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Der alte Karlsruher Flughafen

Alter Flugplatz

„Erkennen Sie Karlsruhe?“: Ami-Eis am Rande der Landebahn

BNN-Lesern fallen zum „Alten Flugplatz“ tolle Geschichten von früher ein, die es so heute nicht mehr geben könnte. Manche sind zum Staunen, andere zum Luft Anhalten.
3 Minuten
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Ami-Eis: Das ist der Begriff dieser Rätselfolge von „Erkennen Sie Karlsruhe?“. Sie führte an den Rand von Neureut, Nordstadt und der Nordweststadt zum ehemaligen Alten Flugplatz, den nach dem Zweiten Weltkrieg das US-Militär betrieb. Am Rande des Geländes feierten die Amerikaner gemeinsam mit den Karlsruher Bürgern regelmäßig ihr „Ami-Fest“ – bei dem es Fahrgeschäfte gab, aber eben auch amerikanische Spezialitäten wie Eis, Burger, Hot Dogs und Spareribs.

Einem Dutzend Rätselfreunden ist wohl beim Schreiben ihrer E-Mails an die Redaktion das Wasser im Mund zusammengelaufen. Sie erinnern sich an das „leckere“, „legendäre“, „unvergleichliche“ Ami-Eis im Pappkarton. Nur Doris Hemmann drückte in ihrem Schreiben auf die Euphoriebremse. Auch sie habe bei ihrem ersten Besuch auf dem Volksfest ein solches Eis bekommen. „Ich fand es fürchterlich, verglichen mit einer Kugel Eis aus einem Café oder einer italienischen Eisdiele.“

Lange Luftfahrtgeschichte

Das heutige Naturschutzgebiet hat eine lange Luftfahrtgeschichte. 1909 als Ankerstelle für Zeppeline eingerichtet, wurde dort 1925 ein regelmäßiger Flugbetrieb aufgenommen. Von hier wurden 39 Städte im In- und Ausland angeflogen. Der zivile Luftverkehr wurde eingestellt, als der Flugplatz im Dritten Reich für militärische Zwecke genutzt wurde.

Viele Karlsruher haben noch sehr lebhafte Erinnerungen an die alte Zeit. Beispielsweise als Anwohner des Areals. Karlheinz Hömisch wohnte in der Nähe in einem Hochhaus, und der Scheinwerfer des Towers strahlte immer wieder in sein Zimmer: „War toll!“. Auch bei Herbert Kickinger leuchtete der rotierende Schweinwerfer nachts durch die Fensterläden.

Jungs spielten „Krieg“

Für Jungs aus der Nachbarschaft war das Flugplatzgelände offensichtlich ein riesiger Abenteuerspielplatz. Jürgen Roth beschreibt, dass er unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg mit anderen Kindern Zugang auch zu den Hangars hatte - „ein Paradies“, schwärmt er. Trotz Not, Hunger und Angst vor den US-Soldaten kletterten die Jungs auf herumstehenden Geschützen oder Flugzeugwracks herum, kurbelten an noch intakten Geschützausrichtungen herum und spielten auf diese Weise „Krieg“, so Roth.

Der alte Karlsruher Flughafen
Es war einmal: US-Streitkräfte nutzten den Flugplatz nach dem Zweiten Weltkrieg für Militärflüge. Die Aufnahme ist aus dem Jahr 1976. Foto: Stadtarchiv Karlsruhe

Als geborener Nordweststädtler nutzte Manfred Alshut den Alten Flugplatz zwischen Mitte der 1960er und 1970er Jahre oft als Spielplatz. Irgendwie sei das Gelände trotz Umzäunung zugänglich gewesen. Die vielen Büsche westlich der Landebahn eigneten sich bestens zum Verstecken beim Räuber- und Gendarmspielen. Wurden die Jungs von der Militärpolizei entdeckt, wurden sie „rausgescheucht - bis zum nächsten Spieltag“. Später, als der Fluglatz kaum noch genutzt wurde, trafen sich die Norweststadt-Jungs sonntagnachmittags zum Kicken auf der „prima ebenen Start- und Landebahn“.

Hubschrauberstaffel im Tiefflug

Große Augen bekamen Heinz Bluck und sein Kumpel Günther, als sie die Flugzeuge und Hubschrauber der US-Armee stehen sahen. Sie wurden von einem Amerikaner auf gebrochenem Deutsch gefragt, ob sie in einen Hubschrauber einsteigen wollten. Heinz und Günther wollten, und der Offizier zeigte ihnen das Innere. Jahre später begegneten sich Heinz Bluck und der US-Amerikaner in einem Club zufällig wieder. Bei ein paar Drinks erzählten sie von früher, eine lange Freundschaft entstand.

Die Naturfläche, auf der einst der Karlsruher Flugplatz war.
Grüne Oase: Wo einst der Tower und die Hallen des alten Flugplatzes standen, lockt jetzt eine geschützte Naturfläche Erholungssuchende an. Nur das Gebäude des Klinikums und der Schornstein im Hintergrund geben einen Hinweis auf den Standort. Foto: Peter Sandbiller

Die Famlie von Bernd Renner kaufte sich 1991 ein Reihenhaus in der Eugen-Richter-Straße. Über ihnen ging es mitunter laut zu, etwa wenn die US-Hubschrauberstaffel im Tiefflug und in Dreierformation unterwegs war. Nach Abzug der Amerikaner sei der Platz dann „illegaler Spielplatz“ für seinen Sohn gewesen, schreibt Renner. Er habe dort mit seinen Pfadfinderkumpels „jeden erdenklichen Blödsinn“ veranstaltet. „Das haben wir allerdings erst viel später von ihm erfahren.“

Kind auf der Landebahn

Offensichtlich kam es zumindest einmal zu einem Zwischenfall mit einem spielenden Kind. Günther Krennrich schreibt, dass ein Flugzeug im Landeanflug durch eine Notbremsung verunglückte, weil ein Kind noch über die Landebahn rannte. Der Pilot sei nur leicht verletzt worden.

Auch offizielle Veranstaltungen haben Rätselfreunde auf dem Gelände erlebt. So berichtet Roland Walz von einem Drachenflugwettbewerb im Jahr „1963 oder 1964“. Der Drachen seines Freundes Rolf flog am höchsten, doch als ein Hubschrauber der US Army aufstieg, um die Höhe der Drachen zu messen, passierte es: Die Schnur von Rolfs Drachen geriet in den Rotor des Hubschraubers und riss. Ergebnis: blutende Hände, ein abgestürzter Drache, kein Preis, dafür viel Enttäuschung bei Rolf. Ernst Geyer erwähnt Auto-Geschicklichkeitsrennen, die Ende der 6oer, Anfang der 70er-Jahre auf dem Vorfeld des Towers stattfanden.

Dass der Flugplatz schon lange Geschichte und das Gelände renaturiert ist, kann Thorsten Kolb noch immer nicht richtig fassen. Auch heute spüre er den Flair vergangener Zeiten. „Manchmal warte ich beim Spaziergang, dass ein Flugzeug einfliegt“, schreibt er in seiner Mail an die BNN-Redaktion. Wie es sich anfühlt, dort zu landen, das hat Roland Helfer schon erlebt, wenn auch unfreiwillig. Er musste mit seinem Segelflugzeug dort landen, weil es keinen Aufwind mehr gab. „Wir wurden aber sehr herzlich dort empfangen.“

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