Die schöne neue Tunnelwelt für Autofahrer beginnt mit einer lang gezogenen Linkskurve. Wer mit seinem Wagen vom Oststadt-Kreisel kommend die östliche Kriegsstraße Richtung Mendelssohnplatz entlang rollt, wird jetzt noch ausgebremst. Und zwar von der Ampel, die nahe Scheck-In den Auto-, Fußgänger- und Radfahrverkehr zwischen Kriegsstraße und Kapellenstraße sortiert.
Das kann dauern. Heute aber ist es schon mal anders: Das stauträchtige Eck bleibt an der Erdoberfläche, während der Wagen mit ansprechendem Innenstadt-Tempo von 50 Kilometern pro Stunde die Tunnelrampe in sanftem Linksschwenk hinabgleitet.
Noch jungfräulich ist der Fahrbahnbelag, frisch duftet das Lack-Aroma der jüngst angebrachten weißen Fahrstreifen-Markierungen.
Es ist dies eine erste Test-Tour mit dem Auto durch den gesamten 1,6 Kilometer langen Kriegsstraßen-Tunnel. Sie ermöglicht Erfahrungen in buchstäblicher Bedeutung, und das vor der Zeit. Noch ist dieser unterirdische Teil der Kombilösung nämlich nicht für den Verkehr freigegeben; nach der aktuellen Planung soll es bald nach Ostern so weit sein.
Demnächst übergibt die Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft (Kasig) das anspruchsvolle Bauwerk dem städtischen Tiefbauamt. Das wiederum wird voraussichtlich nach einer etwa 14-tägigen Testphase zeitnah nach dem 18. April die Röhre ihrer Bestimmung übergeben: dem täglichen Verkehr.
Klar ist bereits jetzt: Autofahrerinnen und -fahrer werden auf der städtischen Ost-West-Transversale deutliche Komfort-Fortschritte und Zeitgewinne erleben. Beispiel Ostrampe: Während sich oberirdisch die Bahnlinie 4 aus der Kapellenstraße kommend an den bei Ampelrot wartenden Autos vorbeischiebt, schwebt der Tunnelverkehr in bekömmlichem Gefälle hinab.
Vom Mendelssohnplatz mit seinen vielfältigen Abbiege-Beziehungen, von der Fassade der Heinrich-Hübsch-Schule und dem tonnenförmigen Dach des Achat-Hotels bleibt allenfalls noch eine Ahnung, während sich der Wagen in Westrichtung unterhalb der Kreuzung bewegt.
Geschwindigkeit wird im Karlsruher Autotunnel penibel kontrolliert
50 Kilometer pro Stunde sind hier maximal gestattet – doch die Abrollgeräusche der Reifen sind dank moderner Asphaltmischung so gering, dass man spontan zu höherem Tempo neigt. Mehr Geschwindigkeit ist allerdings nicht anzuraten, denn das Tempo im Karoline-Luise-Tunnel wird sorgsam kontrolliert. Kameras stehen Gewehr bei Fuß, Induktionsschleifen im Boden lösen sie, wenn nötig, aus.
Sekunden später passiert das Auto auf seiner Fahrt Richtung West unterirdisch das Ettlinger Tor. Die Verkehrsführung ist hier einstreifig, nach rechts geht es direkt in die Parkgarage des ECE.
Links an der Tunnelwand weisen intensiv grün leuchtende Lichtstreifen den Weg zur nächsten Rettungstür, während sich von rechts in Zukunft der Verkehr über die Rampe in den Tunnel fädelt.
Von Ampelkreuzungen wie denen im urbanen Erdgeschoss unbehelligt, geht die Fahrt im Untergeschoss ohne Stopp weiter; das Navi macht deutlich, dass der Wagen auf der Test-Tour soeben den Bundesgerichtshof und also bald das Karlstor passiert.
Die Signalisierung des aktuellen Tempolimits von 30 Kilometern pro Stunde, Fluchthinweise in Grün, vor allem aber das weiß-graue Ambiente, gepaart mit der relativen Helligkeit durch moderne LED-Lampen – all das lässt den Kriegsstraßentunnel auch als Drehort für dramatische Krimi-Szenen tauglich erscheinen.
Rund zwei Minuten nach Einfahrt in die ingenieurtechnische Unterwelt ist schon wieder das sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels zu sehen.
Sanft die Steigung an der westlichen Rampe, frühlingshaft das vereinzelte Grün in den schmalen Vorgärten, und in der Ferne ist die Kreuzung der Kriegsstraße mit Brauer- respektive Reinhold-Frank-Straße zu erahnen.
Wohl noch nie war es so Nerven schonend wie mit diesem Bestandteil der Kombilösung, die Kriegsstraße per Auto rollend zu durchmessen.
