaten die zugesagten Betreuungszeiten gekürzt habe, gehe es für einige Eltern mittlerweile um den Arbeitsplatz.

Deutliche Worte finden sich auch in mehreren Google-Rezensionen über die Kita. Der Kindergarten sei ein „totales Fiasko geworden“, urteilt ein Nutzer. Man befinde sich nach einem guten Anfang in einer Schleife von Führungswechseln, Mitarbeiterfluktuation und Beschwichtigungen. „Eine einzige Katastrophe“, schreibt ein anderer. Ein „unstrukturierterer Laden“ sei ihm noch nicht untergekommen. Viel Text in Elternbriefen löse das Problem nicht. Sie sei „einfach nur enttäuscht“ über die Entwicklung, berichtet eine Mutter, die ihr Kind schon vor einigen Monaten aus der Einrichtung genommen hat.

Mitarbeiter werfen dem Träger Unaufrichtigkeit vor

Die Kita hatte erst im September 2018 in einem Provisorium eröffnet, mit Platz für 130 Kinder zwischen einem und sechs Jahren in acht Gruppen. Der Umzug in einen benachbarten Neubau steht bevor. Trotzdem kehrt seit zwei Jahren keine Ruhe ein. Es habe mehrere Wechsel in der Leitung gegeben, bestätigt Thomas Igl, Geschäftsführer der Espira, die einige Kitas in München und Nordbaden betreibt. Zu den persönlichen Gründen könne und dürfe man sich nicht äußern. Der nächste Wechsel steht Ende des Monats an, und er wird begleitet von einer Eskalation der Lage. Zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden die Kita in der nächsten Zeit verlassen, auch das bestätigt Igl.

Aus dem Kreis der Mitarbeiter ist derzeit wenig Positives über den eigenen Arbeitgeber zu hören. Der Träger sei unaufrichtig, man spiele mit den Eltern und stelle sich toll dar, ist in einem Chatverlauf zu lesen, der den BNN vorliegt. Gleichzeitig werfe man den Erziehern vor, für die Existenzängste der Eltern verantwortlich zu sein. Es gebe Dienstanweisungen, die man nicht mehr mitgehen wolle. „Ich bin froh, wenn ich da weg bin“, schreibt eine Erzieherin.

Stadt beobachtet die Lage

Unter den Eltern ist die Sorge groß, dass die Kita die ohnehin eingeschränkte Betreuung der eigenen Kinder spätestes ab Mai gar nicht mehr gewährleisten kann. Nur noch drei Erzieher seien dann für die 80 Kinder in den altersgemischten Gruppen da, rechnen sie vor. Mit ihrem Hilferuf haben sie sich an die Stadt gewandt. Aber dort sehe man „den Ernst der Lage nicht“, fürchtet Christina Mai.

„Wir sind schon lange informiert und im Gespräch mit dem Träger“, versichert Sozialbürgermeister Martin Lenz. Die vorgelegten Konzepte seien nachvollziehbar, man werde auf dem Laufenden gehalten und hoffe auf eine interne Lösung. Trotzdem beobachte man die Lage natürlich. Direkt übernehmen könnte nur die Stadt selbst die Trägerschaft, der Wechsel zu einem anderen Träger wäre wohl nur nach einer Ausschreibung möglich, wie sie bei der städtischen Kita-Vergabe seit einigen Jahren Standard ist.

Espira verspricht Transparenz und eine neue Linie

Zur Debatte steht eine solche Übernahme allerdings nicht, sagt Espira-Chef Igl. „Wir sind aktiv dabei, die vergangenen Monate aufzuarbeiten, die Dynamiken im Personal zu verstehen und eine Strategie zu entwickeln, wie wir diese für uns nicht vorhersehbare Eskalationsstufe in Zukunft vermeiden können“, teilt er auf Nachfrage schriftlich mit. Ab März werde ein erfahrenes Führungsteam die Leitung übernehmen. Bei der Personalsuche setze man auf eine Marketing-Kampagne, Personalvermittler und externe Berater. Mit dem Elternbeirat sei man im wöchentlichen Austausch, für die anstehenden digitalen Elternabende verspricht er Transparenz und die Bereitschaft, alle offenen Fragen zu beantworten.

Solche Versprechen habe es schon oft gegeben, hält Christina Mai dagegen. Passiert sei aber nichts. An eine Verbesserung der Situation mit Espira als Träger glaubt sie nicht mehr. „Wenn ich woanders einen Platz bekommen würde, wären wir längst weg“, sagt sie. „Und anderen Eltern geht es genauso.“

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