Wem soll ich bei der Oberbürgermeisterwahl in Karlsruhe am 6. Dezember meine Stimme geben? Einen ersten Eindruck von den Bewerbern konnten sich die Karlsruher am Mittwoch beim BNN-Wahlforum machen.
Die vier von Gemeinderatsfraktionen unterstützten Kandidaten Frank Mentrup (SPD, Grüne), Petra Lorenz (Freie Wähler, Für Karlsruhe), Paul Schmidt (AfD) und Sven Weigt (CDU, FDP) stellten sich den Fragen von BNN-Lokalchef Theo Westermann. Meinungen und Fragen der Leser steuerte in kurzen Schalten in den Newsroom BNN-Redakteur Pascal Schütt bei.
In 90 Minuten streifte die Runde die wichtigsten Themen, die die Karlsruher bewegen:
Wie kommt die Stadt durch die Corona-Krise?
„Es bahnt sich eine Krise der Oberzentren an, die sich gewaschen hat“, prophezeite Amtsinhaber Frank Mentrup gleich zu beginn der Diskussionsrunde. Messe, Theater, Klinikum - gerade in den Bereichen, von denen auch das Umland profitiere, würden der Stadt Einnahmen wegbrechen. Mentrup: „Das verlangt unsere volle Aufmerksamkeit, wohl noch über Jahre.“
Es bahnt sich eine Krise der Oberzentren an, die sich gewaschen hat.Frank Mentrup, Amtsinhaber
Herausforderer Sven Weigt beklagte, dass die Stadt bereits vor der Krise nicht vorausschauend gewirtschaftet habe: „Es war vorher schon klar, dass Karlsruhe mehr ausgibt, als es einnimmt.“ Sollte Weigt gewählt werden, will er zunächst einen Kassensturz machen. Weigt: „Es kann nicht so weitergehen, wie in den letzten Jahren.“
Den Vorwurf wies Mentrup zurück: „Wir haben genau das in den letzten vier Jahren bereits getan.“ 300 Millionen Euro habe die Stadt so bereits eingespart beziehungsweise zusätzlich eingenommen. Eine konkrete Entscheidung, wo gespart werden könne, sei zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht möglich. Es sei schlicht noch nicht absehbar, wie es in einzelnen Branchen weitergehe.
Eine Stadt muss nicht um jeden Preis wachsen.Petra Lorenz, OB-Kandidatin
Mentrup sagte aber auch: „Karlsruhe ist in vielen Bereichen, was die Qualitätsansprüche betrifft, besser aufgestellt als andere Städte.“ Hier könne möglicherweise gespart werden.
Spielraum für große Sparmaßnahmen sieht Kandidatin Petra Lorenz nicht. Es gebe viele feste Kosten, etwa die Kombilösung, die man nicht kippen könne. Die Selbstständige plädiert daher dafür, die Einnahmen zu steigern. Ihr Rezept: Mehr Gewerbebetriebe in Karlsruhe ansiedeln. Lorenz: „Wir brauchen dauerhaft eine breitere Basis bei den Einnahmen.“ Lorenz brachte auch die sozialen Folgen der Coronakrise ins Spiel: „Da wird auch noch einiges auf uns zukommen.“
Kann sich Karlsruhe den Klimaschutz leisten?
Sparen bei den Sozialausgaben, aber beim Klimaschutz zusätzliche Stellen schaffen, so wie es Mentrup wolle, passt für Paul Schmidt nicht zusammen. Durch steigende CO2-Abgaben würden die Bürger im kommenden Jahr ohnehin schon stärker belastet. Für eigene Klimaschutzprojekte in der Stadt sei daher kein Raum. Das Geld werde vielmehr benötigt, um den Bürgern und Betrieben durch die Coronakrise zu helfen.
Sven Weigt plädierte dafür, genau zu schauen, wie Klimaschutz wirtschaftlich umgesetzt werden kann. „Ich würde gerne sehen: Wie viel CO2 sparen wir denn tatsächlich ein für jeden eingesetzten Euro.“ Die effektivsten Maßnahmen müssten dann priorisiert werden.
Müssen Grünflächen der Nachverdichtung weichen?
„Ich bin kein Freund der Nachverdichtung“, gestand Petra Lorenz. Stattdessen müssten bestehende Gebäude saniert und gegebenenfalls aufgestockt werden. „Eine Stadt muss nicht um jeden Preis wachsen.“ Ein achtstöckiges Hochhaus neben ein Einfamilienhaus zu bauen, zerstöre letztlich den Charakter eines Stadtteils.
Es war vorher schon klar, dass Karlsruhe mehr ausgibt, als es einnimmt.Sven Weigt, OB-Kandidat
Mentrup entgegnete: „Wir haben etwa 6.000 Menschen auf der Warteliste der Volkswohnung. Wer die Nachverdichtungsmöglichkeiten nicht nutzen will, muss diesen 6.000 Menschen aber auch erklären, wo sie künftig wohnen sollen.“ Weigt sprach sich dafür aus, nicht grundsätzlich auszuschließen, auch neue Baugebiete auszuweisen.
Hat das Auto in der Innenstadt nichts mehr zu suchen?
Mentrup sprach sich dagegen dafür aus, Anreize für den Umstieg vom Auto auf andere Mobilitätsformen zu schaffen. Man solle die Entscheidung für eine Autofahrt nicht zu einfach machen - „die Zeiten in der Innenstadt sind sicher vorbei.“
Dieser Krieg gegen das Auto findet ja statt in den letzten Jahren.Paul Schmidt, OB-Kandidat
Diese Haltung des Stadtoberhauptes verärgerte Paul Schmidt. „Dieser Krieg gegen das Auto findet ja statt in den letzten Jahren“, kritisierte der AfD-Politiker. Es sei den Bürgern einmal versprochen worden, mit der Kombilösung auch den Autoverkehr in Nord-Süd-Richtung zu vereinfachen. Nun aber denke die Stadt darüber nach, die Stadt autofrei zu machen. Schmidt: „Dann hätte es die Kombilösung doch gar nicht gebraucht“.
„Der Handel muss erreichbar bleiben“, sagte Kandidatin Petra Lorenz. Das gehe nur mit einem guten Mix der Verkehrsmittel. Aus ihrer Sicht könne man darüber diskutieren, einzelne Straßen in der City autofrei zu machen. Eine autofreie Innenstadt sieht die Geschäftsfrau aber nicht.
OB-Kandidat Weigt warb für ein ganzheitliches Verkehrskonzept. Fakt ist aus seiner Sicht: „Das partnerschaftliche Miteinander funktioniert nicht so richtig,“ sagte er mit Blick auf Konflikte zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern. Er sprach sich unter anderem dafür aus, die ÖPNV-Tarife zu reformieren. „Wir müssen hier wegkommen von einem relativ starren Wabensystem.“