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„Erkennen Sie Karlsruhe?“

Karlsruhe und sein Alter Flugplatz: Die emotionale Bindung bleibt

Die Teilnehmer von „Erkennen Sie Karlsruhe?“ erzählen weitere Geschichten aus Kindheit und Jugend. Die „PX“, das Kaufhaus der US Army, hat bleibende Eindrücke hinterlassen, aber auch ein Bundespräsident.

Das renaturierte Gelände des Alten Flugplatzes
So sieht es heute aus: Das renaturierte Gelände des Alten Flugplatzes, fotografiert von BNN-Leser Manfred Alshut aus einem Ultraleichtflugzeug. Foto: Manfred Alshut

Auch bei der dritten Auflage unserer Serie „Erkennen Sie Karlsruhe?“ haben zahlreiche Menschen in Karlsruhe ihre Erinnerungen in Texte gefasst und der BNN-Redaktion geschickt. Es waren beim „Alten Flugplatz“ wieder so viele, dass es sich lohnt, ein paar weitere zu veröffentlichen: von einer Kinderschar, die dort einem Bundespräsidenten sehr nahe kam oder vom Grummeln landender Flugzeuge – und grantiger Rottweiler.

Unter den Teilnehmern war Volker Schüle, ein „echter Karlsruher, Baujahr 1939“. Er verbrachte in den 1950er Jahren in den auf dem Bild gezeigten Hangars das dritte Lehrjahr seiner Ausbildung zum Elektriker. Angestellt war er bei der Firma Ammann, die für die US Army arbeitete. Schüles „sagenhafte Bezahlung“ als Stift: 35 Deutsche Mark. Durch seine lange Zeit in den Hangars lernte der Auszubildende viele gleichaltrige Amerikaner kennen, die von ihm Deutsch lernten – und umgekehrt. Ein weiterer Vorteil: Schüle durfte in dem US-Warenhaus PX einkaufen und verkehrte in amerikanischen Clubs, wo er Hamburger kennenlernte. Noch heute pflegt er Bekanntschaften in den USA und Kanada. Ein verbindendes Element für beide Seiten des Atlantiks ist die Liebe zu Modelleisenbahnen, Spur 0 der Marke Lionel. Was ihm vor allem in Erinnerung geblieben ist: „Wir haben gelernt, zu grüßen.“ „Morning“ war das erste Wort in der Früh, nicht „Hallo“.

Zum Tanzen ins „Flughafencasino“

Die Angebote der Amerikaner lockten einige Karlsruherinnen und Karlsruher auf das Gelände. Sigrid Schalanda wurde von ihrem Mann des Öfteren samstagabends in das „Flughafencasino“ zum Tanzen ausgeführt. „Die Gegend war seinerzeit recht interessant, weil sich der NCO-Club und das PX-Kaufhaus dort befanden“, schreibt Hans-Albert Jourdan. Das sei „allemal gut“ gewesen, um einmal an den „Einarmigen Banditen“ zu spielen, aber auch um amerikanische Cocktails zu trinken oder über einen netten GI günstig an amerikanische Zigaretten zu kommen.

1970 erzählte Jutta Gerigs Vater, dass Bundespräsident Gustav Heinemann nach Karlsruhe kommen würde und auf dem Airfield landen sollte. Die damals Zwölfjährige und einige Nachbarkinder wollten die Ankunft miterleben. „So machte sich eine kleine Rasselbande rechtzeitig zu Fuß auf den Weg zum Airfield“, schreibt Gerig. Es seien nicht viele Leute da gewesen, kein großer Empfang und keine Absperrungen. Die Kinderschar jedenfalls wurde nicht aufgehalten und kam dem Bundespräsidenten deshalb sehr nahe. „Wir waren stolz. Dieses Erlebnis wurde die besondere Geschichte für unseren nächsten Schultag.“

Dullenkopfs Kampf

Für viel Wirbel sorgte der Alte Flugplatz im Jahr 1976. Damals, der Flugbetrieb war schon offiziell eingestellt, sollten fünf US-Hubschrauber von Mannheim nach Karlsruhe verlegt werden. Das aber stand, so berichtete das Amtsblatt am 17. September 1976, „in krassem Widerspruch zu den bisher getroffenen Absprachen zwischen amerikanischen und deutschen Behörden, wonach bereits ein Bebauungsplan für dieses Gebiet erarbeitet wurde“. Der damalige Oberbürgermeister Otto Dullenkopf (CDU) intervenierte beim Oberkommandierenden der US-Streitkräfte in Europa. Begründung: Die Beeinträchtigungen durch Lärm seien für das nebenan gelegene Krankenhaus unzumutbar. Dullenkopf war nur halb erfolgreich. Eine Verlegung einer Fliegerstaffel konnte er verhindern, die fünf Hubschrauber wurden aber stationiert.

Der Karlsruher Günter Nagel schickte der Redaktion einen längeren Text. „Ihr Bilderrätsel hat mich erinnert an eine lang vergangene Zeit, an schöne Momente, an Träume der jungen Jahre, an Erlebnisse, wie sie wirklich waren oder vielleicht hätten sein können“, heißt es darin. Seine Geschichte beginnt 1973 auf der Dachterrasse der Urologie des Städtischen Klinikums. Dort absolvierte er seinen Zivildienst, und bei Zigarettenpausen war eben die Terrasse sein Ziel. Oft hörte er dabei ein Grummeln, das lauter wurde: das Grummeln eines landenden Flugzeugs.

„45 Jahre sind vergangen, ich habe mich heimlich nochmals auf die Dachterrasse geschlichen. Ein Tumor zwang mich zur Rückkehr in die Urologie. Filterlose rauche ich nicht mehr, so ist es nur der sichtbare Atem an diesem späten Tag im Februar, der in Richtung Norden sich verflüchtigt, hin zu dem Platz, wo das Grummeln herkam. Damals.“ Wenn er heute noch ein Grummeln vernehme, dann höchstens von einem „stolzen Rottweiler, an der Leine sein Frauchen hinter sich herziehend, vorbei an den drei am Wegrand hockenden Karnickel, die genüsslich über die Unfreiheit des Kumpels Witze machen und dabei sein Geraune vernehmen werden, oder besser gesagt – sein Grummeln“.

Günter Nagel ist gespannt, was die BNN-Redaktion in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Karlsruhe noch alles hervorkramen wird. Siegmund Gerlicher schreibt: „Machen viel Freude, die Fotorätsel in Ihren Ausgaben!“

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