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Rabattaktionen sind untersagt

Nach Ansturm in Pforzheim: Wie der Einzelhandel in der Region „Click&Meet“ umsetzt

In Städten mit einer Inzidenz zwischen 50 und 100 brauchen Kunden einen Termin fürs Shoppen, das sogenannte Click&Meet. Die Nachfrage ist höchst unterschiedlich. In Pforzheim, wo alle Geschäfte geöffnet sind, musste die Polizei einschreiten.

Viele Einzelhändler bieten nach einem wochenlangem coronabedingten Lockdown mit „Click&Meet“ ein neues Konzept an, das Einkaufen mit Termin möglich macht.
Viele Einzelhändler bieten nach dem wochenlangen coronabedingten Lockdown mit "Click&Meet" ein Konzept an, das Einkaufen mit Termin möglich macht. Foto: Hendrik Schmidt/picture alliance/dpa-Zentralbild

„Click&Meet. Jetzt Termin buchen.“ Die Internetseite des großen Karlsruher Outdoor-Ladens macht es den Kunden leicht. Wer einen Termin buchen möchte, muss nicht lange suchen.

Ein Klick genügt, schon geht es weiter zum Buchungsformular. Ein paar Zeitfenster sind noch frei. Also schnell den passenden Termin aussuchen, Name und Adresse hinterlassen und Enter drücken. Ein helles „Pling“ kündigt kurz darauf das Eintreffen der Bestätigungsmail im elektronischen Postfach an.

So weit, so gut, so einfach. Unübersichtlich wird es auf der Seite eines großen Textilkaufhauses auf der Kaiserstraße. Die Möglichkeiten zur Buchung eines Online-Termins sucht der Shopping-Willige hier vergeblich. Termine gibt es vor Ort. Eine Ampel regelt den Zugang zum Kaufhaus.

„Click&Meet“-System wird unterschiedlich umgesetzt

„Andere Händler, andere Sitten“ muss der Kunde feststellen und wundert sich doch darüber, wie uneinheitlich das „Click&Meet“-System in unterschiedlichen Städten der Region umgesetzt ist. Wo die Inzidenz zwischen 50 und 100 liegt, dürfen Geschäfte nur nach vorheriger Terminvergabe Kunden aufnehmen.

„Wie die zu erfolgen hat, ist nicht genau geregelt“, sagt Sabine Hagmann, die Geschäftsführerin des Baden-Württembergischen Einzelhandelsverbandes. Doch die Einzelhändler im Land seien in Sachen Terminvergabe sehr kreativ geworden.

Online oder vor Ort oder beides – alles ist drin und viele machen mit. „Gerade Filialisten, die beim vorherigen Abhol-System sehr zurückhaltend waren, haben jetzt einen Tisch auf die Straße gestellt, wo sie die Termine vor Ort vergeben“, sagt sie.

„Hinsichtlich ,Click&Meet’ trifft die Corona-Verordnung des Landes tatsächlich keine genaueren Vorgaben, auf welche Weise die vorherige Terminbuchung zu erfolgen hat“, heißt es aus dem Sozialministerium in Stuttgart.

Auch eine elektronische Erfassung von Kundendaten sei zulässig. Allerdings müssen die Daten in einer für die Gesundheitsämter im Rahmen der Kontaktpersonennachverfolgung verarbeitbaren Art und Weise weitergegeben werden.

Natürlich müssten die Einzelhandelsbetriebe bei „Click&Meet“ auch sicherstellen, dass sich nicht mehr Kunden zeitgleich im Geschäft befinden als nach der „40 Quadratmeter pro Kunde Regel“ zulässig wäre.

Die Öffnung sei nur für die Abwicklung von Einzelterminen erlaubt, nicht jedoch für den Publikumsverkehr. „Das haben Einzelhändler bei der Umsetzung zu berücksichtigen“, erklärt ein Sprecher des Ministeriums.

Händler muss Identität in der Corona-Krise nicht prüfen

Und was, wenn jemand „Donald Duck“ als Name angibt? Ist der Einzelhändler dann dran? Nein. „Offenkundige Falschangaben nützen zur Kontaktnachverfolgung nichts. Daher dürfen die Einzelhändler in solchen Fällen die jeweilige Kundin oder den jeweiligen Kunden nicht bedienen“, heißt es. Die Angaben eines Kunden müssten die Geschäftsinhaber aber auch nicht überprüfen.

Dass Kunden falsche Namen hinterlegen könnten, hält Petra Lorenz für nicht sehr wahrscheinlich. Die Menschen seien doch sehr froh, dass die Geschäfte – wenn auch nur eingeschränkt – wieder geöffnet seien.

Die Stimmung unter den Einzelhändlern jedoch beschreibt die Präsidentin des Handelsverbandes Nordbaden als sehr gemischt. In kleineren Städten wie Schwetzingen und Eberbach, oder im Karlsruher Stadtteil Durlach sei das neue Öffnungssystem sehr gut angenommen worden.

