
Ungewöhnlich der Anblick. Da, wo sonst städtische Angestellte mit Aktentaschen die Stufen hinauf zu ihrem Arbeitsplatz eilen, schwingen nun weiße Röcke, bewegen sich flink die Füße, erklingen südamerikanische Rhythmen und schwenkt ein rotes Tuch. Die Tanzgruppe Wayra verbreitet auf dem Rathausvorplatz südamerikanisches Flair unter einem ebenfalls südlich-blauen Karlsruher Himmel.
Es ist „Mondo“. Ein buntes Fest für alle und zwar für wirklich alle. Für Menschen, die schon immer in Karlsruhe leben, und für Menschen, die neu in dieser Stadt sind, die hier eine Heimat suchen oder gefunden haben, und die ihre Kultur in die Stadtgesellschaft einbringen.
Das bunte Fest hieß früher Fest der Völkerverständigung, doch spiegelt der Begriff „Mondo“ eher den Grundgedanken, Trennendes aufzuheben und den Austausch innerhalb der Kulturen zu fördern.
Karlsruher OB Mentrup hält leidenschaftliche Rede über die Früchte von Pluralität
Nachdem Bauarbeiten und Corona das Gesamtbild des Festes verändert hatte, fand es nun wieder da statt, wo es nach Ansicht aller Redner hingehört: In die Stadtmitte vor das Rathaus. In einer geradezu flammenden aber auf jeden Fall leidenschaftlichen Rede bekannte sich Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) zur weltoffenen Pluralität in dieser Stadt, von der jeder etwas habe und von der jeder profitiere.
Die Durchdringung der verschiedenen Kulturen belebe die Stadt und trüge zu Toleranz bei. Besonders freue ihn, so Mentrup, dass das Fest auf den 17. Juni fiel, den Tag im Jahr 1715, an dem Karlsruhe seine Gründung erlebte. Karlsruhe, so führte er aus, ist eine Stadt, die immer schon offen war, Religionsfreiheit gewährte und auf den Zuzug von Menschen aus anderen Ländern angewiesen war.
Fest fällt diesmal auf den Gründungstag Karlsruhes
Barbara Mehnert, Vorsitzende des Internationalen Begegnungszentrums (IBZ), Veranstalter des seit 30 Jahren begangenen Festes, hob in ihrer Eröffnungsrede das Engagement der vielen Vereine aus aller Welt und Gruppen sowie der Künstler hervor, die sich bei dem Treiben auf dem Marktplatz einbrachten. „Heute können wir wieder hier feiern und das freut uns ganz besonders.“
Heute können wir wieder hier feiern.Barbara Mehnert, IBZ-Vorsitzende
Das IBZ stehe für ein friedliches Miteinander ohne Rassismus und ohne Diskriminierung. Eva Geerken, Geschäftsführerin des IBZ, hob noch einmal hervor, dass jeder willkommen sei und jeder mitfeiern könne, egal, wie sein Aufenthaltsstatus derzeit sei. Empathie und das Verständnis für Menschen mit vielfältiger Fluchterfahrung werde durch solche Aktionen gefördert, freute sich auch Marion Schuchhardt vom Verein „Freunde für Fremde“. Soweit die offiziellen Statements.
Doch wie empfanden die Besucher das Fest, wie fühlten sich die Menschen in den Ständen ihrer Vereine – es waren mehr als 50 –wirklich? Hier waren die Erfahrungen nur positiv. Viele Besucher fühlten sich angezogen von den fremdartigen Gerüchen, die etwa vom Stand der Äthiopischen Orthodoxen Kirche ausgingen.
Fekadu Kerzit freute sich, mit Besuchern über ihr Land sprechen zu können. Gut besucht auch der ukrainische Stand. Olha Bobrivets lebt erst drei Monate in Karlsruhe, spricht fließend Deutsch, fühlt sich in der Stadt gut angenommen und bietet Wokshops an, um mit ihrem Land vertraut zu machen.
Nicky Bjantio, Tanzlehrerin aus Kamerun, gibt vor dem Rathaus eine Kostprobe ihrer Tanzkunst. Sie lebt seit zehn Jahren gerne in Karlsruhe und erlebt die Bewohner dieser Stadt als aufgeschlossen. Fast ein wenig staunend stehen Linda Scholz und Rolf Meinhardt inmitten all dem musikalischen und tänzerischen Treiben an einem Stehtisch. Die beiden sind Neu-Karlsruher, aus dem Hessischen zugezogen, und von ihrer neuen Heimat und vom Fest begeistert. „Hier lernt man Menschen aus den verschiedensten Ländern kennen. Das ist super.“ Und wenn es nicht mehr hieße: „Wir Karlsruher und ihr, die Fremden,“ sondern „Wir alle zusammen“, dann wäre der Sinn des Festes aus der Sicht der Veranstalter und der Helfer erfüllt.