Wenn am Sonntag, 8. Januar, die zehnte Auflage der Karlsruher Vesperkirche am Werderplatz in der Südstadt ihre Pforten öffnet, dann ist das eigentlich kein Grund zum Feiern. Besser wäre es, wenn Vesperkirchen erst gar nicht nötig wären. „Wir feiern mit unseren Gästen vor allem, dass es so viele Ehrenamtliche in der Stadt und im Umland gibt, die mit ihrem Engagement unsere Vesperkirche tragen“, sagt Lara Pflaumbaum.
Als Pfarrerin der Johanniskirche wirkt sie mittendrin mit, an einem der sozialen Brennpunkte der Stadt. Es sei schon immer eine große Herausforderung gewesen, doch in diesem Jahr werde noch mit deutlich mehr Gästen gerechnet. „Wir erwarten diesmal viele Menschen, die sich wegen steigender Energiekosten ihr Essen nicht mehr leisten können.“
Essen werden in Karlsruhe draußen ausgegeben
Und natürlich ist noch immer Corona ein Thema, das durch zahlreiche andere, aktuell grassierende Infektionskrankheiten zusätzlich verstärkt werde. Wie im Vorjahr wird das Essen deshalb wieder vor der Kirche ausgegeben und konsumiert, die Kirche selbst soll jenen offen stehen, die sich aufwärmen wollen.
Wobei der Begriff Wärme durchaus relativ zu sehen ist. Mehr als 15 bis 18 Grad Celsius werde es drinnen kaum haben. Es gehe eher um Gespräche, die das Herz erwärmen, die Möglichkeit, beisammen zu sitzen und sich unterhalten zu können. In der Kirche besteht dabei weiterhin Maskenpflicht (FFP2), draußen werden Masken zumindest empfohlen.
Um den erwarteten Andrang abzumildern werden auch in diesem Jahr wieder „Außenstellen“ beliefert. 80 Essen gehen täglich zum Tagestreff „TÜR“ in der Kriegsstraße, wo sich Wohnungslose tagsüber treffen. Weitere 30 bis 50 Essen gehen ans „A3“, dem Alkohol akzeptierenden Aufenthaltsraum am Werderplatz.
Bis zu 400 Essen werden täglich ausgegeben
Trotzdem fürchtet Pflaumbaum, dass die Kapazitätsgrenzen der Johanniskirche überschritten werden. Von den 40 bis 50 Ehrenamtlichen könnten täglich rund 400 Essen im Umfeld der Kirche ausgeben werden, so die Erfahrungen aus den vergangenen Jahren.
Vielleicht müsse man diese Zahl diesmal auf bis zu 500 steigern. Positiv sei, dass bei vielen Spendern das Problembewusstsein geschärft wurde. Viele fragen nach, wie sie noch zusätzlich helfen könnten.
Das Angebot der Vesperkirche umfasst aber auch in diesem Jahr weit mehr, als nur die Versorgung mit Essen und Trinken. Die sehr gut bestückte Kleiderkammer wird wieder geöffnet haben und erstmals gibt es so etwas wie ein Glücksrad, an dem Gutscheine für Geschäfte vornehmlich am Werderplatz verlost werden. Sehr starke Nachfrage ist wohl an der Hütte mit selbstgestrickten Socken zu erwarten.
Tierärzte und Friseure kommen
Und auch die Tierärztin, die an zwei Nachmittagen vor Ort sein wird, kann sich wieder auf großen Andrang einstellen. „Die Tiersprechstunde hat sich als enorm wichtig erwiesen“, sagt Pflaumbaum, die Menschen und ihre tierischen Begleiter würden an diesen Tagen lange Schlangen vor der Kirche bilden.
Fast genau so wichtig seien aber die Friseurtermine, die an vier Nachmittagen endlich wieder von Friseurklassen angeboten werden. Diese Termine seien während der Pandemie von vielen total vermisst worden.
Eröffnet wird die zehnte Karlsruher Vesperkirche am 8. Januar mit einem Gottesdienst um 10 Uhr. Im Anschluss soll es dann ein erstes, gemeinsames Mittagessen geben. Am 29. Januar ist ein Tiergottesdienst mit Segnung der Tiere eingeplant. Und richtig feierlich wird es dann am 5. Februar. Vor dem Abschlussgottesdienst um 15.30 Uhr, zu dem sich auch Landesbischöfin Heike Springhart angekündigt hat, wird es ein Konzert mit der Formation Pizzicato Blue aus der Südstadt geben.
Service
Die zehnte Karlsruher Vesperkirche findet vom 8. Januar bis 5. Februar, täglich von 10.30 bis 16 Uhr, in und um die Johanniskirche am Werderplatz statt.