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Frisch gespurt für die Radler

Mit dem Pop-up-Radstreifen in Karlsruhe treibt das Radler-Bündnis die Verkehrswende an

Die Radler haben eine Spur für sich, die Autofahrer eine weniger. Die nur für vier Stunden verkehrte Welt auf der Karlsruher Hans-Thoma-Straße heizt die Diskussion über die Verkehrswende an. Wie viel Umbau zu Gunsten der Radler ist für die moderne Stadt zwingend?

Pop-Up Radweg.
Die Fahrbahn ist frisch gespurt: Jetzt können die Radler stadteinwärts zwischen Stephanien- und Waldstraße sicheren Tritts und ohne beengendes Blech in gefährlicher Nähe neben sich in die Innenstadt gelangen. Foto: Peter Sandbiller

Den Autofahrern wird eine von zwei Spuren genommen, und den Radfahrern wird sie gegeben. Am Samstag hat das Bündnis Karlsruher Aktiver für mehr Fahrradverkehr bei seiner fünften und letzten Sommerferienaktion die Verhältnisse in der Hans-Thoma-Straße für vier Stunden verändert.

Die Fahrbahn ist frisch gespurt: Jetzt können die Radler stadteinwärts zwischen Stephanien- und Waldstraße sicheren Tritts und ohne beengendes Blech in gefährlicher Nähe neben sich in die Innenstadt gelangen. Die Autofahrer haben mit einem Streifen auszukommen, was sie im Einkaufsverkehr am Samstag Richtung Geschäfte in dichter Reihe vor der Ampel bei der Kunsthalle auffahren lässt. Die große Schlange aber bildet sich nicht.

„Es geht”, meint Joachim Weiß vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club. Die Rad-Aktivisten fühlen sich bestätigt. Was an einem Sommersamstag funktioniere, könne sich auch im Berufsalltag bewähren: mehr eigene Spuren für Radfahrer und damit mehr Sicherheit, selbst Kinder könnten dann ungefährdet in der Großstadt radeln.

Folglich würden auch noch mehr Autofahrer bei der Fahrt in der Stadt aufs Rad umsteigen, was wiederum die Stadtluft verbessert, meint Weiß.

Hütchen verändern vorübergehend die Verkehrswelt

Auf jeden Fall sorgt so ein schnell mal mit Hütchen auf die Straße gezauberter Pop-up-Radweg für Diskussionsstoff, was dem Pro-Rad-Bündnis nur recht ist.

Immerhin ist die seit rund 20 Jahren immer kräftiger strampelnde Fahrradstadt Karlsruhe derzeit besonders stark in Bewegung: Die Klimakrise und die Stadtplanung für eine attraktive City mit hoher Aufenthaltsqualität treiben die Verkehrspolitiker inzwischen fast aller Fraktionen zu einer immer höheren Drehzahl in der Verkehrswende an. Der Umbau Karlsruhes von der einst Auto gerechten zur immer mehr Fahrrad gerechten Stadt läuft auf Hochtouren.

Oberbürgermeister Frank Mentrup ist dabei längst der wichtigste Dynamo. Die Entwicklung der Innenstadt mit der Neuverteilung der Verkehrsflächen als Hauptkraft hat der OB zur Chefsache gemacht. Deshalb lobt er das Fahrradbündnis: Es biete mit den Pop-up-Radstreifen Praxistests an Samstagen, die wertvolle Anstöße für die Politik sowie Erlebnisse für die Radfahrer selbst liefern.

Mentrup sieht Handlungsbedarf, um die Situation der Radfahrer an den Kreuzungen zu verbessern. Überhaupt müsse die Qualität des Radwegnetzes ausgebaut werden.

Mentrup will den Raum neu aufteilen

Mentrup macht deutlich, dass manche Straße, die bislang wie die Hans-Thoma-Straße vom Autoverkehr dominiert wird, auch aus städtebaulicher Überzeugung umzugestalten sei. Dabei bringt er auch eine Neuordnung mit deutlich vergrößerter Freifläche für die Besucher vor der Kunsthalle ins Spiel.

Dabei will OB Mentrup den Autos nicht den Weg in die City versperren. Die Innenstadt müsse für alle gut erreichbar sein: auch für den, der auf das Auto angewiesen sei, oder für den, der nur meine, auf den eigenen Wagen bei der Fahrt in die Stadt nicht verzichten zu können. Am Willen zu einer Änderung der Raumaufteilung lässt er aber keinen Zweifel.

Karsten Kilian von Greenpeace erkennt zwar positive Entwicklungen in der Karlsruher Radpolitik, prangert aber weiter gravierende Missstände an. „Es gibt immer noch viele Gefahrenpunkte und Ampelschaltungen, an denen der Radverkehr keinen Vorrang genießt oder sogar krass benachteiligt wird”, kritisiert er. Überhaupt sei die ungleiche Flächenverteilung zwischen Auto und Rad nicht mehr hinnehmbar, meint Kilian.

Eine Verengung bringt das Chaos, das führt den Berufsverkehr am Morgen in den Stau.
Tilman Pfannkuch, Chef der CDU-Gemeinderatsfraktion

Tilman Pfannkuch, Chef der CDU-Gemeinderatsfraktion, hält nichts vom „ideologischen Kampf gegen das Auto” und fordert differenzierte Lösungen, die sich am Bedarf der Bürger orientierten. Deshalb hält er nichts von der Radspur auf Kosten der Autofahrer in der Hans-Thoma-Straße stadteinwärts. Er fordert andere Rezepte, welche die Situation der Radler dort verbessern, wo sie wie in der Hans-Thoma-Straße im Alltag nicht mal einen schmalen Weg für sich haben, sondern im starken Autoverkehr mitschwimmen müssen

„Die Zweispurigkeit auf der Hans-Thoma-Straße stadteinwärts für die Autofahrer hat sich bewährt. Eine Verengung bringt das Chaos, das führt den Berufsverkehr am Morgen in den Stau”, meint Pfannkuch.

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