Es gibt keine Mahnwache und ebenso kein gemeinsames Gebet für die Toten: In der Corona-Krise muss auch das Gedenken an die sogenannte Pogromnacht vom 9. November 1938 und die Zerstörung jüdischen Lebens anders gestaltet werden.
Der evangelische Dekan Thomas Schalla und sein katholischer Kollege Hubert Streckert rufen dazu auf, am Montag am Platz der alten Synagoge in der Kronenstraße eine Blume niederzulegen. „Dieses Zeichen der solidarischen und geschwisterlichen Verbundenheit halten wir in dieser Zeit für besonders wichtig“, erklären die beiden Geistlichen.
Mentrup legt Blumen nieder, Reden sind nicht geplant
Am Montag wird um 14 Uhr Oberbürgermeister Frank Mentrup am Platz vor der früheren Synagoge einen Kranz niederlegen. Reden sind nicht geplant. „Lediglich eine Gedenkminute wird im kleinen Kreis gehalten“, erklärt Solange Rosenberg von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Dieser Kreis organisiert seit langem das Gedenken zum 9. November. In diesem Jahr war bald klar: Die sonst übliche Abendveranstaltung im Tollhaus muss ausfallen. Abgesagt wurde der Vortrag über „Antisemitismus heute“ von Beate Küpper. Sie ist Professorin für Soziale Arbeit in Gruppen- und Konfliktsituationen an der Hochschule Niederrhein.
Rosenberg und ihre Mitstreiter versuchten, das Gedenken tagsüber in der Kronenstraße möglich zu machen. „Wir haben ständig umgedacht und umgeplant. Wir haben sogar ein Klavier gemietet und einen Pavillon angeschafft“, erzählt Rosenberg, die auch Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde ist.
Nicht einmal Totengebet wegen Corona möglich
Am Ende war klar, dass selbst das Totengebet Kaddisch - für das im Judentum zehn Beter gebraucht werden - im Zuge der neuen Corona-Vorgaben nicht gesprochen werden kann. „Selbst das Gedenken ist in dieser Zeit nicht möglich“, so Rosenberg. Das mache sie traurig. „Aber es ist höhere Gewalt. Und die Gesundheit ist das wichtigste.“
Nun kann also jeder Karlsruher mit einer Blume ein Zeichen setzen. Bereits am Sonntag soll in den Gottesdiensten der Ereignisse vor 82 Jahren gedacht werden. Damals brannten vom 9. auf den 10. November landauf, landab und so auch in Karlsruhe Synagogen. Jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden verwüstet. In dieser Pogromnacht wurden sowohl die Synagoge der liberalen Gemeinde in der Kronenstraße als auch die der orthodoxen in der Karl-Friedrich-Straße zerstört.