Wenn Diana Burkart in der Innenstadt unterwegs ist, wird sie immer wieder erkannt und angesprochen. Dabei ist die 24-jährige Karlsruherin weder prominent noch läuft sie in besonders auffallenden Outfits durch die Gegend. Burkart ist Informatikerin und als sie vor vier Jahren mit dem Studium begann, war sie in Vorlesungen mit über 800 Studierenden eine der wenigen Frauen. „Da hat sich wohl der eine oder andere Kommilitone mein Gesicht gemerkt“, sagt Burkart mit einem Schmunzeln.
Unangenehm sind ihr solche Begegnungen in der Stadt allerdings nicht. Warum auch, fragt die Informatikerin. „Die Leute fragen ja meistens nur, wie es mir geht und was ich mittlerweile so mache.“ Wenn Burkart Zeit hat, erzählt sie, dass sie nach ihrem Bachelor-Abschluss mit dem Master-Studium beginnen will. Und dass sie als Tutorin des Girls` Digital Camp am St-Dominikus-Gymnasium tätig ist. Ihr Ziel: Mehr Mädchen für ein Studium in den naturwissenschaftlichen Fächern begeistern.
Programmier-AGs für Mädchen werden vom Wirtschaftsministerium gefördert
Die Programmier-AGs für Mädchen werden vom baden-württembergischen Wirtschaftsministerium gefördert und in der Fächerstadt an mittlerweile 13 Schulen vom Cyberforum in Rahmen der Karlsruher Technik-Initiative organisiert. „Mädchen sind in gemischten Gruppen meistens klar in der Unterzahl und fühlen sich unter lauter Jungs manchmal unwohl“, nennt Koordinatorin Sonja Lambrecht den Grund für die Kurse.
Die Scheu vieler Schülerinnen vor den naturwissenschaftlichen Fächern spiegle sich während der gesamten Bildungslaufbahn wider. Auch in den naturwissenschaftlichen Leistungsfächern und Studiengängen sind Frauen unterrepräsentiert. Am Karlsruher Institut für Technologie ist der Anteil von Studentinnen in den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) in den vergangenen fünf Jahren trotz zahlreicher Förderprogramme nur leicht von 25,1 auf 26,9 Prozent gestiegen. An der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft ist der Studentinnen-Anteil in den naturwissenschaftlichen Studiengängen sogar etwas geringer.
Karlsruher Technik-Initiative gehört zu den 100 Zukunftsideen für Deutschland
„Man muss die Mädchen früh abholen und zeigen, dass Mathe und Informatik spannende Fächer sind“, sagt Lambrecht. Deshalb werden die Teilnehmerinnen bei den AGs der Karlsruher Technik-Initiative spielerisch und experimentell an die Herausforderungen des Konstruierens und Programmierens herangeführt. Roboterbauen steht ebenso auf dem Plan der Camps wie Einblicke in die Karlsruher Forschungseinrichtungen und IT-Unternehmen. Die Karlsruher Technik-Initiative ist mit Angeboten für über 1.500 Schülerinnen und Schüler das größte regionale MINT-Förderprogramm und wurde vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft in die Liste der 100 besten Zukunftsideen Deutschlands aufgenommen.
Und der Erfolg gibt den Organisatoren der Mädchen-Kurse recht. Bei Lisa und Mona wurde das Interesse am Programmieren und Tüfteln durch solche Aktionen bereits geweckt. „Die Camps sind eine tolle Sache“, sagt Lisa, die in die siebte Klasse des Bismarck-Gymnasiums geht und von einem Lehrer zur Teilnahme an den AGs ermutigt wurde. Die Begeisterung für die Naturwissenschaften wurde der Tochter einer Mathematikerin ein Stück weit in die Wiege gelegt. Ob sie einmal in die Fußstapfen ihrer Mama treten will, weiß Lisa noch nicht. Sich den ganzen Tag nur mit Zahlen zu beschäftigen, sei dann doch nicht ihr Ding.
„Mathe und Informatik mag ich in der Schule besonders gern. Und irgendwie fallen mir diese Fächer auch leicht“, ergänzt Neuntklässlerin Mona vom Gymnasium Neureut. Bei den außerschulischen Übungseinheiten habe sie viel Neues gelernt und die Lust am Programmieren entdeckt. Monas Freundinnen können ihre Begeisterung für die wundersame Welt der Zahlen oft nicht verstehen. „Ich bin bei uns in der Klassenstufe eines der wenigen Mädchen, das gerne Mathe macht“, sagt die Neuntklässlerin. Warum das so ist, kann sie nicht sagen. Den Spaß am Rechnen und Konstruieren lasse sie sich aber weder von den Sprüchen der Jungs noch von der Skepsis ihrer Freundinnen gegenüber ihrem Hobby verleiden.
Höherer Frauenanteil sorgt für besseres Betriebsklima
Bei der Dominikus-Abiturientin Burkart wurde die Lust an naturwissenschaftlichen Fächern ebenfalls durch eine Technik-AG geweckt. „Da habe ich zum ersten Mal gemerkt, wie viel Spaß mir solche Sachen machen“, sagt sie. Dass sie sich nach dem Abitur für ein Informatik-Studium entschloss, hat sie bis heute nicht bereut. „Natürlich fühlt es sich manchmal komisch an, die einzige Frau unter vielen Männern zu sein“, sagt Burkart. Typische Frauengespräche habe sie dabei allerdings nie vermisst.
Und wenn die männlichen Mitstreiter bei der Gruppenarbeit testosterongesteuerte Sprüche ablassen, reicht bislang meistens der klare Hinweis, dass sich auch eine Frau im Raum befindet. Ausgegrenzt oder gar sexistisch behandelt worden sei sie noch nicht, so Burkart. Die positiven Erfahrungen überwiegen. „Wenn ich mal Hilfe brauche, ist sofort ein Kommilitone da, der mir das Problem verständlich erklärt.“
Dass sich das im Beruf auch mal ändern kann, ist ihr bewusst. Ihre Frau stehen und durch fachliche Kompetenz überzeugen hat sie aber schon während des Studiums gelernt. Trotzdem hält es Diana Burkart für ungemein wichtig, dass sich künftig mehr Frauen für ein Informatik- oder Ingenieursstudium einschreiben. „Mädchen brauchen Vorbilder aus dem echten Leben. Denen können sie dann nacheifern“, sagt die Informatikerin. „Außerdem sorgt eine gesunde Mischung von Frauen und Männern für ein besseres Betriebsklima.“