In größeren Städten wie Mannheim oder Karlsruhe hingegen seien die Kunden eher zurückhaltend gewesen. Von einer guten Situation sei man noch weit entfernt, sagt Sabine Hagmann. Andererseits: „Wir kommen ja von Null, und da ist man ja schon mal froh, wenn man 20 Prozent des Umsatzes macht. Das ist besser als nichts.“

Zu viele Kunden strebten in Pforzheimer Innenstadt

In Pforzheim, wo derzeit die Sieben-Tage-Inzidenz stabil unter dem Grenzwert 50 liegt, hat man derweil Probleme mit zu viel Kundschaft. Gemäß Corona-Verordnung haben dort seit Montag auch Bekleidungsgeschäfte regulär, das heißt ohne Anmeldung, geöffnet.

Verbunden mit kräftigen Preisnachlässen hatte das am Montag zu einer rekordverdächtigen Warteschlange vor der Pforzheimer C&A-Filiale geführt. „Weil Abstände nicht immer gewahrt wurden, kam es dabei auch zu Polizeieinsätzen“, so ein Sprecher der Stadtverwaltung.

Inzwischen hat das Ordnungsamt dem Betreiber eine 70-Prozent-Rabattaktion untersagt.

Denn nach den Vorgaben des Landes sind Verkaufsaktionen verboten, „die einen verstärkten Zustrom von Menschenmengen erwarten lassen“, wie es in der aktuellen Fassung der Landesverordnung heißt.

Pforzheimer Einzelhandelsvertreter sehen derlei Frequenzbringer ebenfalls mit gemischten Gefühlen. Eine Initiative aus Ladenbetreibern, Apotheken und Kommunalpolitikern setzt sich für die baldige Umsetzung von Schnelltest-Stationen an belebten Plätzen ein.

Dadurch soll auch das Sicherheitsgefühl für Besucher gesteigert werden, wie Stadtrat Axel Baumbusch (parteilos), einer der Initiatoren, sagt.

In Karlsruhe und Rastatt blieb es ruhig

In Karlsruhe blieben tumultartige Szenen vor der C&A-Filiale auch an Tag zwei der Öffnung aus. Allerdings gilt hier wegen der höheren Inzidenz auch das „Click&Meet“-System. Shopper brauchen also einen Termin. Nur wenige Kunden warteten am Vormittag diszipliniert vor der Tür auf Einlass. Allerdings sind sämtliche Online-Termine online für die nächsten Tage bereits ausgebucht.

Grundsätzlich beteiligten sich am Dienstag schon mehr Karlsruher Geschäfte an der Möglichkeit des „Click&Meet“, mit Peek und Cloppenburg sind inzwischen auch alle großen Einkaufshäuser wieder geöffnet.

Die Zeitfenster für das Shopping können meist ohne größere Wartezeiten auch direkt vor Ort gebucht werden. Doch nicht alle Läden in der Karlsruher Innenstadt haben geöffnet. Einige Geschäfte sind auch weiterhin zu, darunter auch Primark in der Postgalerie

In Rastatt bietet sich ein ähnliches Bild. In der Schlossgalerie war bereits am Vormittag einiges los. Probleme gab es nicht. Die Kunden warteten geduldig vor den Eingangstüren der großen Filialen von C&A, H&M, New Yorker oder Woolworth. Dort darf immer nur eine kleine Gruppe für 15 Minuten in den Laden. Reservierungen sind telefonisch oder vor Ort möglich.

Es ist besser angelaufen, als wir gedacht haben.
Katharina Kisselmann, Parfümerie Stephan

Im Schuhgeschäft Deichmann sind maximal sieben Personen erlaubt. Wer ohne Termin kommt, muss warten, bis wieder ein Platz im Geschäft frei wird. Mit der Wiedereröffnung ist Katharina Kisselmann von der Parfümerie Stephan zufrieden: „Es ist besser angelaufen, als wir gedacht haben“, sagt sie.

Vor allem Stammkunden kämen zu ihr in den Laden in der Rastatter Innenstadt. Die Filiale der Parfümeriekette Douglas hat indes geschlossen, nähere Informationen dazu gibt es nicht.

Laut Statistik sind die Verbraucher skeptisch

Mehr als die Hälfte der Verbraucher in Deutschland sieht das Einkaufen mit Online-Termin laut einer Umfrage derzeit skeptisch. 58 Prozent der Befragten können sich aktuell nicht vorstellen, in Einzelhandelsgeschäften mit vorher ausgemachtem Termin einzukaufen, teilte das Umfrageinstitut Yougov mit. Für rund 36 Prozent der Befragten hingegen käme diese Möglichkeit in Frage.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) kritisierte das System. „Click&Meet“ sei für viele Unternehmen nicht wirtschaftlich. Der Verband fordert stattdessen eine Verdoppelung der Überbrückungshilfen des Bundes und sprach sich für eine bundesweit einheitliche Lösung zur Kontaktnachverfolgung etwa per App aus.

„Eine sichere Nachverfolgung von Kontakten per Smartphone mache das Einkaufen in der Pandemie noch sicherer“, hieß es.

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