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Gewerkschaft fordert mehr Personal

Pflegekräfte protestieren in Karlsruhe: „Was wir von Jens Spahn erfahren, ist ein Hinhalten“

Am Tag der Gesundheitsministerkonferenz hat auch die Gewerkschaft Verdi mit dem bundesweiten Protesttag „Versprochen. Gebrochen. Lehren ziehen!“ ein Zeichen des Protestes gesetzt. Auch in Karlsruhe gab es eine Protestaktion. 

Protestaktion Verdi am Städtischen Klinikum mit Puppen aus grünen Luftballons
Enttäuschung und Wut: Die Pflegekräfte am Städtischen Klinikum fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Mit einer von Verdi initiierten Protestaktion machen sie ihrem Ärger Luft. Foto: Jörg Donecker

Vor dem Eingang zum Verwaltungsgebäude Haus A des Städtischen Klinikums hat sich am Mittwoch eine kleine Gruppe von etwa 25 Menschen versammelt. Blickfang sind einige aufgeblasene Puppen in Schutzwesten, die an einer Schnur aufgehängt sind. Auf ihrer Brust klebt der Aufkleber „Pflegefachkraft“.

Anlässlich der am selben Tag stattfindenden Gesundheitsministerkonferenz setzt die Gewerkschaft Verdi mit dem bundesweiten Protesttag „Versprochen. Gebrochen. Lehren ziehen!“ ein Zeichen des Protestes.

Nach der Kundgebung kommt es am Nachmittag in der Innenstadt zu weiteren Aktionen.

Jens Spahn im Fokus der Proteste

„Die Pflegekräfte sind der Meinung, dass aus der allgemeinen Gesundheitssituation und gerade jetzt nach und in einer Pandemie die falschen Lehren gezogen werden“, sagt Gewerkschaftssekretär Michael Janus. Und hauptverantwortlich für diese Symbolpolitik sei Gesundheitsminister Jens Spahn.

Eine über vier Monate laufende Umfrage unter der Bezeichnung Versorgungsbarometer unter rund 12.000 Beschäftigten im Gesundheitssektor habe die Probleme erneut klar benannt: Zeitmangel, Personalknappheit und eine Gesundheitsgefährdung von Personal und Patienten. Lediglich 19 Prozent der Befragten hätten zudem angegeben, dass sie bei einer Fortschreibung der derzeitigen Arbeitsbedingungen bis zur Rente arbeiten könnten.

„Was wir von Jens Spahn erfahren, ist ein Hinhalten, das ist einfach ungenügend“, ruft Janus in sein Mikrofon. Vehement fordert er die Einführung des von Verdi, dem Deutschen Pflegerat und der Deutschen Krankenhausgesellschaft überarbeiteten Pflegepersonalbemessungsinstruments PPR 2.0.

Dieses ermittelt den Personalbedarf eines Krankenhauses für die unmittelbare Patientenversorgung. Als Beispiel: Am Städtischen Klinikum werden die Stationen B25 (Nephrologie, Innere Medizin) und D20 (Stammzelltransplantation) genannt, von denen auch einige Beschäftigte gekommen sind. Ginge es nach dem Schlüssel von PPR 2.0, dann benötigte die B25 zu den bestehenden zwölf drei, die D20 wiederum bei bislang 18 weitere zwei zusätzliche Stellen.

Protestierende zufrieden mit Reaktion des Klinikums

Aus dem Mitarbeiterkreis sagt jemand, der seinen Namen nicht genannt haben möchte, dass es ihn „eigentlich nicht wundert, wenn man so wie ich seit ewig und drei Tagen dabei ist. Wir haben viel Frust bei uns. Ohne Hilfe der Politik schaffen wir das nicht, da kann die Krankenhausführung noch so gut sein, wie sie will“.

Dann spricht Christina Zacharia, sie ist Pflegefachkraft am Städtischen. Eigentlich würde sie „jetzt lieber am Baggersee liegen“, sagt sie. Aber sie kritisiert die geltenden Bestimmungen der Personaluntergrenzen, „die in der Realität absolut ernüchternd sind. Es reicht! Wir wollen endlich mehr als leere Versprechungen und hohle Phrasen“. Man hört es klar: Zacharia ist wütend.

Auch Pflegedirektorin Elvira Schneider sowie Klinikum-Chef Markus Heming sind hinzugekommen. Und sie geben den Mitarbeitern tatsächlich positive Zeichen. Schneider kündigt an, dass das Städtische Klinikum PPR 2.0 freiwillig einführen werde. Aufgrund notwendiger Schulungen in den 70 Stationen, sonstiger Belastungen und des Befindens in der abfallenden Covid-Welle habe man sich allerdings zunächst einmal nur für vier Pilotstationen entschieden.

Mindestens sechs Monate würden diese laufen, ehe man dann über die Ergebnisse diskutieren wolle. Da allerdings bereits bei der Vorstudie ein Mehrbedarf von acht Prozent ermittelt worden sei, geht Heming bei den Pilotstationen von vergleichbaren Zahlen aus. Das Anliegen des Protesttages unterstützt er. Janus ist zufrieden, als er davon hört: „Es hat sich gelohnt, diesen Druck aufzubauen.“

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