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Kundgebung in der Klotze

Querdenker dürfen an Fronleichnam nicht durch Karlsruhe ziehen – Ballweg kommt trotzdem

Michael Ballweg kommt nach Karlsruhe und mit ihm voraussichtlich viele weitere Querdenker. Doch einen geplanten Aufzug durch die Innenstadt hat das Rathaus untersagt. Was stattdessen zu erwarten ist.

Michael Ballweg, Initiator der Initiative „Querdenken“.
Michael Ballweg, Initiator der Querdenken-Initiative, wird an Fronleichnam bei einer Großkundgebung in Karlsruhe erwartet. Foto: Christoph Schmidt/dpa

Das Karlsruher Ordnungsamt hatte in den vergangenen Tagen alle Hände voll zu tun. Für den Feiertag am 3. Juni waren zahlreiche Versammlungen angemeldet worden.

Es galt, Kooperationsgespräche zu führen und Auflagen für Demonstrationen zu verhängen. Nach aktuellem Stand findet an Fronleichnam in Karlsruhe eine Großkundgebung der Querdenken-Initiative statt sowie Gegen- und Informationsveranstaltungen verschiedener anderer Gruppierungen.

Unser Redaktionsmitglied Julia Weller beantwortet die wichtigsten Fragen dazu, was auf Karlsruhe zukommen könnte.

Welche Veranstaltungen sind aktuell geplant?

Die Querdenken-Bewegung will ab 13 Uhr eine große Kundgebung in der Günther-Klotz-Anlage abhalten. Bis 19 Uhr soll die Versammlung laut Flyer insgesamt dauern, angemeldet ist sie bis 18.30 Uhr. Güzey Israel, die regionale Anführerin der Querdenker, hat zu einem friedlichen Sitzprotest aufgerufen: Die Teilnehmer sollen demnach Decken mitbringen und in ausreichendem Abstand zueinander in der Grünanlage sitzen.

Schon bevor die Querdenker in der Klotze loslegen, wollen verschiedene Organisationen in der Innenstadt Infostände aufbauen und sich zu Gegendemonstrationen versammeln. Das Antifaschistische Aktionsbündnis hat zu einer Fahrraddemo um 12 Uhr auf dem Marktplatz und verschiedenen Mahnwachen an anderen Orten aufgerufen. Fridays for Future, die Grüne Jugend, die „Seebrücke“-Bewegung und die Initiative „ZeroCovid“ wollen mit Plakaten und Gesprächen über gesellschaftliche Probleme informieren. Insgesamt gibt es am Marktplatz, Friedrichsplatz, Europaplatz und abseits der Querdenker-Kundgebung in der Klotze jeweils Versammlungsorte mit 50 bis 150 angemeldeten Teilnehmern. Davon unabhängig ist für den Kronenplatz eine Versammlung mit maximal 300 Personen unter dem Motto „Wissen statt Angst“ angemeldet.

Was hatten die Querdenker ursprünglich geplant?

Eigentlich wollten sich die Querdenker um 13 Uhr am Marktplatz versammeln und dann in einem großen Aufzug bis zur Kundgebung in der Günther-Klotz-Anlage durch die Stadt laufen. Das aber hat die Stadt verboten. Laut Mathias Tröndle, Pressesprecher der Stadt Karlsruhe, könne bei einem solchen Aufzug nicht sichergestellt werden, dass die vorgeschriebenen Abstände eingehalten werden. „Der Infektionsschutz, also die Gefahr für Leib und Leben, sticht in diesem Fall die Versammlungsfreiheit“, so Tröndle.

Insbesondere an den Ein- und Ausgängen zur Günther-Klotz-Anlage werde es zu eng für die angemeldeten 1.500 Personen. Ursprünglich hatten die Organisatoren 5.555 Teilnehmer angemeldet, dann auf 4.444 und schließlich auf 1.500 reduziert.

Gegen das Verbot des Aufzuges könnten die Querdenker noch vor Gericht ziehen. Am Dienstag lagen der Stadt keine Informationen über ein solches Verfahren vor. Allerdings schreiben die Organisatoren in ihren Chatgruppen nach wie vor von einem Aufzug, zu dem weitere Infos folgen sollen.

Wer wird bei der Kundgebung der Querdenker sprechen?

Neu ist die Ankündigung, dass Querdenken-Chef Michael Ballweg und der Rechtsanwalt der Bewegung, Ralf Ludwig, vor Ort sein werden. Ballweg hat in einem Video mittlerweile persönlich nach Karlsruhe eingeladen und dazu aufgerufen, sich von seinem Gesundheitszustand zu überzeugen, nachdem in Chatgruppen auf Telegram eine gefälschte Todesanzeige von ihm die Runde gemacht hatte.

