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Laufrad mit Elektromotor

Tüftler präsentiert in Karlsruhe die „Neuerfindung“ der historischen Draisine

Kurt Pichler hat Liegeräder und Einräder gebaut und einen Tretschlauch erfunden. Nun präsentiert er die moderne Version einer Laufmaschine von Karl Drais - und will damit die urbane Mobilität revolutionieren.

Pichler
Neu gedacht: Kurt Pichler hat ein Laufrad für Erwachsene gebaut. Inspiriert wurde er dabei von Karl Drais. Foto: Jörg Donecker

Vollkommen entspannt sitzt Kurt Pichler auf seinem neuen Laufrad. Wenn er anhält, kann er sich mit den Beinen locker abstützen. Wenn er fahren will, hat der 73-Jährige zwei Möglichkeiten.

Entweder er bringt seinen fahrbaren Untersatz mit lockeren Schritten auf Touren. Oder er wählt die bequeme Variante, stellt seine Füße auf die beiden Metallstangen an der Hinterachse und setzt mit dem Daumen-Gashebel am Lenker den Elektroantrieb in Gang.

„Bequemer kann man eigentlich nicht durch die Stadt fahren“, sagt Pichler. Mehrere Jahre lang hat er nach eigenen Angaben an einem Konzept für den Bau eines Laufrads für Erwachsene gefeilt und sich dabei immer von der historischen Laufmaschine des Karlsruher Erfinders Karl Drais inspirieren lassen.

Dass ich Holz verbaue, war von Anfang an klar.
Kurt Pichler über seine Arbeit

Nun hat Pichler den Prototypen einer modernen Draisine fertig. Keine elf Kilogramm wiegt das schnittige Zweirad, die gefederte Sattelstütze ist ebenso aus Metall wie Radgabel und Lenker.

Wie beim historischen Vorbild aus Holz ist allerdings der schlanke „Rahmen“, den Pichler aus gebogenen Spanplatten konstruiert hat. „Dass ich Holz verbaue, war von Anfang an klar. Das war ich dem historischen Vorbild auch schuldig“, sagt er mit einem Schmunzeln.

An die gut 18 Kilogramm schwere, wuchtige Laufmaschine des Mobiltätspioniers erinnert der Neubau sonst nur noch entfernt. Und dank der luftgefüllten Reifen auf den 20-Zoll-Rädern kommt man mit Pichlers Erfindung auch deutlich schneller und bequemer voran als mit der Ur-Draisine, deren metallbeschlagene Holzräder jedes Schlagloch direkt Richtung Hinterteil des Fahrers weitergaben.

Geld verdient hat der schwäbische Tüftler mit seiner neuen Erfindung noch keines. „Bisher habe ich lediglich ein paar Tausend Euro in das Material für eine Kleinserie investiert“, betont er. Öffentlich präsentiert wird das Laufrad nun erstmals in der Radlerhalle im Karlsruher Gewerbehof. Dort können Interessenten auch Termine für Probefahrten vereinbaren.

Kurt Pichler hält nichts von E-Scootern

Im Gewerbehof war Pichler selbst mehrere Jahre tätig. Zwischen 1984 und 1995 betrieb er dort eine Werkstatt und baute Liegeräder und Einräder.

Anfang der 1980er wollte der Maschinenbauingenieur zudem mit Tretrollern für Erwachsene aus seiner damaligen Werkstatt in Heidelberg die Mobilität in den Innenstädten revolutionieren. Den kommerziellen Durchbruch schaffte er mit der Idee allerdings nicht. „Vielleicht war ich meiner Zeit auch nur um einige Jahre voraus“, sagt Pichler rückblickend.

Mit den heutigen E-Scootern hatten seine Tretroller allerdings nichts gemein. Von den kleinen Rädern der Elektroflitzer hält der Experte schon aus Sicherheitsgründen wenig. Pichlers Tretroller hatten 16-Zoll-Räder und Pneus.

Die Idee zur Neuentwicklung der Drais’schen Laufmaschine kam dem umtriebigen Radentwickler übrigens beim Betrachten von Kindern auf einem Laufrad. „Wenn man sieht, wie schnell die Kinder damit sicher fahren, fragt man sich, warum es dann nur wenig später durch ein Fahrrad ersetzt wird“, so Pichler.

Mit den modernen Draisinen hat er vor allem zwei Zielgruppen im Blick. Zum einen Eltern, die die Stadt gemeinsam mit ihren Kindern auf Zweirädern ohne Pedalantrieb erkunden wollen. Zum anderen ältere Menschen, die in einer Großstadt zügig und sicher ans Ziel kommen wollen. „Anstatt hinter einem Rollator herzulaufen, kann man sich nun aufs Laufrad setzen“, sagt Pichler.

Allzu hohe Erwartungen hat er bislang jedoch keine. Geschicktes Marketing sei noch nie seine Sache gewesen, sagt er. Und mit dem Tretschlauch, der einzigen seiner Erfindungen, die offensiv beworben wurde, erlitt Kurt Pichler buchstäblich Schiffbruch. Mit einem futuristischen Gefährt wollte der Liegeradpionier den Wassersport revolutionieren.

Zwischen zwei mit Luft gefüllten Schläuchen hatte Pichler ein pedalbetriebenes Schaufelrad gebaut. „Es war eine Mischung aus Katamaran und Fahrrad, mit der jedermann leicht übers Wasser flitzen konnte“, erinnert sich Pichler.

Pichlers Erfindungen sind nicht immer von finanziellem Erfolg gekrönt

Die Medien waren von der Idee begeistert und sofort mit an Bord, mehrere Wochen lang wurden auf der Müritz Filme von Pichler auf seinem Tretschlauch gedreht. „Gut ausgesehen hat das schon“, sagt er heute. „Aber haben wollte das keiner.“

Nicht vom finanziellen Erfolg gekrönt war auch eine weitere von Pichlers Erfindungen, nämlich die pedalbetriebene Schienendraisine für den Einsatz auf stillgelegten Bahngleisen. Seine Brötchen hat er nach seinem Wegzug aus Karlsruhe als Berufsschullehrer verdient, heute betreibt er im pfälzischen Ludwigswinkel eine Radwerkstatt und ein Spielautomatenmuseum.

Beim Betrachten der modernen Laufmaschine drängt sich aber noch eine Frage auf. Warum wurde der Sperrholzrahmen mit einem Zebramuster verziert? Einen Grund dafür gebe es nicht, sagt Pichler. „Ich wollte den Leuten eigentlich nur klarmachen, dass jeder sein Laufrad nach eigenen Wünschen und Vorstellungen gestalten kann.“

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