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Bühne

Künstler werben fürs Impfen

Wie Karlsruher Musiker durch die vierte Corona-Welle kommen

Mit der 2G-plus-Regelung werden aktuell wieder zahlreiche Veranstaltungen in Karlsruhe und der Region abgesagt. Wie erleben Künstler, Sänger und Musiker aus Karlsruhe die vierte Corona-Welle?
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Deutschland befindet sich mitten in der vierten Corona-Welle. Mit der Alarmstufe II können Freizeitangebote wie Konzerte in Baden-Württemberg nur noch mit 2G plus besucht werden.

Welche Auswirkungen hat das für Karlsruher Musiker? Wurden deshalb wieder Auftritte abgesagt?

Wie geht es ihnen und woran arbeiten sie gerade? Die BNN-Redaktion hat sich umgehört.

Mickela Löffel aus Karlsruhe veröffentlicht neue Single

Die Sängerin und Songwriterin Mickela Löffel, die durch die TV-Show „The Voice of Germany“ bekannt wurde, hat gerade einen neuen Song herausgebracht. Er heißt „Für schlechte Tage“. „Das Lied passt einfach wie die Faust aufs Auge für die aktuelle Zeit“, sagt die Sängerin. „Es macht von der Musik her mega gute Stimmung, spricht aber trotzdem aus, dass wir schlechte Tage haben.“

Löffel ist gerade zurück von einer vierwöchigen Reha und sprüht nur so vor Energie. Sie hat Lust auf Neues und ist daher dabei, Musik zu produzieren. „Schlag auf Schlag kommen neue Songs“, kündigt die Karlsruherin an.

Frau Bank Schlossgarten
Die Sängerin Mickela Löffel aus Karlsruhe hat gerade einen neuen Song veröffentlicht – „für schlechte Tage. Foto: Tanja Rastätter

Wenn alles glattläuft, gibt es ab Dezember auch Merchandising-Artikel zu kaufen. Insgesamt werde alles etwas professioneller bei ihr, das sei zumindest ihr Anspruch. Ihr nächstes Konzert ist erst am 30. Januar im Jubez. Bis dahin möchte sie unbedingt mehr Straßenmusik machen – vielleicht auch auf dem Karlsruher Christkindlesmarkt.

Fast täglich trudeln bei der Seán Treacy Band Absagen ein

Die Seán Treacy Band steht mittlerweile seit 25 Jahren auf der Bühne. Gerade wurde ein Konzert für Ende Dezember in der „Alten Bank“ abgesagt – weitere werden voraussichtlich folgen.

„Momentan sieht es so aus, dass die eh schon wenigen Konzerte im Winter auch wieder abgesagt werden“, sagt Schlagzeuger Stefan „Buchi“ Buchholz, bei dem fast täglich Absagen eintreffen. Er bezeichnet das als eine Tragödie für die Kulturschaffenden. Buchholz hält es für fraglich, ob es in der Zeit nach Corona die meisten wieder zurück auf die Bildfläche schaffen.

Bühne Musiker
Wie ergeht es den Musikern in Karlsruhe im Moment? Foto: Rake Hora

Hinzu komme, dass die Soforthilfe seitens der Regierung nun wieder zurückgefordert werde, sofern sie nicht für Betriebsausgaben verwendet wurde. „Und welcher Musiker hat schon großartige Betriebskosten?“, gibt der Musiker zu bedenken. Er bezeichnet das ganze als einen Skandal. „Aber Hauptsache Flugzeuge und Stadien sind voll.“

Der Schlagzeuger werde im Falle eines neuen Lockdowns wieder mit „Buchi trifft“ streamen. Von Alex Auer bis Rolf Ableiter stehen ihm namhafte Gäste zur Verfügung.

Seán Treacy Band, Band, vier Männer
Auch nach 25 Jahren noch mit viel Spaß bei der Sache: Die Seán Treacy Band (v.l.n.r.: Stefan Buchholz, Claus Bubik, Seán Treacy, Andreas Bock) hat rund 3.500 Konzerte gegeben. Foto: Thomas Zimmer

Buchholz selbst gehe es persönlich gut. Der Musiker und seine Liebsten seien geimpft und gesund, er selbst sei bereits geboostert. Abgesichert hat er sich mit einem Job in einem Pflegeheim in Karlsruhe-Durlach. Dort arbeitet er als Sozialbetreuer demenzkranker Menschen, was zu seinem Erziehungswissenschaften-Studium passt. „Ohne diesen Job wäre es eng geworden“, sagt er offen.