Außerdem ist der Rapper Kilez More angekündigt, der sich als „Infokrieger“ bezeichnet und in der Vergangenheit mit verschwörungsideologischen Texten aufgefallen ist. Auf der Gästeliste stehen außerdem der bayerische Polizist Bernd Bayerlein, der wegen seines Auftretens auf Querdenken-Demos vom Dienst suspendiert wurde; und der bekannte Querdenker Wolfgang Greulich. Auch der Autor und Youtuber Gunnar Kaiser wird genannt. Da für die Kundgebung in Karlsruhe bundesweit in zahlreichen Telegram-Gruppen geworben wurde, werden Teilnehmer aus dem ganzen Land erwartet.

Die Linke im Karlsruher Gemeinderat hatte gefordert, die Versammlung komplett zu verbieten. Was ist daraus geworden?

Nichts. „Das haben wir geprüft“, sagt Mathias Tröndle von der Stadt Karlsruhe. „Aber dafür gibt es keine rechtliche Grundlage.“ Anders als bei dem untersagten Aufzug könne man bei einer stationären Kundgebung schließlich nicht von vornherein davon ausgehen, dass Abstände nicht eingehalten werden. „Insofern gibt es keine rechtliche Handhabe, das zu verbieten.“

Welche Auflagen gibt es und wie bereiten sich Polizei und Ordnungskräfte vor?

Teilnehmer aller Veranstaltungen müssen die Corona-Mindestabstände einhalten, außerdem gilt grundsätzlich Maskenpflicht auch bei der Versammlung der Querdenker in der Günther-Klotz-Anlage. Nur, wenn die Teilnehmer sich auf Decken mit mindestens 1,5 Meter Abstand zu den nächsten Personen niedergelassen haben, dürfen sie die Maske abnehmen. Auf der eigenen Decke dürfen dann nur Mitglieder des eigenen Haushalts sitzen.

Sollten diese Auflagen nicht eingehalten werden, wäre laut Pressestelle der Stadt eine Auflösung der Versammlung möglich. Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamtes werden präsent sein. Die Polizei kommt erst am Mittwoch zu ihrer Einsatzbesprechung zusammen, um zu klären, wie viele Beamte vor Ort sein werden und auf welche Situationen sie sich einstellen müssen.

Was sagen die Karlsruher Querdenker zu den Auflagen?

Die Organisatoren der Kundgebung, Güzey Israel und Werner Kraft, betonen gegenüber den BNN ihre friedlichen Absichten. „Wir sind keine Coronaleugner“, schreiben sie. „Sehr viele Wissenschaftler und Ärzte sehen die Situation wie bei einer schweren Influenza. Mehr geben die Zahlen auch nicht her.“ Die Bevölkerung werde mit geschürten Angstkampagnen zum „Corona-Maßnahmen-Gehorsam“ geführt. Israel und Kraft bezeichnen sich nicht als Impfgegner, sprechen sich aber gegen den sozialen Druck aus, sich impfen zu lassen – und gegen die Impfung von Kindern.

Die Organisatoren kritisieren die Auflagen des Ordnungsamtes, insbesondere angesichts der niedrigen Inzidenzen. Ein Gutachten führender Aerosolforscher belege außerdem, dass im Freien so gut wie kein Infektionsgeschehen stattfinde. „Beides ignoriert das Ordnungsamt Karlsruhe komplett und belegt uns mit untragbaren Auflagen. Wir können das nur als reine Schikane bewerten.“

Israel und Kraft wehren sich „gegen die pauschale Verurteilung und Diskriminierung aller andersdenkender Wissenschaftler, Ärzte und Mitmenschen“, insbesondere durch Politik und Medien. Es würden keine maßnahmenkritischen Wissenschaftler zu Wort kommen. „Vielmehr hat man sich darauf verständigt, uns einen Stempel aufzudrücken: Coronaleugner, Schwurbler, Verschwörungstheoretiker, Antisemiten, Nazis, Faschisten, um nur mal die gebräuchlichsten aufzuzählen.“ Den Gipfel dieser „Schmutzkampagne“ gegen die Querdenken-Bewegung stelle die Beobachtung durch den Verfassungsschutz dar.

Hinweis der Redaktion

In einer früheren Version dieses Artikels hatten wir die Information der Stadt Karlsruhe zitiert, dass auch auf der Querdenken-Versammlung in der Günther-Klotz-Anlage zu jeder Zeit Maskenpflicht gelte. Hierbei handelte es sich um eine falsche Angabe. Die Pflicht besteht nicht, wenn die Teilnehmer sich auf Decken mit mindestens 1,5 Meter Abstand zu den nächsten Personen niedergelassen haben. Wir haben das entsprechend korrigiert.

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