Seine Meinung ist klar: „Solange sich nicht mehr Menschen impfen lassen, werden wir noch lange nicht unserem Beruf beziehungsweise unserer Berufung nachgehen können. Und die Menschen werden keine Kulturangebote bekommen.“ Buchholz appelliert deshalb an die Menschen, sich impfen zu lassen.

Für 2022 hat der Karlsruher Sänger Holger Ilg schon Termine

Der Karlsruher Holger Ilg, unter anderem Sänger bei „Wobbie Rilliams“ und „Inside Love Galaxy“, ist derzeit in der glücklichen Lage, nicht von der Musik leben zu müssen, da er dies nicht hauptberuflich macht. Bei ihm sei es jedoch ebenfalls so, dass gebuchte Termine von Veranstaltern abgesagt wurden oder auch private Feiern. „Das ist natürlich auch verständlich“, so Ilg. Für das nächste Jahr gebe es bereits gebuchte Termine, unter anderem ein Konzert mit einem Orchester, was er sehr spannend findet.

Mann, Hut, Sonnenbrille
Holger Ilg, Sänger aus Karlsruhe. Foto: Holger Ilg

Der Sänger hat die vergangenen Monate damit verbracht, neue Songs für sein zweites Album zu schreiben. Außerdem hat er darüber nachgedacht, sich musikalisch neu zu orientieren. Für große Bands werde es künftig schwer werden.

Ilg plant derzeit ein Akustikprojekt, da es in Zukunft möglicherweise nur Auftritte im kleineren Rahmen geben wird. „Hier und da vielleicht mal ein Livestream, wobei dies weder fürs Publikum noch für den Künstler den gleichen Effekt wie ein Konzert hat“, lautet seine Prognose.

Veranstalter sollten die Profi-Musiker in der Corona-Krise unterstützen

Obwohl er das Gefühl hat, dass die Musiker in der Region in dieser schlimmen Phase einen größeren Zusammenhalt an den Tag legen als der Rest der Gesellschaft, muss er sagen, dass man doch eher die Musiker unterstützen sollte, die wirklich davon leben und mit den Einnahmen eine Familie ernähren müssen.

„Es gibt viele Musiker, die sich zu Dumping-Preisen anbieten, um zu spielen und nicht davon leben. Vielleicht sollten diese ein bisschen zurückstecken“, sagt der Sänger. Auch Veranstalter sollten hier umdenken. Er selbst habe das Vergnügen gehabt, mit solchen Musikern die vergangenen 20 Jahre zusammenzuarbeiten und dadurch habe er vieles lernen können.

Trotz allem sei er ein positiver Mensch. Er glaube daran, dass auch wieder andere Zeiten kommen werden. Natürlich ärgere es ihn, wenn er ein voll besetztes Fußballstadion sieht und gleichzeitig kein Konzert möglich sei. Da fehle ihm das Verständnis.

Musik
Viele Künstler haben sich während der Pandemie neue Schwerpunkte gesucht und zum Teil neue Geschäftsfelder erschlossen. Foto: Rake Hora

Auf jeden Fall müsse die Kultur einen höheren Stellenwert haben als der Fußball. Und das sage er selbst als Fußball-Fan. Auch Karlsruhe als Kulturstadt müsse da mehr Engagement zeigen und versuchen, für die Szene mehr zu tun, findet Ilg. Es gehe schließlich auch um Nachwuchs.

Danny Konz aus Karlsruhe zeigte Kollegen, wie Livestreams funktionieren

Und um den Nachwuchs kümmert sich die Karlsruher Sängerin Danny Konz („Danny & the boys“) in ihrer Gesangsschule besonders. Seit Beginn der Pandemie hat die mittlerweile geboosterte Asthmatikerin auf Online-Unterricht umgestellt. Damit ihre Schüler überhaupt noch Auftritte haben, rief sie die „Acoustic Stage“ ins Leben, bei der immer Nachwuchskünstler vor bekannten Künstlern auftreten.

Außer für junge Künstler schlägt das Herz der Sängerin für soziale Projekte. Seit etwa zehn Jahren unterstützt sie mit „Lady’s Voice“ Menschen in Not und soziale Projekte wie die Krebshilfe, Musiker im Ahrtal oder auch Obdachlose bei der Essensausgabe am Kühlen Krug.

Etwa rund 80 Künstlern zeigte sie beim ersten Lockdown, wie man Livestreams macht. „Das hat mir zuvor mein Mann erklärt und ich wollte es weitergeben“, sagt die 52-Jährige. So initiierte sie 80 individuelle Probekonzerte mit Kollegen. Diese haben ihr als Dank einen Großteil der Erlöse aus ihren Online-Konzerten für ihre sozialen Projekte gespendet.

Danny Konz
Danny and the boy bei ihrem Auftritt als „Walking Act“ auf der Karlsruher Bierbörse. Foto: privat

In Bezug auf die Soforthilfe gibt Konz zu bedenken, dass viele Musiker überhaupt keine Soforthilfe bekommen hätten oder sie diese mittlerweile zurückbezahlen müssen. Ihr Mann und sie haben aufgrund der aktuellen Entwicklungen bereits vor sechs Wochen alle Konzerte abgesagt.

Ihr letzter Auftritt war Anfang Oktober in Remchingen. „Wir möchten da mit gutem Gewissen vorangehen“, so die Sängerin, die seit 36 Jahren im Geschäft ist und in den Musikerkreisen „als erste Rocksängerin Karlsruhes“ gilt. Aktuell habe sie keine Auftritte mehr im Kalender stehen.

Auch sie musste während der Pandemie erfinderisch werden. Bei Auftritten wie der Karlsruher Bierbörse funktionierten sie gemeinsam mit ihrem Mann einen Bollerwagen zu einer mobilen Bühne als „Walking Act“ um. Zudem konzentriere sie sich mittlerweile mehr auf die Vermittlung von Künstlern. Sie habe beobachtet, dass jeder ihrer Kollegen sich anders aufstelle. Natürlich dürfe bei ihr auch die eigene Musik nicht zu kurz kommen. So schreibe sie derzeit außerdem an eigenen Songs.

Sandie Wollasch spielte zuletzt in Remchingen ein Konzert

Die Karlsruher Sängerin Sandie Wollasch gab am vergangenen Samstag ihr vorerst letztes offizielles Konzert mit Matthias Hautsch in Remchingen. Von 160 verkauften Karten kamen trotz der Corona-Entwicklung alle Besucher.

Es war unheimlich emotional.
Sandie Wollasch, Sängerin

„Es war unheimlich emotional“, sagt sie. Überhaupt sei es seit Corona jedes Mal etwas Besonderes, wenn man auf der Bühne stehen dürfe.

„Nach der Verbeugung war es komisch, weil man nicht weiß, wann man das nächste Mal wieder ein Konzert gibt“, so die Sängerin über die ungewisse Zeit. Im Sommer habe sie großes Glück gehabt, da sie oft spielen und an ihrer eigenen Platte sowie der Platte mit Matthias Hautsch arbeiten durfte.

Frau, Sängerin
Im Februar erscheint das neue Solo-Album der Karlsruher Sängerin Sandie Wollasch. Foto: Nico Schnepf

Sie habe viel Unterstützung erhalten. „Die Leute freuen sich, dass sie wieder auf Konzerte gehen dürften“, sagt sie. Der zweite Lockdown habe sie schon getroffen. Da habe sie die Kollegen sehr vermisst. Nun werde sie sich wieder auf die Couch setzen, ihre Gitarre in die Hand nehmen und an Songs schreiben.

Online-Sendereihe „Musik aus der Ladenecke“ in der Lockdown-Zeit ins Leben gerufen

„Wir brauchen von der Politik eine klare Ansage, wie es nun weitergeht“, erklärt Wollasch. Für sie war die Lockdown-Zeit mit ihrem Sohn sehr wertvoll. Es sei ihr vor wie eine zweite Elternzeit vorgekommen.

Drei Personen, Laden
„Musik aus der LadenEcke“ ist eine neue Online-Sendereihe, die auf dem YouTube Kanal #Loveistheanswer auf Sendung geht: Sandie Wollasch und Rolf Ableiter präsentieren bekannte Musiker im Laden von Manuela Seith (Mitte) und solche, die unbedingt bekannt werden müssen. Foto: Stefan Bau

Die Sängerin habe sich auch selbst die Frage gestellt, ob sie immer so viel unterwegs sein muss. In dieser Zeit entstand auch die Online-Sendereihe „Musik aus der Ladenecke“ mit Rolf Ableiter, die einmal im Monat aus dem Laden Zwei gesendet und allein über Spenden finanziert wird.

Wollasch hat gemerkt, dass für sie kein anderer Beruf infrage kommt, als Musik zu machen. Das macht sie seit mehr als 30 Jahren. Mit den zwei Platten habe sie sich zudem ihre schönsten Geschenke zu ihrem 50. Geburtstag gemacht, der im Januar ansteht.

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